Brillante Forscherinnen
Die Lise-Meitner-Gruppenleiterinnen 2021 stehen fest
Freie wissenschaftliche Entfaltung, langfristige berufliche Sicherheit und klare Karriereperspektiven – das sind die zentralen Säulen des Lise-Meitner-Exzellenzprogramms. Die Pilotphase des Programms, das auf vier Jahre festgelegt ist, startete 2018.
In den ersten drei Ausschreibungsrunden ergriffen knapp 700 Kandidatinnen die Chance, sich auf die Gruppenleitungspositionen zu bewerben. Sie durchliefen einen kompetitiven Auswahlprozess, durchgeführt von einer Fachkommission aus nationalen und internationalen Expert*innen verschiedener Fachgebiete. Insgesamt 79 hochqualifizierte Bewerberinnen wurden zu einer persönlichen Vorstellung im Rahmen eines Symposiums eingeladen. Aufgrund ihrer beeindruckenden bisherigen Forschungserfolge sowie ihres nachweislich starken Potenzials erteilte die Max-Planck-Gesellschaft inzwischen 30 Nachwuchsforscherinnen einen Ruf.
Lise-Meitner-Gruppenleiterinnen 2021
Lise-Meitner-Gruppe „Gefährdete Objekte: Zerfall, Verlust und Konservierung in der Kunstgeschichte“
Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom, Italien
Wir wollen, dass Kunstwerke so lange wie möglich erhalten bleiben. Wir schützen sie vor natürlichem Verfall, Kriegen und Vandalismus. Wir untersuchen den ursprünglichen Zustand zum Zeitpunkt ihrer Entstehung, aber wir wissen auch, dass Veränderungen unvermeidlich sind. Francesca Borgo und ihre Gruppe untersuchen, was mit alternden Artefakten im Laufe der Zeit geschieht. Um die Mechanismen von Verfall und Verlust besser zu verstehen, konzentrieren sie sich darauf, wie die physische Instabilität von Objekten die Art und Weise bestimmt, wie sie behandelt werden.
Lise-Meitner-Gruppe „Suche nach leichter neuer Physik“
Max-Planck-Institut für Physik, München
Wir wissen immer noch nicht, woraus die Dunkle Materie des Universums besteht. Vermutlich bilden neuartige Elementarteilchen diese rätselhafte kosmische Substanz. Nachzuweisen ist sie bislang nur indirekt durch Gravitation, die wechselseitige Anziehung von Massen. Auch Babette Döbrich und ihre Gruppe sind an der weltweiten Suche nach einer konkreten Spur Dunkler Materie beteiligt. Sie wirken an Experimenten mit, um neue, leichte Teilchen zu entdecken, aus denen sie sich zusammensetzen könnte.
Lise-Meitner-Gruppe „Spin3D: Dreidimensionale magnetische Systeme“
Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe, Dresden
Magnete sind in unserem Alltag allgegenwärtig: Sie spielen eine Schlüsselrolle bei der Energieerzeugung und der Datenverarbeitung. Doch bleiben die Physik von Magneten und die Suche danach, wie man sie über bekannte Anwendungen hinaus nutzbar machen kann, meist zweidimensional. Claire Donnelly und ihre Gruppe hingegen stoßen mit neuen Techniken in die dritte Dimension vor. Mit ihren 3D-Experimenten wollen sie Grundlagen für umweltfreundlichere und leistungsfähigere magnetische Geräte schaffen.
Lise-Meitner-Gruppe „Aktives Sehen“
Max-Planck-Institut für biologische Intelligenz, in Gründung, Martinsried
Unsere Augen sind ständig in Bewegung. Allerdings nehmen wir das nur selten bewusst wahr, weil das Gehirn während dieser Bewegungen die visuelle Wahrnehmung teilweise unterdrückt. Lisa Fenk und ihr Team wollen verstehen, wie das Gehirn visuelle Merkmale als relevant (oder irrelevant) filtert und dadurch bestimmt, was wir aktiv und bewusst sehen. Als Modellorganismus nutzen sie Fruchtfliegen. Diese können ihre Netzhaut über winzige Muskeln bewegen, und diese Bewegungen sind unseren Augenbewegungen erstaunlich ähnlich.
