Innovative Wissenschaft im Rampenlicht

Vier Max-Planck-Projekte sichern sich die ERC Consolidator Grants 2023

An den Max-Planck-Instituten in Bremen, Heidelberg, Leipzig und Martinsried freut man sich über die, mit jeweils rund zwei Millionen Euro dotierten, renommierten Consolidator Grants. Sie gehen an Forschende, deren Promotionsabschluss wenige Jahre zurückliegt und die einer vielversprechenden wissenschaftlichen Karriere entgegensehen.

Sie untersuchen Riesenviren, nutzen Origami-DNA für die Optimierung von lebenswichtigen Enzymfunktionen, erforschen Mikroben als potente Biokraftstoffquellen, oder rekonstruieren mithilfe von alter DNA aus Sedimenten Nachbarschaftsstrukturen in prähistorischer Zeit. Das sind die vier Grantees mit ihren Projekten: 

Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaftliche Sektion 

UNEARTH – spürt mit DNA aus Sedimenten uralte Sozialstrukturen auf ​
Benjamin Vernot  - Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig 

Der Mensch und andere Lebewesen geben ständig DNA an ihre Umgebung ab. Dieses Erbgut überdauert unter anderem in Sedimentablagerungen, die im Vergleich zu den äußerst raren Funden von fossilen Knochen und Zähnen, in archäologischen Stätten oft reichlich vorhanden sind. Alte DNA aus Sedimenten sind forensische Spuren für die Erforschung der Lebensräume, die Menschen in der Vergangenheit bewohnt haben, ihrer Geschichte und ihrer sozioökonomischen Strukturen. Das Forschungsprojekt UNEARTH von Benjamin Vernot, Leiter der Max-Planck-Forschungsgruppe Prähistorische Umweltgenomik, will mit dieser DNA die Lebensräume, die Menschen in der Vergangenheit bewohnt haben, ihre Geschichte und ihre sozioökonomischen Strukturen innerhalb prähistorischer Gesellschaften rekonstruieren.  Ein internationales Forschungsteam wird damit klären, welche Rolle sie vor mehr als 5.000 Jahren zu Beginn der Bronzezeit für die Organisation von Nachbarschaftsstrukturen gespielt haben.  Lesen Sie mehr.​

Biologisch-medizinische Sektion​

CAPSOLUTION – untersucht die Vielfalt, Wirkungsweise und Evolution von Riesenviren 
Matthias Fischer - Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg​ 

Viren sind als Krankheitserreger verrufen. Weniger bekannt ist ihre ökologische Bedeutung, wie etwa bei der Kontrolle von Bakterienwachstum, dem Erhalt mikrobieller Biodiversität und ihrem positiven Einfluss auf Nährstoffkreisläufe. Auch für die Evolution zellulären Lebens sind Viren wichtig, da sie ihre Wirte zwingen, sich ständig weiter zu entwickeln, um zu überleben. Die Arbeitsgruppe um Matthias Fischer untersucht die Diversität und Infektionsbiologie von Viren, insbesondere sogenannte "Riesenviren". Sie sind eine weitgehend unerforschte Gruppe von Viren, die ungewöhnlich komplexe Genome und Partikel aufweisen. Mit "CAPSOLUTION" wird das Team die Vielfalt, Wirkungsweise und Evolution von Riesenviren erforschen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre durchsuchen die Wissenschaftler*innen Hochgebirgsseen in den Alpen nach Riesenviren und studieren deren spezielle Oberflächenstrukturen im Labor. Die Funktionen und evolutionäre Ursprünge dieser neuartigen Virusstrukturen können im Zuge des geförderten Projekts untersucht werden. ​ Lesen Sie mehr.​

NanoCat – verbessert mittels DNA-Origami die Enzymfunktionen  
Amelie Heuer-Jungemann - Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried 

Alles Leben ist von enzymatischen Reaktionen abhängig. Diese kommen unter anderem zum Einsatz, wenn wir Nahrung zu uns nehmen. Essen wir beispielsweise eine Kartoffel, zerlegen die Enzyme in unserem Speichel die in der Kartoffel enthaltene Stärke, sodass Zucker entsteht. Diesen können wir dann als Energielieferanten weiter verwerten. Die Einführung „fremder“ Enzyme in andere Lebewesen durch Gentechnik führt jedoch häufig dazu, dass die Enzyme ihre Aufgaben nicht oder nicht richtig erledigen können, denn natürlicherweise wird die Effizienz solcher Enzyme durch biologische Verkapselung erhöht. Das Projekt NanoCat, geleitet von der Forschungsgruppenleiterin Amelie Heuer-Jungemann, zielt darauf ab, solche Verkapselungen künstlich zu entwickeln. Dadurch soll die Funktion der Enzymaktivität erhalten bleiben, auch wenn sie in Organismen eingebracht werden, in denen sie normalerweise nicht vorkommen. Zusammen mit Heuer-Jungemanns kürzlich entwickelter Methode, mit der aus DNA gefaltete Strukturen (DNA-Origami) zwar stabil bleiben, aber dennoch für die Interaktion mit anderen Molekülen zugänglich sind, soll mit NanoCat ein bahnbrechendes neues Werkzeug entwickelt werden.  Lesen Sie mehr.

EnLightEn – bringt Licht in den Stoffwechsel von Mikroorganismen in Lebensräumen ohne Sauerstoff ​
​Tristan Wagner - Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen 

Das Projekt EnLightEn von Tristan Wagner, Leiter der Max-Planck-Forschungsgruppe Mikrobielle Metabolismen, zielt auf den sogenannten C1-Stoffwechsel ab. Der C1-Stoffwechsel beschreibt die Fähigkeit, Ein-Kohlenstoff-Moleküle wie Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Methan usw. als Energie- und sogar Kohlenstoffquellen zu nutzen. Wagners Arbeit konzentriert sich auf die Mikroorganismen, die diesen Stoffwechselweg in Lebensräumen ohne Sauerstoff beschreiten, wo sie eine entscheidende Rolle in vielen biogeochemischen Kreisläufen und beim Abbau biologischer Stoffe spielen. Die Gruppe will die molekularen Details dieses Stoffwechsels erforschen, der für viele Prozesse auf unserem Planeten wichtig ist. Mit der Untersuchung von Enzymen aus sehr komplizierten biologischen Proben werden weitere C1-Transformationsenzyme bald besser verstanden.  Lesen Sie mehr.

Aus 2.130 Kandidaten hat der Europäische Forschungsrat (ERC) 308 Forscher für die diesjährigen Consolidator Grants ausgewählt. Die fünfjährige Förderung unterstützt exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Phase ihrer Karriere, in der sie noch dabei sind ihre eigenen unabhängigen Forschungsteams konsolidieren, um ihre vielversprechendsten wissenschaftlichen Ideen zu verfolgen. Die Zuschüsse im Gesamtwert von €627 Millionen sind Teil des EU-Programms Horizon Europe Programms. 

Unter den EU-Ländern erhalten Deutschland (66 Projekte), die Niederlande (36), Frankreich (23) und Spanien (23) die meisten Fördergelder.  

Im europäischen Vergleich belegt die Max-Planck-Gesellschaft zusammen mit vierzehn weiteren Einrichtungen den sechsten Platz. Den ersten Platz belegt die Ludwigs-Maximilian-Universität München sowie der französische CNRS mit jeweils 9 Grants.​

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