Quantensprünge unter der Nadel

Die Nanoelektronik ist Verheißung und Herausforderung gleichermaßen. Denn in ihren winzigen Dimensionen zeigen Elektronen, die das Betriebsmittel elektronischer Bauteile bilden, manche exotischen Quanteneffekte. Ihr Verhalten in Nanostrukturen erforschen die Wissenschaftler in Klaus Kerns Abteilung am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart mit extrem empfindlichen Methoden.

Text: Roland Wengenmayr

Bernstein hieß im alten Griechenland élektron, und die Menschen der Antike wussten bereits, dass das fossile Harz sich durch Reiben elektrisch auflädt. So lag es im späten 19. Jahrhundert nahe, ein damals neu entdecktes Teilchen mit negativer Elementarladung „Elektron“ zu taufen. Heute wissen wir, dass das Elektron der Kitt unserer Welt ist. Als Quantenkleber verbindet es Atome zu Molekülen und Moleküle zu all der organischen und anorganischen Vielfalt, wie wir sie kennen. Die gesamte Chemie basiert auf den Quanteneigenschaften von Elektronen. Und ohne das Elektron als Träger von Energie und Information stünde unsere Gesellschaft vor dem Blackout.

So verwundert es nicht, dass Elektronen nach wie vor zu den wichtigsten Untersuchungsobjekten der Grundlagenforschung gehören. Das gilt auch für Klaus Kerns Abteilung „Nanowissenschaften“ am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Wie ein roter Faden zieht sich das Verhalten von Elektronen in winzigen Nanostrukturen durch den gesamten Forschungsbereich. Der Fokus der Forschung liegt auf grundlegenden, auch exotische Quanteneigenschaften, die Elektronen in verschiedenen Umgebungen zeigen können.

Mit welchen Spezialitäten Elektronen in Nanostrukturen aufwarten, untersuchen die Wissenschaftler an einzelnen Molekülen ebenso wie an ultradünnen Schichten, etwa aus einer einzigen Lage von Kohlenstoffatomen, die als Graphen zahlreiche neue Anwendungen elektronischer Bauteile ermöglichen könnten (siehe ‚Chips vom Blatt‘). Dem Verhalten der Elektronen in Nanodimensionen kommen die Forscher aber nur auf die Spur, weil sie einzelne Atome und Moleküle anfassen und beobachten können. Dabei gehen sie mit ihren Experimenten bis an die Grenze des technisch Möglichen und verschieben diese auch zu immer neuen Extremen.

Ein einzelnes Atom ist so klein, dass es sich neben einem Hühnerei so ausnähme wie das Ei neben dem kompletten Planeten Erde. Es hat einen Durchmesser von wenigen Zehntel Nanometern, ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter. „Nano“ geht auf das altgriechische Wort für Zwerg zurück, und wer mit solchen Zwergen hantieren will, braucht das feinste Werkzeug, das man überhaupt aus Atomen herstellen kann. In Klaus Kerns Abteilung besteht es vor allem aus ultrafeinen Metallspitzen, an deren Ende im Extremfall nur ein einziges Molekül oder Atom sitzt.

Diese ultimativen Spitzen stecken in sogenannten Rastertunnelmikroskopen, die tatsächlich einzelne Atome sichtbar machen können. Sie ertasten die Atome, während sie mit den Spitzen über eine Oberfläche fahren. Die Information über die atomare Gestalt liefern Elektronen, die das Vakuum zwischen den Atomen auf der Probenoberfläche und den Atomen an der Spitze überwinden: Physiker sprechen davon, dass die negativen Ladungsträger durch die luftleere Zone tunneln, in der sie sich nicht aufhalten dürfen.

Ein harter Kampf gegen eine Umwelt voller Störungen

Wer mit superspitzen Nadeln einzelne Atome erfassen will, führt allerdings einen harten Kampf gegen eine Umwelt voller Störungen. In grober Form kennen viele das Problem, die gerne Vinylplatten auflegen und in Altbauten wohnen. Läuft man über den schwingenden Dielenboden, dann hüpft die Nadel über die Plattenrillen. Genauso, nur unvorstellbar viel empfindlicher, reagiert die Nadel eines Rastertunnelmikroskops auf geringste Erschütterungen. Allein schon der Linienbus, der hundert Meter entfernt vor dem Institut hält, kann so eine Messung unbrauchbar machen.

