Kampf gegen den verborgenen Hunger

Mit Mikronährstoffen angereicherte Lebensmittel können die Ernährung von Menschen verbessern

Forscher des John Innes Centre und des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie empfehlen, dass Biofortifikation in Ernährungsstrategien integriert werden sollte, um das weltweite Problem des verborgenenen Hungers zu bekämpfen.

Die Forschenden untersuchten die durch Mikronährstoffmangel verursachte verborgene Unterernährung und plädieren für weitere Anstrengungen zur Biofortifikation – also die Anreicherung des Nährstoffgehalts von Nahrungsmitteln durch Pflanzenzucht, beispielsweise mit Provitamin D/Vitamin D, Vitamin B12 und Eisen. Weltweit ist die Zahl der Menschen, die im Hinblick auf ihren Kalorienbedarf unterernährt sind, in den letzten Jahrzehnten um fast 50 Prozent gesunken. Grundnahrungsmittel stillen den Hunger vieler Menschen, liefern jedoch, insbesondere nach ihrer Verarbeitung, nicht die für eine angemessene Ernährung erforderlichen Mikronährstoffe.

Man schätzt, dass rund zwei Milliarden Menschen von Mikronährstoffmangel oder „verborgenem Hunger" betroffen sind. Die tatsächliche Zahl könnte sogar noch höher sein. Allein Eisenmangel betrifft schätzungsweise mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung. Jüngste Medienberichte deuten darauf hin, dass dies nicht nur ein Problem in weniger wohlhabenden Ländern ist. So wird von einem Anstieg der Krankenhauseinweisungen im Vereinigten Königreich aufgrund von Nährstoffmangel berichtet, und ein Schulleiter einer Schule im Osten Englands hat die Notlage unterernährter Kinder in seinen Klassenräumen offengelegt. Dabei sind Verbraucher für qualitativ hochwertigere, natürlichere und nahrhaftere Lebensmittel empfänglich, solange Geschmack und Preis nicht beeinträchtigt werden. 

Lebensmittel als Medizin

Die Erstautorin des Artikels, Jie Li vom John Innes Centre, sagt: „Wir möchten hervorheben, dass mit Nährstoffen angereicherte Nahrungsmittel den verborgenen Hunger in der Welt verringern können. Verbrauchereigenschaften wie der Nährwert müssen mit Eigenschaften kombiniert werden, die Landwirten und Lebensmittelherstellern zugutekommen, um sicherzustellen, dass Nährwertverbesserungen in das globale Lebensmittelsystem integriert werden. Eine vorgeschlagene Schlüsselstrategie ist die Nutzung von biofortifizierten Pflanzen in Lebensmitteln, die in der täglichen Ernährung eine wichtige Rolle spielen. Der vorgeschlagene „Lebensmittel als Medizin"-Ansatz würde die enormen Ausgaben im Gesundheitswesen verringern, die für die Behandlung von Krankheiten, die auf Mikronährstoffmangel zurückzuführen sind, aufgewendet werden.

Professor Cathie Martin FRS, Mitverfasserin des Artikels, sagt: „Die Förderung nachhaltig produzierter, mit Mikronährstoffen angereicherter Lebensmittel in der alltäglichen Ernährung wäre ein wichtiger Schritt zur Verringerung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Belastungen, die sich aus den Gesundheitskosten im Zusammenhang mit Mikronährstoffmangel ergeben. "Die Biofortifikation, d. h. die Erhöhung des Mikronährstoffgehalts einer Nahrungspflanze durch selektive Züchtung, genetische Veränderung oder angereicherte Düngemittel, wurde erstmals in den 1990er Jahren als kostengünstige und nachhaltige Möglichkeit vorgeschlagen, den Mineral- und Vitamingehalt von Grundnahrungsmitteln zu erhöhen, um die Unterernährung mit Mikronährstoffen zu bekämpfen. Neue Gentechnologien wie das Gene Editing haben sich als vielversprechende Alternativen für die Biofortifikation von Grundnahrungsmitteln erwiesen.

Die bedeutende Rolle, die die Anreicherung bei der Verbesserung der nationalen und internationalen Gesundheit spielen könnte, wurde von UKRI/BBSRC mit der Investition in ein mit 1,9 Millionen Euro ausgestattetes Biofortifikationszentrum (Biofortification Hub) unter der Leitung des John Innes Centre und des Quadram Institute im Norwich Research Park unterstrichen. Das Biofortification Hub bietet eine Anschubfinanzierung für innovative Projekte, die akademische Forschung mit der Industrie verbinden, um die Nährstoffdichte von Lebensmitteln zu verbessern. „Die Lebensmittelproduktion wurde angehalten, sich auf den Kaloriengehalt und Ertrag zu konzentrieren, was zu Lasten der Nährstoffdichte geht und negative Folgen für die menschliche Gesundheit hat. Biofortifikation ist ein nützliches Instrument, das wir nutzen müssen, um dieses Ungleichgewicht auszugleichen", sagt Jie Li.

 

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