Die drei Neuen für Dioscuri in Tschechien

Zwei Physikerinnen und ein Entwicklungsbiologe werden die drei ersten Dioscuri-Zentren in der Tschechischen Republik leiten.
 

25. September 2023

Damit startet das Dioscuri-Programm in einem weiteren mitteleuropäischen Land und trägt dort zum Aufbau international konkurrenzfähiger Forschungsgruppen bei. Bis 2025 sollen insgesamt fünf tschechische Zentren entstehen.

Barbora Špačková, Dioscuri-Zentrum für Einzelmolekül-Optik

Die wichtigsten Prozesse des Lebens spielen sich im Nanometerbereich ab. Eine Milliarde Mal kleiner als der menschliche Körper, steuern hier Moleküle seine komplexen Funktionen. Mit den heutigen Mikroskopie-Werkzeugen ist es jedoch nur begrenzt möglich, in diesen Bereich vorzudringen, so dass eine Vielzahl von Fragen zum grundlegenden Verständnis der molekularen Prozesse, die das Leben durchdringen, unbeantwortet bleibt.

Das Dioscuri-Zentrum für Einzelmolekül-Optik wird sich auf die Entwicklung einer einzigartigen Life-Science-Toolbox konzentrieren, die auf den Prinzipien der Nanooptik und Nanofluidik basiert. Diese Innovation wird es ermöglichen, in ein biologisches Nano-Universum einzutauchen und es auf eine Art und Weise zu untersuchen, die bis heute nicht möglich war – in seinem natürlichen Zustand, in Echtzeit und auf der Ebene einzelner Moleküle. Damit erhofft sich die zukünftige Dioscuri-Zentrumsleiterin Barbora Špačková eine Fülle von neuen Informationen, die derzeit noch fehlen. Sie können neue Strategien für die Frühdiagnose und therapeutische Intervention hervorbringen und die Erfindung neuer Biotechnologien inspirieren, die die Natur nachahmen.

Als Physikerin hat sich Barbora Špačková auf die Wechselwirkung von Licht und Materie im Nanobereich spezialisiert. Ihr Ziel: Die Prinzipien der Nanophysik nutzen, um hochmoderne Instrumente zu entwickeln, die das Verständnis der grundlegenden Komponenten des Lebens verändern können. „Im Laufe der Geschichte wurden wissenschaftliche Durchbrüche immer wieder durch die Entwicklung innovativer Instrumente und Techniken ermöglicht – ich bin entschlossen, zu dieser Tradition im Bereich der Biotechnologie beizutragen,“ so Špačková. Das Dioscuri-Programm bietet ihr „einen großen kreativen Freiraum, der es mir ermöglicht, innovative Wege in der Forschung zu gehen.“ Bereits 2022 kam Špačková nach verschiedenen Forschungsstationen in Schweden (Chalmers University und University of Gothenburg) an das Prager Institut für Physik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften (FZU), an welchem sie ab Sommer 2024 ihr neues Dioscuri-Zentrum leitet. Mit einem interdisziplinären Forschungsumfeld und moderner Infrastruktur bietet die Abteilung für Optische und Biophysikalische Systeme am FZU eine fruchtbare Plattform für die Entstehung neuer Konzepte an der Grenze verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen – und ist damit der optimale Gastgeber für das neue Dioscuri-Zentrum.

Peter Fabian, Dioscuri-Zentrum für Stammzellbiologie und Stoffwechselkrankheiten

Die Forschungsgruppe unter der Leitung von Peter Fabian will die Geheimnisse menschlicher Erbkrankheiten anhand von Tiermodellen entschlüsseln. Das Team ist besonders daran interessiert zu verstehen, wie Stoffwechselwege unser Wachstum, unser Denkvermögen und unser allgemeines soziales Wohlbefinden beeinflussen können. Konkret geht es um die Untersuchung von Störungen im Zusammenhang mit Aminosäuren, wie Phenylketonurie, Tyrosinämie I-III und Alkaptonurie, und die Übertragung der bei diesen im Menschen gefundenen genetischen Mutationen auf Tiermodelle. Auf diese Weise will das Team die Mechanismen und Ursprünge dieser Krankheiten erforschen – mit dem Ziel, neue Behandlungsmöglichkeiten und Medikamente zu entwickeln um die Lebensqualität von Patienten zu verbessern und die Arbeit medizinischen Personals zu erleichtern.

Fabian verwendet für seine Forschung den Zebrafisch, einen Modellorganismus, der etwa 70 Prozent seiner Gene mit dem Menschen teilt. "Seit meiner Promotion arbeite ich an der Entwicklung eines Tiermodells, das die Geheimnisse der menschlichen Biologie lüftet und menschliche Bedingungen möglichst genau nachahmt. Letztlich hoffe ich, dass meine Forschung Patienten mit angeborenen Krankheiten helfen kann", sagt der neuernannte Zentrumsleiter. Nach einem fünfjährigen Postdoc-Aufenthalt in den USA (University of Southern California, USC) beschloss Fabian, mit seiner Familie nach Mitteleuropa zurückzukehren. Er ging an die Masaryk-Universität in Brünn, wo er für den Beginn seiner unabhängigen Forscherkarriere die optimalen Bedingungen vorfand. Neben der Dioscuri-Förderung erhielt Fabian jüngst einen der drei ERC Starting Grants, die in diesem Jahr in die Tschechische Republik gingen. Dank der Förderung durch diese beiden prestigeträchtigen Programme kann Fabian seine Forschungsgruppe in Brünn ab 2024 weiter auszubauen und freut sich darauf "dieses neue Kapitel in meiner Karriere zu beginnen und einen Beitrag zur wissenschaftlichen Gemeinschaft in der Tschechischen Republik und darüber hinaus zu leisten."

Helena Reichlova, Dioscuri-Zentrum für Spin-Kaloritronik und Magnonik

Die dritte Forscherin, die als Zentrumsleiterin ausgewählt wurde, ist die Festkörperphysikerin Helena Reichlová. Ihr Forschungsprogramm zielt darauf ab, neue Forschungsrichtungen zu erschließen und die Spin-Kaloritronik und Magnonik in Altermagneten zu untersuchen. Durch die Konzentration auf diese bahnbrechenden Materialien hofft Reichlova, Ergebnisse zu erzielen, die Auswirkungen auf andere wissenschaftliche und technologische Bereiche wie Spintronik, Feldeffekt-Elektronik, Supraleitung und neuromorphe Informationstechnologie haben. Ihr Dioscuri-Zentrum wird ebenfalls am Institut für Physik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften entstehen, genauer gesagt in der Abteilung für Spintronik und Nanoelektronik, und bereits am 1. Oktober 2023 eröffnen. Mehr zu Helenas Forschung unter: https://www.mpg.de/20437025/helena-reichlova-wird-dioscuri-zentrumsleiterin-in-tschechien

Insgesamt sollen bis zu fünf Dioscuri-Zentren in Tschechien entstehen, eine zweite Ausschreibung folgt im Herbst 2024. Bewerben können sich hierfür Forschende aller Disziplinen aus der ganzen Welt, die Interesse am Aufbau einer für 5 plus 5 Jahre geförderten Forschungsgruppe in Tschechien haben. Die Zentren werden zu gleichen Teilen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem tschechischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport gefördert.

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