Deshalb müssen die Stuttgarter ihre Experimente mit enormem Aufwand abschirmen. Was das bedeuten kann, erfährt man bei Christian Ast und Markus Etzkorn. Die beiden promovierten Physiker arbeiten an einem Rastertunnelmikroskop der Superlative. Christian Ast hat das Experiment seit 2003 im Team geplant und aufgebaut. Doch erst Anfang 2011 lief es zuverlässig, davor lag ein wissenschaftlicher Langstreckenlauf voller technischer Hürden. Für die gewaltige Stahlsäule des äußeren Vakuumtopfes musste sogar ein kreisförmiges Loch in die Betondecke des Labors gesägt werden. Zwei Stockwerke füllt das Gerät, dessen Innenleben wie eine Hightech-Zwiebel aufgebaut ist.

Im Innersten der vielen Schalen aus Kühlstufen und Abschirmungen steckt das eigentliche Rastertunnelmikroskop. „Der Scankopf ist gerade mal faustgroß“, erklärt Ast. In die innerste Kammer des weltweit nahezu einmaligen Gerätes gelangen die Proben durch ein aufwendiges Schleusensystem. Dort herrscht seit Januar 2011 eine Kälte, die so extrem ist, dass dagegen selbst sibirische Winter extrem heiß sind. Bis auf wenige Tausendstel Grad robben sich die Forscher an den absoluten Temperaturnullpunkt bei minus 273,15 Grad Celsius heran. Die Wärme fast komplett aus dem Gerät auszusperren ist nötig, denn Wärmeenergie ist nichts anderes als störendes Gewackel von Atomen und Elektronen.

Die Supraleitung überlebt ein starkes Magnetfeld

So liefert das Gerät ultrascharfe Bilder – und mehr: Bei diesen Temperaturen werden viele Metalle supraleitend, verlieren also ihren elektrischen Widerstand. Supraleitung ist ein kollektives Quantenphänomen, das Elektronen durch eine Massenhochzeit hervorbringen. Je zwei Elektronen verheiraten sich zu einem Cooperpaar, und diese Cooperpaare tanzen gemeinsam eine Art Quantenballett durch das Material, ohne sich daran zu reiben. Doch die komplexe Elektronenchoreographie wirft auch über hundert Jahre nach ihrer Entdeckung viele Fragen auf.

Die Stuttgarter fragten sich zum Beispiel: Wie verhält sich Supraleitung, wenn man sie in der Spitze eines Rastertunnelmikroskops einsperrt? Um das zu untersuchen, nutzt Asts Team einen extrem starken Elektromagneten, der ebenfalls in den Zwiebelschalen ihres Geräts steckt. Magnetfelder erzeugen in Supraleitern – wie in einem perfekten Dynamo – kreisende Gegenströme. Diese Wirbelströme versuchen, das Magnetfeld aus dem Supraleiter herauszudrängen. Ist das Magnetfeld allerdings zu kräftig, dann bricht die Supraleitung zusammen. „Einfach gesagt werden diese Kompensationsströme zu stark“, erklärt Ast. Sie zerfetzen sozusagen die Cooperpaare.

Bereits 1970 fragten sich Physiker, was mit der Supraleitung passieren müsste, wenn man sie zu eng für diese zerstörenden Stromwirbel einklemmt. Sie sagten voraus, dass ein starkes Magnetfeld dann den Supraleiter durchdringen müsste, ohne die Cooperpaare aufzutrennen. Experimente bestätigten diese gesteigerte Überlebensfähigkeit tatsächlich für sehr dünne supraleitende Filme. Dank Asts Team weiß man nun, dass dies auch für die supraleitenden Spitzen von Rastertunnelmikroskopen gilt. Diese Erkenntnis ist nicht zuletzt wichtig, um supraleitende Tunnelspitzen in weiteren Experimenten anwenden zu können.

„Wir werden den Einfluss von Störungen noch spürbar verringern“, blickt Christian Ast in die Zukunft, „wenn wir mit unserem Rastertunnelmikroskop in das neue Präzisionslabor umziehen.“ Dort, im erst 2012 eingeweihten, architektonisch faszinierenden Laborgebäude gegenüber, wartet ein optimal abgeschirmter Platz auf das Experiment. Er befindet sich in einem von elf haushohen Kuben, die in einer großen Halle stehen. Als Orientierungshilfe hat jeder Kubus eine andere Farbe, weshalb dieses Arrangement unwillkürlich an bunte Bauklötze eines Riesenkindes erinnert.

