Ein Blick zurück nach vorn

Die Max-Planck-Gesellschaft hat ihre Gründung vor 75 Jahren mit einem Festakt im Deutschen Museum in München gefeiert

Am 26. Februar 2023 hat die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) mehr als 200 Gäste zu einem Festakt im Deutschen Museum begrüßt, um ihre Gründung vor 75 Jahren zu feiern – unter ihnen Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger, Wissenschaftsminister Falko Mohrs aus Niedersachsen, dem Bundesland im dem die MPG zunächst ihre Heimat fand, sowie der US-amerikanische Generalkonsul Timothy Liston. Die Eröffnungsrede hielt Joachim Gauck, Bundespräsident a.D. und Senator der Max-Planck-Gesellschaft. Der Sozialhistoriker Jürgen Kocka, Träger des internationalen Holberg-Gedächtnispreises und Mitglied im Kollegium der Forschungsgruppe zur Geschichte der MPG, erläuterte in seinem Festvortrag wie sehr die Max-Planck-Gesellschaft integrierter Teil der deutschen und europäischen Zeitgeschichte gewesen ist. Im Anschluss wurde die Ausstellung „Pioniere des Wissens – die Nobelpreisträger*innen der Max-Planck-Gesellschaft“ eröffnet.

Eingeleitet wurde der Festakt musikalisch von Double Drums – Alexander Göggler und Philipp Jungk, die mit ihrem virtuosen Spiel auf dem Marimbaphon gleich einen erfrischenden Grundton legten. Daran knüpften auch die drei Redner an: Max-Planck-Präsident Martin Stratmann formulierte seinen Wunsch für das „Geburtstagskind“, den – so Stratmann – er auch einem jungen Menschen mit auf den Weg geben würde: „… ein langes Leben, Mut, etwas aus den eigenen Gaben zu machen, die Fähigkeit, immer wieder spannende Wege jenseits ausgetretener Pfade zu suchen und zu finden und damit einhergehend ein gesundes Maß an Unangepasstheit, die Sehnsucht nach intellektueller Erfüllung und: eine fast unersättliche Neugier.“

Neugier getriebene Grundlagenforschung, das ist seit jeher das Leitmotiv der MPG. Dass es dazu kam, so Jürgen Kocka später in seinem Festvortrag, lag auch an den Vorgaben der Alliierten für die KWG-Nachfolge-Organisation, der jegliche militärisch nutzbare Forschung ebenso verboten war wie industrienahe Forschung. „Grundlagenforschung als Markenzeichen. Die von der Besatzungsherrschaft ausgehenden Zwänge führten also zu Weichenstellungen, die die Autonomie der MPG und ihre relative Distanz zu Wirtschaft und Politik langfristig stärkten.“ Bis heute - kann man da nur ergänzen.

Meilensteine der Geschichte

In den 75 Jahren ihrer Geschichte kann die Max-Planck-Gesellschaft nicht nur an die wissenschaftlichen Erfolge ihrer Vorläuferorganisation, der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, anknüpfen. Diese Jahre sind auch ein spannendes Spiegelbild der deutschen Geschichte.

Dem Wandel muss das Verstehen vorausgehen“

Bundespräsident a.D. Joachim Gauck betonte gleich zu Beginn seiner Rede, dass er sehr gerne nach München gekommen sei, „nicht nur, weil es etwas zu ehren und zu feiern gibt, sondern weil ich hier, umgeben von Forschenden, ganz vieles wiederfinde von dem, was auch mich antreibt und bewegt: Die Neugier und die Lust am Wissen-Wollen. Die Skepsis gegenüber angeblich letzten Wahrheiten. Vor allem: die Überzeugung, dass wir nur in Freiheit unsere Potentiale voll entfalten können. Und dazu noch das Bewusstsein der Verantwortung, die aus diesem Wissen folgt.“

Deutschland sei ein rohstoffarmes Land, aber reich an Forschung, Ideen und Erfindergeist. Doch bevor etwas erfunden werden kann, brauche es Wissen, Daten und Fakten, die die Max-Planck-Gesellschaft mit ihrer Grundlagenforschung liefere. „Ich übertreibe ganz sicher nicht, wenn ich hiermit feststelle, dass die wissenschaftliche Erkenntnis der wichtigste Rohstoff unseres Landes und die Max-Planck-Gesellschaft bei der Gewinnung dieses Rohstoffs von zentraler Bedeutung ist“, so Gauck.

Der Bundespräsident a.D. hatte aber auch ein Anliegen für die Zukunft mitgebracht: Selten in der Geschichte der Menschheit sei man so sehr auf die Unterstützung durch die Forschung angewiesen wie heute. In Anlehnung an das Zitat von  Max Planck, dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen, müsse man daher heute sagen: „Dem Wandel muss das Verstehen vorausgehen“. Die aktuellen Krisen – Pandemie, der russische Angriff auf die Ukraine und der Klimawandel als die wohl größte Herausforderung – hätten auch außerhalb der Forschungsgemeinschaft deutlich gemacht, wie wichtig die Wissenschaft in zweifacher Hinsicht sei: Erstens beim Verstehen und zweitens bei der Bewältigung der Krisen.

Seinen abschließenden Glückwunsch leitete Joachim Gauck mit folgenden Worten ein: „In jeder Forschung steckt eine ganze Welt. Und jede neue Frage eröffnet ihrerseits neue Welten. Und genau das wird nicht enden, solange es forschende Menschen gibt. Herzlichen Glückwunsch zu 75 Jahren Staunen, Forschen und Erkennen!“

Die Max-Planck-Gesellschaft im Spiegel der Zeitgeschichte

Anschließend sprach der renommierte Historiker Jürgen Kocka über „Harnacks späte Erben. Die Metamorphosen der Max-Planck-Gesellschaft seit 1948“. Er ging auf die wechselvolle Geschichte der MPG ein, die sich jedoch nicht ohne ihre Vorläuferorganisation, die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), betrachten lässt. Insbesondere erörterte er, dass die Geschichte der MPG ein integrierter Teil der deutschen und europäischen Zeitgeschichte gewesen sei. Zunächst zeigte er am Beispiel von drei Weichenstellungen – 1948, 1972 und 1990 – wie sehr die Entwicklung der MPG durch allgemeine zeitgeschichtliche Faktoren geprägt worden ist. Dann ging er darauf ein, wie umgekehrt die MPG auf die allgemeine Zeitgeschichte eingewirkt hat.

BK

Hinweis: Der Vorbericht vom 20. Februar 2023 wurde aktualisiert.

 

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