Lise-Meitner-Gruppe „Sprache und Datenverarbeitung in neuronalen Systemen“
Max-Planck-Institut für Psycholinguistik, Nijmegen, Niederlande
Sind wir Menschen künstlicher Intelligenz noch überlegen? Auf dem Gebiet von Sprache und deren Verarbeitung ist das eindeutig der Fall. Nur der Mensch kann Dinge verstehen und benennen, von denen er vorher nie gehört hat. Das in unserem Gehirn gespeicherte Sprachwissen geht weit über angelernte und durch Erfahrungen gewonnene Kenntnisse und Verteilungsinformationen hinaus. Andrea Martin und ihre Gruppe untersuchen, wie das Gehirn sowohl strukturierte als auch statistische sprachliche Informationen speichern und nutzen kann.
Lise-Meitner-Gruppe „Genomorganisation und -regulation“
Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, Göttingen
Die Fähigkeit von Zellen, die Aktivität ihrer Gene genau zu regulieren, ermöglicht die Entwicklung komplexer Organismen mit Hunderten von spezialisierten Zelltypen, die alle dieselbe DNA-Sequenz teilen. In ihrer Forschung untersucht Marieke Oudelaar die molekularen Mechanismen, durch die die Genaktivität während der Entwicklung reguliert wird. Ihre Gruppe befasst sich insbesondere mit der räumlichen Organisation der DNA in den Zellen und damit, wie die daraus resultierenden 3D-Strukturen mit der Aktivität der darin enthaltenen Gene zusammenhängen.
Lise-Meitner-Gruppe „Sozialverhalten“
Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Jena
Das Zusammenleben in einer Gruppe bringt Vor- und Nachteile mit sich. Einerseits bieten Gruppen Schutz und ermöglichen Arbeitsteilung; andererseits kann es sein, dass sich Infektionskrankheiten infolge des engen Zusammenlebens in einer Gruppe leichter ausbreiten. Yuko Ulrich und ihr Team untersuchen am Beispiel der Ameisen, welche Ursachen und Folgen soziales Verhalten hat und ob es tatsächlich Formen der sozialen Organisation gibt, die die Übertragung von Krankheiten verringern können.
Lise-Meitner-Gruppenleiterinnen 2020
Lise-Meitner-Gruppe „China im globalen Wissenschaftssystem“
Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte, Berlin
China ist zum größten Produzenten wissenschaftlicher Artikel und Aufsteiger in globalen Universitäts-Rankings geworden. Die chinesische Regierung fördert dies gezielt, differenziert stark zwischen Natur- und Sozialwissenschaften und kontrolliert wissenschaftliches Arbeiten politisch. Anna Ahlers erarbeitet mit ihrer Gruppe eine Wissenschaftssoziologie, die in den Blick nimmt, wie das politische Regime und gesellschaftliche Werte die Wissenschaft in China und das globale Wissenschaftssystem beeinflussen.
mehr
Lise-Meitner-Gruppe „Zelluläre Informationsverarbeitung und Lernprozesse“
Center of Advanced European Studies and Research (caesar), Bonn
Zellen verarbeiten Informationen in Echtzeit und reagieren auf die Kombination chemischer Signale, die räumlich und zeitlich ständig variieren. Eine solche Informationsverarbeitung ähnelt dynamisch der sensorischen Informationsverarbeitung neuronaler Mikroschaltungen in der Großhirnrinde. Aneta Koseskas Ziel ist es, eine generische Theorie der Informationsverarbeitung und des Lernens auf der Ebene biochemischer Netzwerke in einzelnen Zellen zu entwickeln.
Lise-Meitner-Gruppe „Technologische Primaten“
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Der Gebrauch von Werkzeugen ebnete den evolutionären Weg für die Entwicklung der Menschheit. Überraschenderweise ist sehr wenig über den genauen Ursprung und die Evolution von Werkzeuggebrauch bekannt. Der Ansatz von Lydia Luncz ist, verschiedene Affenarten als Modell für das Werkzeugverhalten früher Hominine heranzuziehen. Vergleiche zwischen den Arten ermöglichen es, das Wissen über die adaptive Bedeutung des Werkzeuggebrauchs zu erweitern und das Verständnis der kulturellen und Verhaltensentwicklung des Menschen zu verbessern.