Auf Luftfedern schweben die Experimente

In einem auf Luftfedern schwebenden Obergeschoss beherbergt jeder Kubus ein superempfindliches Experiment. Im Untergeschoss ist davon nahezu perfekt entkoppelt die nötige Infrastruktur aus vibrierenden Vakuumpumpen und sonstigen störenden Geräten untergebracht. Neben dem Schutz vor Vibrationen kommt es dabei auch auf eine aufwendige Abschirmung gegen die allgegenwärtige elektromagnetische Strahlung an. All die Störungen sperren die tresorartigen Türen aus, sobald sie sich schließen.

In einem Kubus steht das Rastertunnelmikroskop von Uta Schlickum. „Wir können mit unseren Nadeln ein einzelnes Molekül aufpicken oder zum Beispiel ein Metallatom an eine bestimmte Stelle eines Moleküls setzen“, erklärt die promovierte Physikerin, die eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe leitet. Schlickums Werkzeug ist eine Tunnelspitze, an deren Ende ein einziges Metallatom sitzt. Mit diesem Quantenpunktkontakt untersucht ihr Team, wie Elektronen als winziger Quantenstrom durch ein Molekül fließen.

Für die Experimente liegt ein Molekül auf einer nahezu perfekten Oberfläche aus Kupfer. Kupfer eignet sich als Unterlage besonders gut, weil es sehr gut elektrisch leitet und zugleich chemisch nicht aggressiv ist. Letzteres ist wichtig, weil die Gruppe herausfinden will, wie kleinere chemische Veränderungen am Molekül seine elektrischen Eigenschaften beeinflussen.

„Diese Zusammenhänge sind von Molekül zu Molekül verschieden“, betont die Physikerin. Kürzlich lag Pentacen unter der Tunnelspitze. Dieses Molekül ist ein guter organischer Halbleiter und damit ein heißer Kandidat für eine zukünftige organische Elektronik. Was allerdings im Molekül genau beim Fließen der Elektronen passiert, ist noch unbekannt. Auch wie chemisch an das Molekül geheftete Metallatome oder kleinere Molekülbausteine seine Eigenschaften verändern, ist offen.

In den fünf Sechserringen von Pentacen stecken immerhin 22 Kohlenstoff- und 14 Wasserstoffatome. Entsprechend viele Elektronen verkomplizieren das genaue Verständnis der elektronischen Eigenschaften des Moleküls. Denn das Verhalten der Elektronen hängt von den Quantenzuständen des Moleküls ab, und diese werden umso komplexer, von je mehr Elektronen sie gebildet werden.

Die Formen dieser Zustände erinnern an längst ausgestorbene Trilobiten. Solche Quantenkurven sind nicht nur für die Grundlagenforscher attraktiv, sondern auch für alle, die diese Moleküle künftig in einer organischen Elektronik einsetzen wollen. Organische Elektronik könnte es möglich machen, Kleidung oder Verpackungen mit flexiblen und kostengünstig sowie umweltfreundlich herzustellenden Mikrochips, Leuchtdioden oder Solarzellen zu bestücken.

Eine Solarzelle, die Wasser chemisch zerlegt

Um künftige Solarzellen geht es auch bei Soon Jung, und zwar um eine besondere Art. Die Koreanerin zeichnet zwei Striche und einen Pfeil dazwischen auf: So hoch soll eingefangenes Sonnenlicht die Elektronen auf einer Energie- Quantenleiter hüpfen lassen. „Wir brauchen ungefähr 1,4 Volt“, sagt sie. Denn die Solarzelle, an der die Koreanerin forscht, soll keinen elektrischen Strom produzieren – dafür reichen im Prinzip auch kleinere Spannungen. Stattdessen soll das fotovoltaische Element Wasser chemisch in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegen, und zwar hocheffizient. Ließe sich Wasserstoff auf diese Weise im großen Stil erzeugen, gäbe es für eine nachhaltige Energieversorgung einen chemischen Speicher, der den bislang besten elektrischen Batterien überlegen ist. Brennstoffzellenautos könnten ihn tanken, ein Pipelinenetz könnte ihn verteilen.

