Die Bibliothek – ein Labor
„Ich möchte den Standard einer weltweit führenden Spezialbibliothek auf Dauer sichern und den Service in enger Rückkopplung zu den Wissenschaftlern permanent verbessern,“ sagt Peter Weber. Der Bibliotheksleiter an den Max-Planck-Instituten für Innovation und Wettbewerb sowie Steuerrecht und Öffentliche Finanzen spricht über den Wandel der Bibliotheken, Open Access und fortschreitende Digitalisierung.
Was zeichnet die Bibliothek an Ihrem Institut aus?
Weber: Wir haben zu beinahe allen Ländern Literatur mit Bezug zu unseren Forschungsgebieten. Die Sammlung beginnt bei Ägypten, endet mit Zimbabwe und variiert zwischen wenigen Titeln bis hin zu mehreren Tausend Bänden.
Insgesamt befinden sich in unserem Bestand derzeit 288.000 Bände, davon sind etwa 11.000 E-Books, die in unserem Katalog nachgewiesen sind. Hinzu kommen mehrere Tausend elektronische Zeitschriften sowie weitere E-Books, auf die wir beispielsweise über Nationallizenzen Zugriff haben. Keine Publikation unserer Fachbereiche soll man vermissen! Schließlich ist die Bibliothek für unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie ein Labor. Da sie im weltweiten Vergleich hervorragend ausgestattet ist, wirkt sie als Magnet auf Forschende aus allen Regionen der Erde.
Sie haben Jura studiert. Wie kamen Sie zu der Arbeit in einer Bibliothek – das ist ja nicht unbedingt das klassische Berufsfeld für einen Juristen – und worin bestehen Ihre Aufgaben?
Weber: Schon während meines Jurastudiums habe ich Informationskompetenz unter anderem in Datenbankschulungen an Studierende vermittelt. Durch Zufall bin ich dann nach dem 2. Staatsexamen als wissenschaftlicher Assistent in der Teilbibliothek Recht der Universität Würzburg gelandet, wo ich die abwechslungsreiche und interessante Arbeit schätzen lernte.
Im August 2002 trat ich dann die Stelle als Bibliotheksleiter hier am Institut an. Unter anderem fungiere ich als „Informations-Scout“: Ich durchforste alle verfügbaren Informationsquellen nach neuen, für unsere Wissenschaftler relevanten Publikationen. Gerade die Vielfalt der Aufgaben, der Anspruch der Wissenschaftler an unsere Bibliothek und die Gestaltungsmöglichkeiten mit Blick auf eine optimale Informationsversorgung machen die Tätigkeit hier so spannend.
Wie gelingt Ihnen die inhaltliche Erschließung der Literatur – gerade im Hinblick auf die sprachliche Vielfalt? Wer unterstützt Sie bei Ihrer Arbeit?
Weber: Mittlerweile werden fast alle Neuerwerbungen durch mich erschlossen. Hierbei helfen neben der jahrelangen Erfahrung, einer gewissen Affinität für Sprachen auch Übersetzungstools, die bei der Übersetzung von Titeln, Inhaltsverzeichnissen und Zusammenfassungen erstaunlich gut funktionieren. Bei einem jährlichen Zugang von etwa 8000 Bänden sind wir als 12 Personen umfassendes Bibliotheksteam sehr gut ausgelastet. Die erschlossenen Publikationen können weltweit recherchiert, aber nur intern entliehen werden, denn neben unseren Wissenschaftlern sind die jährlich etwa 600 neu angemeldeten Forschenden darauf angewiesen, dass die Titel jederzeit verfügbar sind.
Wie bringen Sie die vielen Benutzer unter? Wird das digitale Zeitalter irgendwann die Arbeit mit dem Buch überflüssig machen?
Weber: Bei 38 Arbeitsplätzen an zwei Standorten lassen wir bis zu 60 externe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zur Benutzung zu, sodass die Plätze zirka 6500-mal im Jahr genutzt werden. Trotzdem müssen Aufenthalte teilweise nach unserer Kapazität geplant werden.
Was das digitale Zeitalter anbelangt – nun die Digitalisierung von Inhalten wird weiter zunehmen, aber das Online-Angebot wird das gedruckte Buch gerade im Bereich der Rechtswissenschaft und die Arbeit hier vor Ort auf absehbare Zeit nicht ersetzen.
Bei der immer größer werdenden Informationsflut sieht unser Berufsstand einer goldenen Zukunft entgegen, denn die klassischen Aufgaben einer Bibliothek - das Sammeln, Aufbewahren und Erschließen von Informationen - stehen vor ganz neuen Herausforderungen. Als Bibliothekar müssen Sie Neuerungen gegenüber stets aufgeschlossen sein, wenn Sie nicht lediglich Verwalter von bedrucktem Papier, sondern kompetenter Informationsspezialist im Dienst der Wissenschaft sein wollen. Darüber hinaus vermitteln wir auch Informationskompetenz, damit Wissenschaftler in die Lage versetzt werden, Informationen qualitativ einschätzen zu können.
Welche Rolle spielt für Sie Open Access?
Es wird zunehmend anspruchsvoll, die Vielzahl von Informationsangeboten im Blick zu haben, da nicht nur Verlage eigene elektronische Plattformen entwickeln, sondern Publikationen mittlerweile häufig auch auf dem Open Access-Weg publiziert werden und es bei unserem Anspruch der möglichst umfassenden Sammlung wichtig ist, den Forschenden auch diese Angebote zur Verfügung zu stellen.
In den letzten Jahren sind außerdem ganz neue Aufgabenbereiche für die Bibliothek hinzugekommen. So können wir unter anderem Unterstützung anbieten, wenn Wissenschaftler ihre Publikationen auf dem Open Access-Weg zur Verfügung stellen möchten. Darüber hinaus übernehmen wir die organisatorische Betreuung unseres Open Access-Journals „Max Planck Institute for Innovation and Competition Research Paper Series“, welches auf der Plattform von SSRN gehostet wird. Dazu kommt die Eingabe der Publikationsdaten im institutionellen Repositorium der Max-Planck-Gesellschaft.
Um für die technischen, inhaltlichen und nicht zuletzt auch finanziellen Herausforderungen auch künftig gut aufgestellt zu sein, arbeiten wir Bibliothekare mit anderen Institutsbibliotheken der Max-Planck-Gesellschaft sowie mit der Max Planck Digital Library eng zusammen.
Herzlichen Dank, Herr Weber, für das freundliche Gespräch!
Das Interview führte Barbara Abrell
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