Lise-Meitner-Gruppe „Katalyse mit metallorganischen Gerüsten und Nanopartikeln“
Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, Mülheim / Ruhr
Die Forschungsthemen in meiner Gruppe beziehen sich auf Probleme welche, sollten sie gelöst werden, die nachträgliche Herstellung von wichtigen Ressourcen ermöglichen oder erleichtern würden. Zum Beispiel würde die Darstellung eines Katalysators, der die katalytische Transformation von „weniger reaktiven“ Ausgangsverbindungen in der Gegenwart von „reaktiveren“ Verbindungen ermöglicht, oder eines Katalysatorträgers, der eine aktive Rolle in der Kontrolle des Reaktionsverlaufs spielen kann, die Herstellung von Basischemikalien erleichtern.
www.neumannlab.science
Lise-Meitner-Gruppe „Galaxienzentren“
Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg
Nadine Neumayer und ihre Forschungsgruppe untersuchen, welche Rolle schwarze Löcher bei der Entwicklung von Galaxien spielen. An welchem Punkt in der Entwicklung einer Galaxie, und unter welchen Bedingungen entsteht ein massereiches schwarzes Loch? Haben alle Galaxien ein schwarzes Loch im Zentrum? Um diese Fragen zu beantworten, werden systematisch diejenigen Galaxien erforscht, die sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden. Die Ergebnisse geben Einblicke, wie sich Galaxien entwickeln, und wie sich Materie im Universum verteilt.
mehr
Lise-Meitner-Gruppe „Biologie von Malaria-Parasiten“
Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
In vielen saisonalen Malariagebieten sind Moskitos über mehrere Monate abwesend. Die Biologin Silvia Portugal zielt darauf ab, zentrale molekulare Mechanismen zu identifi zieren, die die Virulenz der Parasiten saisonal regulieren, ein mehrmonatiges Fortbestehen der subklinischen Parasiten ermöglichen, und so eine Wiederaufnahme der Übertragung nach der Rückkehr der Mücken möglich macht.
Lise-Meitner-Gruppe „Knotentheorie und niedrigdimensionale Topologie“
Max-Planck-Institut für Mathematik, Bonn
Die Topologie beschäftigt sich mit Räumen beliebiger Dimensionen und deren Eigenschaften. Zum Beispiel ist die Oberfläche einer Kugel eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit, ein Kreis eine eindimensionale. Drei- und vierdimensionale Mannigfaltigkeiten sind abstrakter und schwer zu veranschaulichen. Aber sie lassen sich durch verknotete Schleifen im dreidimensionalen euklidischen Raum genau beschreiben und untersuchen. Diesen Zusammenhang besser zu verstehen, daran forscht Arunima Ray – insbesondere im Hinblick auf topologische und glatte Strukturen.
Lise-Meitner-Gruppe „Systemepigenetik“
Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, Berlin
Bei Säugetieren enthält ein einzelnes Genom alle Informationen, um eine große Zahl unterschiedlicher Zelltypen zu erzeugen. Edda Schulz wird kürzlich entwickelte Methoden verwenden, die auf dem CRISPR-System basieren und es ermöglichen, bestimmte Gene oder genomische Elemente mit hohem Durchsatz präzise zu modifizieren. In Kombination mit einer Reihe theoretischer und Computer gestützter Ansätze lässt sich so die Komplexität der Genomregulation entschlüsseln.
mehr
Lise-Meitner-Gruppe „Der Gravitationslinseneffekt und seine astrophysikalischen Anwendungen“
Max-Planck-Institut für Astrophysik, Garching
Simona Vegetti wird Beobachtungen des starken Gravitationslinseneffekts verwenden, um die Menge und die strukturellen Eigenschaften von Halos aus dunkler Materie zu messen und dadurch klare Eingrenzungen der Natur dunkler Materie bereit zu stellen. Sie wird ebenfalls die physikalischen Eigenschaften von Galaxien bei hoher Rotverschiebung messen, welche durch den Gravitationslinseneffekt abgebildet worden sind, um die Entstehung von Sternen und die Feedback-Prozesse auf Skalen unterhalb von Kiloparsec in kosmologisch interessanten Epochen zu studieren.
Lise-Meitner-Gruppenleiterinnen 2019
Lise-Meitner-Gruppe „Astrophysikalische Spektroskopie und kosmische Nukleogenese“
Max-Planck-Institut für Astronomie, Heidelberg
Die Spektroskopie ist eine Standardtechnik in Physik, Chemie und Technik. Die astrophysikalische Spektroskopie voranzutreiben, ist Maria Bergemann in ihrer bisherigen Forschung gelungen – indem sie neue Modelle der Strahlungsübertragung in stellaren Atmosphären entwickelt hat. Mit einem interdisziplinären Forschungsansatz will die Astrophysikerin nun neue intelligente Methoden zur Mustererkennung aus Sternenspektren generieren, um neue Erkenntnisse über den Ursprung der chemischen Elemente und die Entwicklung unserer Milchstraße zu gewinnen.