Damit das Wasserzersetzen funktioniert, muss jedes von der Sonne in der Solarzelle freigesetzte Elektron eine Energie mitbringen, die diesen Sprung von 1,4 „Elektronenvolt“ ermöglicht. In der Welt der Moleküle ist das schon recht hoch. Außerdem soll die Solarzelle möglichst das komplette Spektrum des Sonnenlichts effizient nutzen. Also untersucht die von Jung geleitete Gruppe vielversprechende Molekülkandidaten in der Hoffnung, dass diese beim Auftreffen der Lichtquanten schön effizient Elektronen in der gewünschten Energie freisetzen. Noch ist das reine Grundlagenforschung, macht die promovierte Chemikerin klar.

In einem anderen Kubus geht Klaus Kuhnke zusammen mit seinem Doktoranden Christoph Große einen umgekehrten Weg: Die beiden Forscher wollen mit Elektronen Licht erzeugen. Dabei geht es um ein höchst spezielles Licht. Schon länger ist bekannt, dass die feine Nadel eines Rastertunnelmikroskops zusammen mit der glatten Metalloberfläche darunter eine Art Hohlraum bildet. Zumindest fühlt es sich für die tunnelnden Elektronen wie ein Hohlraum an.

Per Knopfdruck genau ein einziges Photon

Bei richtiger Anordnung schaukelt sich darin eine elektromagnetische Welle auf. „Sie verhält sich wie eine schwingende Saite über einem Resonanzboden“, beschreibt Gruppenleiter Kuhnke, was geschieht. Das Resultat ist ein schwaches Licht, das aber besondere Eigenschaften hat. Praktisch jede Lichtquelle erzeugt Lichtquanten – Photonen – so zufällig wie radioaktive Atomkerne zerfallen. Physiker möchten aber sozusagen per Knopfdruck genau zu einem gewünschten Zeitpunkt ein einziges Photon erzeugen.

„Man nennt es Photon on Demand“, sagt Kuhnke, und seit wenigen Jahren ermöglichen dies zum Beispiel aufwendige Laserexperimente. Der promovierte Physiker hofft, in Stuttgart eine alternative „Quantenlampe“ entwickeln zu können. Diese Lichtquelle wäre für grundlegende Quantenexperimente interessant. „Man könnte damit aber auch die Sicherheit von Übertragungsleitungen prüfen“, erklärt der Physiker ganz zeitgemäß: „Wenn das garantiert abgeschickte Photon nicht ankommt, ist ein Spion in der Leitung.“

Für die Informationsverarbeitung sind Elektronen aber nicht nur als Lichtquelle, sondern auch als Träger eines Spins interessant. Dieser entspricht bildlich ausgedrückt der Achse, um die sich ein Elektron selbst dreht, und macht den Ladungsträger zu einem winzigen Elementarmagneten. Man kann ihn sich also wie eine kleine Magnetnadel vorstellen. Der Spin ermöglicht es, dass ein einziges Elektron zwei Bit an digitaler Information tragen kann. Ein Bit steckt wie bei der konventionellen Elektronik in seiner elektrischen Ladung, ein weiteres Bit in der Orientierung seines Spins – also der Magnetnadel.

Diese Idee hat das Forschungsgebiet der Spintronik hervorgebracht, das eine schnellere und Energie sparende Elektronik verspricht. Seine Spur führt in Stuttgart zu Marko Burghard. Der promovierte Physikochemiker arbeitet mit seiner Gruppe an zwei Materialien, die derzeit viel Aufmerksamkeit der Forschungsgemeinde auf sich ziehen: Graphen und sogenannte topologische Isolatoren. Beiden ist gemeinsam, dass sie ein superflaches, zweidimensionales Elektronensystem besitzen.

Graphen besteht aus einer einzigen Lage von sechseckigen Kohlenstoffwaben. Bis vor wenigen Jahren war unklar, ob so ein Material überhaupt stabil existieren kann. Graphenflocken sind schließlich in einer Dimension nur ein Atom dünn, in den anderen beiden Dimensionen dagegen richtig zum Anfassen groß. Überraschenderweise erwies sich Graphen als außerordentlich stabil und sogar extrem reißfest.

