Thematisch breiter, größer und sichtbarer
Ein Gespräch mit Vizepräsident Ferdi Schüth zu den Max Planck Schools
Rund 4500 Doktoranden forschen jährlich in der Max-Planck-Gesellschaft. Sie widmen sich klassischen Einzelpromotionen oder sind bei einer der über 60 International Max Planck Research Schools (IMPRS) mit ihrem strukturgebenden Rahmen eingeschrieben. Mit den Max Planck Schools als größere Einheiten wird das Förderkonzept erweitert. Vizepräsident Ferdi Schüth treibt die Planung voran.
Herr Schüth, wie unterscheiden sich die neuen Graduiertenschulen vom Modell der IMPRS?
Der ganz wesentliche Unterschied ist, dass es sich um ortsverteilte, nationale Verbünde handelt, in denen wir die Besten in Deutschland zusammenbringen wollen. Die kooperierenden Verbünde aus beliebigen Max-Planck-Instituten, Universitäten und anderen außeruniversitären Einrichtungen sollen größer und sichtbarer sein. Außerdem ist ein zentrales Bewerberportal vorgesehen. Das einzige Kriterium, das zählt, ist wissenschaftliche Exzellenz.
Wer organisiert wo die School?
Das hängt von der jeweiligen School ab. Wir wollen experimentieren und haben darum eine Explorationsphase vorgeschaltet. Da gibt es zunächst Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die eine solche School tragen – die sind aber bundesweit verteilt. Eine School wird darum ein Koordinationsbüro brauchen. Ein zentral gelegenes MPI könnte dieses beherbergen, es könnte aber auch woanders liegen, weil es sich um ein offenes System handelt. Das drückt sich auch im Namen aus: „Max Planck Schools – a joint initiative between German universities and the German research organizations“.
Wo befinden sich die Studierenden?
Ich stelle mir vor, dass Studierende je nach School als Erstes Blockunterrichtsphasen durchlaufen könnten. In vielen Naturwissenschaften fällt die Entscheidung für eine Promotion bereits nach dem Bachelor. Um den jungen Menschen ein Gruppengefühl zu vermitteln und angesichts der unterschiedlichen Vorbildung eine gemeinsame Basis zu legen, wäre ein dreimonatiger Aufenthalt an einem zentralen Ort sinnvoll. Das kann das Harnack-Haus, das kann ein Uni-Standort sein, an dem mehrere Wissenschaftler wirken, die in der School aktiv sind. Das könnte auch das Gebäude des Max-Planck-Instituts für Physik in München sein, aus dem die Kollegen in ein paar Jahren ausziehen. Letztlich müssen nur genügend Lehr- und Unterbringungsmöglichkeiten vorhanden sein.
Und was kommt danach?
Die Promovenden könnten zwei, drei Stationen in beteiligten Forschungsgruppen durchlaufen und deren Arbeit genauer kennenlernen. Das wäre das Äquivalent zu den Forschungspraktika eines Masterstudiums. Danach käme vielleicht noch mal eine Blockphase, bevor die künftigen Doktoranden sich je nach Erfahrung mit den unterschiedlichen Betreuern für einen Ort der Promotion entscheiden. Das ist wohlgemerkt nur ein mögliches Modell, die Rechtswissenschaftler würden das vielleicht ganz anders aufsetzen. Man wird sich auf die Fächerkulturen und auf die Erwartungshaltung der potenziellen Studierenden einstellen müssen.
Warum sollte ich mich als Doktorandin für eine der neuen Schools entscheiden?
Letztlich ist das davon abhängig, wie weit das Interesse an einem Forschungsgebiet geht und wie sehr ich bereit bin, in auswärtigen Blockphasen mit Menschen von anderen Standorten in Kontakt zu kommen. IMPRS sind viel spezialisierter, als es die neuen Schools sein sollen. Und machen wir uns nichts vor: Die Schools werden strenger selektieren als IMPRS. Auch die wahrgenommene Qualität von Harvard, Imperial, Berkeley oder Oxford macht sich natürlich nicht zuletzt an der Härte des Auswahlverfahrens fest.
Wie teilen sich die Partner die Kosten?
In der Max-Planck-Gesellschaft haben wir für die Pilotphase Mittel budgetiert, die helfen, Koordinatoren zu finanzieren, Reisekosten und Fernlerneinrichtungen, vielleicht auch die ein oder andere dedizierte Lehrkraft und Bachelorstipendien. Außerdem glauben wir, dass School-Initiativen auf IMPRS aufsetzen und man deren lokale Mittel nutzen kann. In den Etats der MPI sind ohnehin Gelder für Doktoranden eingestellt. Für die Fellows an Universitäten ist beim Bundesministerium für Bildung und Forschung Geld beantragt. Jeder Fellow und dessen Fakultät sollen Mittel erhalten, um Kooperationen auf Augenhöhe zu ermöglichen. Die anderen außeruniversitären Einrichtungen müssen das wie die Max-Planck-Gesellschaft aus ihren Budgets bestreiten.
Gibt es Rückmeldungen von IMPRS, die um ihre Attraktivität fürchten?
Den IMPRS war in der Anfangsphase nicht klar, ob sie jetzt austrocknen oder es keine neuen mehr geben wird. Das ist keineswegs der Plan. Für IMPRS gibt es quasi drei Optionen. Erstens: Sie hören auf zu existieren, weil sie in einer School aufgehen, und bilden die Basis einer neuen örtlichen Struktur, die weiterhin für Doktoranden vorgehalten werden muss. Zweitens: Sie bleiben unter ihrem Namen bestehen, gehören aber zu einer School, sodass diese die Summe aller IMPRS ist, mit gemeinsamem Bewerbungsportal und gemeinsamem Lehrprogramm. Und drittens: IMPRS und Schools koexistieren, was typischerweise dann der Fall sein wird, wenn der thematische Überlapp nur geringfügig ist.
Was halten Sie von der Idee eines Unipräsidenten, der Albert Einstein als „neutralen“ Namensgeber für die Schools ins Spiel brachte?
Wir können nicht zehn Jahre damit zubringen, etwas Neues zu etablieren. Jeder gibt – wenngleich zähneknirschend – zu, dass der international bekannteste Name des deutschen Wissenschaftssystems, der für hohe Qualität in der Grundlagenforschung steht, Max Planck ist. Es wäre fahrlässig, einen solchen Markennamen nicht zu nutzen.
Und der Zeitplan?
Das Selection Meeting hat bereits stattgefunden und die Entscheidung ist gefallen. Anfang September wird bekannt, welche drei Max-Planck-Schools in der Pilotphase von fünf Jahren gefördert werden. Das Ganze wächst bottom-up aus der Wissenschaft heraus, es wird nicht als Programm verordnet. Deshalb bin ich guter Dinge, dass die Schools ihre Dynamik entfalten.
Das Gespräch führte Susanne Beer