Lise-Meitner-Gruppe „Kognition und Plastizität“
Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Leipzig
Lange Zeit galt das Gehirn eines Erwachsenen als unveränderlich. Bis Neurowissenschaftler herausfanden, dass sich Synapsen, Nervenzellen oder sogar ganze Hirnareale während jeder Lebenszeit gezielt verändern lassen. Die Psychologin Gesa Hartwigsen will zentrale Mechanismen dieser Neuroplastizität identifizieren, beispielsweise beim Erlernen neuer kognitiver Fähigkeiten oder bei der Kompensation von Hirnläsionen, etwa nach einem Schlaganfall.
Lise-Meitner-Gruppe „Prinzipien der Stammzellerhaltung und Geweberegeneration, organoide Kulturen und Krankheitsmodellierung“
Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, Dresden
Meritxell Huch forscht an Organoidkulturen. Aufbauend auf ihren bisherigen Erkenntnissen zum Beitrag von Leber- und Bauchspeicheldrüsenzellen bei der Regeneration von adultem Gewebe hat sich die Pharmakologin nun folgendes Ziel gesetzt: die grundlegenden biologischen Mechanismen bei der Geweberegeneration wie auch der Krebsentstehung zu identifizieren.
Lise-Meitner-Gruppe „Umweltneurowissenschaften“
Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin
Welche Auswirkungen hat die physikalische Umwelt auf Gehirn, Verhalten und Gesundheit? Dieser Frage widmet sich Simone Kühn. Dabei gilt ihr besonderes Augenmerk neuronalen Mechanismen – sowohl im urbanen Leben, wie auch in extremen Umwelten, etwa in der Antarktis. Daraus abgeleitet werden sollen Maßnahmen, die menschliches Wohlbefinden nachhaltig steigern.
Lise-Meitner-Gruppe „Simulationen aus Ab-initio-Methoden: Struktur und Dynamik aus der Quantenmechanik“
Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie, Hamburg
Mariana Rossis Ziel ist es, einen neuen Rahmen für die quantenchemische Untersuchung realistischer bio- und anorganischer Systeme zu entwickeln, der mit bisher unerreichter Auflösung und Exaktheit arbeitet. Dafür kombiniert sie Ab-initio-Methoden der Quantenmechanik mit Methoden des Maschinenlernens, wodurch die Berechnungen beschleunigt werden. Rossi will nicht nur die Struktur, sondern auch die nuklearen und elektronischen Reaktionseigenschaften von Materie aus anorganischen und organischen Komponenten vorhersagen.
Lise-Meitner-Gruppe „Panafrikanische Evolution“
Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, Jena
Die Archäologin Eleanor Scerri untersucht mit ihrem Team die menschliche Evolution und Demografie in Afrika und Südwestasien. Dabei kombiniert sie Feldprojekte mit verschiedenen Ansätze aus Archäologie, Genetik, Biogeographie und Klimawissenschaften. Besonderer Fokus liegt auf Westafrika, einer der derzeit am wenigsten verstandenen Regionen des Kontinents im Hinblick auf menschliche Evolution.
Lise-Meitner-Gruppe „Universelle Erfassung ionisierter Materie mit schnellen Radioblitzen“
Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn
Die Forschung der Astronomin Laura Spitler konzentriert sich auf „Schnelle Radioblitze“ – auch bekannt als Fast Radio Bursts (FRBs). Darunter sind einmalige kurze Ausbrüche im Bereich der Radiostrahlung mit einer Dauer von wenigen Millisekunden in (vermutlich) extragalaktischen Entfernungen zu verstehen. Nun will Spitler das Potenzial von FRBs als Sonden für extra-galaktische Plasmen erforschen.
Lise-Meitner-Gruppe „Neuronale Grundlagen vokaler Kommunikation“
Max-Planck-Institut für Ornithologie, Seewiesen
Ob Fahrradfahren, das Nähen einer Naht oder Pfeifen eines reinen Tons – die meisten Bewegungen werden als mühelos wahrgenommen. Dass dem nicht so ist, weiß Daniela Vallentin: Am Beispiel von Singvögeln erforscht die Neurowissenschaftlerin neuronale Schaltkreise, die dem Lernen und der Erzeugung ihres komplexen Stimmverhaltens zugrunde liegen.