Funktionalisierung macht Graphen zu einem Magneten

Für Burghard noch interessanter sind allerdings die elektronischen Eigenschaften. Dazu gehört, dass sich die Spins der im Graphen fließenden Elektronen im Prinzip direkt manipulieren lassen. Um allerdings aus Graphen eine funktionierende Spintronik zu machen, muss man daran verschiedene Moleküle chemisch anhängen. Erst diese Funktionalisierung eröffnet den Weg zu verschiedenen Schaltungsbauelementen auf der Graphenlage. Doch die Kohlenstoffschicht durch molekulare Anhängsel zu verändern ist schwierig: „Das Problem dabei ist gerade die hohe chemische Stabilität von Graphen“, sagt Burghard. Doch kürzlich gelang es seiner Gruppe im Rahmen einer internationalen Kooperation erstmals zu demonstrieren, dass man durch eine passende Funktionalisierung aus Graphen sogar einen richtigen Magneten – einen Ferromagneten – machen kann.

Noch mehr als Graphen faszinieren Burghard jedoch topologische Isolatoren. Ihren seltsamen Namen haben diese Verbindungen davon, dass sie in ihrem Inneren, also in der dritten Dimension, keinen elektrischen Strom leiten. Doch auf ihrer zweidimensionalen Oberfläche sind sie sogar gute elektrische Leiter.

Ein einfaches Bild hilft, das merkwürdige Verhalten der Materialien zu verstehen. In Leitern und Halbleitern sorgen die Elektronen in den äußeren Schalen um die Atome für die Leitfähigkeit, weil sie sich lösen und frei durch das Material flottieren können. In topologischen Isolatoren sind sie aber in Orbitalbahnen um ihre Atome gefangen. An der Oberfläche des Materials sind diese Orbitale jedoch angeschnitten. Hier können die Elektronen entkommen und sich frei bewegen. Mit einem Stromfluss in diesem zweidimensionalen „Elektronengas“ sollte auch eine Ausrichtung der Elektronenspins verbunden sein. Daher sind topologische Isolatoren so interessant für zukünftige spintronische Anwendungen.

Der Fund des ersten topologischen Isolators im Labor gelang 2008. Die Stuttgarter entdeckten kürzlich sogar, dass selbst die Natur solche Materialien hervorbringt. Wie sie herausfanden, handelt es sich auch bei dem natürlichen Mineral Kawazulit um einen topologischen Isolator. „Unsere Probe stammt aus einer alten Goldmine in Tschechien“, sagt Burghard. Nicht nur das natürliche Vorkommen hat die Wissenschaftler elektrisiert. Vor allem erwies sich das Kawazulit im Labor als perfekter topologischer Isolator, obwohl es voller natürlicher Verunreinigungen steckt. Das beweist, dass der Effekt außerordentlich stabil ist.

Wer den Forscherinnen und Forschern aus Klaus Kerns Abteilung über die Schulter schaut, lernt die zahlreichen Aspekte kennen, unter denen sie sich den elektronischen Eigenschaften von Nanostrukturen widmen. Klar wird dabei, dass sich die Ladungsträger in diesen winzigen Dimensionen oft ganz anders verhalten als in Materialien mit greifbareren Abmessungen und dass sie einige Überraschungen bieten. Die Stuttgarter wollen mit ihrer Forschung vor allem das Wissen über die oft seltsam anmutenden Quanteneigenschaften der Nanowelt erweitern. Doch wie jede gute Grundlagenforschung hat die Nanoelektronik das Potenzial, unsere Technik auf eine Weise zu revolutionieren, die heute kaum absehbar ist. Spintronik, organische Elektronikbauteile und Solarzellen für eine nachhaltige Energieversorgung sind dabei nur einige von vielen denkbaren Möglichkeiten.

 

Auf den Punkt gebracht

  • Elektronen zeigen in Nanostrukturen andere Eigenschaften als in größeren Dimensionen, dabei treten auch exotische Quanteneffekte auf.
  • Um die elektronischen Eigenschaften einzelner Atome und Moleküle untersuchen zu können, setzen die Forscher des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung Rastertunnelmikroskope ein, die sie aufwendig gegen jede Störung wie Erschütterungen oder Wärme abschirmen und die zu den besten der Welt gehören.

  • Die Quanteneffekte, die in Nanodimensionen auftreten, erlauben die Entwicklung etwa der Spintronik oder von Lichtquellen für einzelne Photonen. Sie ermöglichen so neue Ansätze in der Informationsverarbeitung.

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