Tango tanzen in Down Under

Alban Mariette vom Potsdamer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie verbringt im Rahmen des Melbourne-Potsdam PhD Programmes zwei Jahre in Australien. Er erzählt, wie er die Zeit des Lockdowns erlebt hat, berichtet von seiner Work-Life-Balance als Doktorand und schwärmt von der großartigen australischen Landschaft.

Pflanzen haben weder Muskeln noch Knochen und nehmen doch komplexe Formen an. Sie bilden Stämme, Stängel, Zapfen, Baumstämme, aber auch Blüten und Blätter. Die Festigkeit und Struktur dieser Gewebe wird durch die Zellwand gewährleistet, die jede Pflanzenzelle umgibt und hauptsächlich aus komplexen Polysacchariden besteht. In meiner Doktorarbeit untersuche ich, welche Rolle bestimmte Proteine – die sogenannten Nukleotid-Zucker-Transporter – bei der Zellwandsynthese spielen. Mithilfe fluoreszierender Biomarker kann ich die Proteine sichtbar machen, um sie im Mikroskop zu untersuchen. Mein Studienobjekt ist die Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana, eine unscheinbare kleine Pflanze mit winzigen weißen Blüten und gleichzeitig einer der beliebtesten Modellorganismen in der Pflanzenforschung. Um herauszufinden, welche Funktion die Transporterproteine haben, untersuche ich Arabidopsis-Pflanzen, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie den betreffenden Transporter nicht mehr bilden können.

Als Doktorand arbeite ich am Potsdamer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie sowie an der University of Melbourne. Im Jahr 2016 haben beide, gemeinsam mit der Universität Potsdam, das Melbourne-Potsdam PhD Programme ins Leben gerufen. Das ergab für mich die Gelegenheit, auf zwei Kontinenten zu forschen. Ursprünglich war geplant, dass ich ein Jahr in Australien bleibe. Wegen der Pandemie hat sich jedoch alles verzögert, und aus einem Jahr wurden zwei.

Melbourne ist eine der wenigen australischen Städte, die von März bis Juni 2020 streng abgeriegelt waren. Man durfte sich nur eine Stunde pro Tag draußen aufhalten, und das nur in einem Umkreis von fünf Kilometern. Meine Experimente und die meiner Kollegen lagen während dieser Zeit völlig brach. Nur wenigen von uns war es erlaubt, alle drei Tage für zwei Stunden das Institut zu betreten, um die Pflanzen zu gießen. Im Juni wurden die Regeln schrittweise gelockert. Nun durften wir Doktoranden abwechselnd 20 Stunden pro Woche im Labor arbeiten. In einer normalen Arbeitswoche schaffe ich aber locker 50 Stunden. Zum Glück war es möglich, meinen Arbeitsvertrag am Potsdamer Max-Planck-Institut um ein Jahr zu verlängern. Nun plane ich, die Promotion dort im nächsten Sommer abzuschließen. Melbourne ist eine grüne Stadt und ausgesprochen multikulturell.Die Lebensart ist sehr europäisch, und ich habe mich schnell heimisch gefühlt. Der Parkville Campus der Universität, wo sich die School of Biosciences befindet, liegt ganz in der Nähe des Stadtzentrums. So habe ich die Gelegenheit, während meiner täglichen Spaziergänge die Melbourner Kaffeekultur kennenzulernen. Während der Arbeit verbringe ich viel Zeit im Labor, im Gewächshaus oder am Mikroskop. Zum Ausgleich gehe ich ins Fitnessstudio und habe angefangen, argentinischen Tango zu tanzen. Ganz besonders gefällt mir die entspannte Haltung der Australierinnen und Australier:„No worries!“ ist einer der Sätze, die man hier am häufigsten hört.

Meine australischen Freunde sind unglaublich reisefreudig. Unter dem Arbeitspensum als Doktorand ist es für mich schwierig, dieser Verlockung zu folgen. Für einen gemeinsamen Trip auf der Great Ocean Road habe ich mir dennoch die Zeit freigeschaufelt. Die bekannte Panoramastraße beginnt nicht weit von Melbourne. Sie schlängelt sich durch eine großartige Landschaft, vorbei an den Zwölf Aposteln – steinerne Riesen, die den mythischen südlichen Ozean bewachen.

Auch eine andere Reise werde ich nie vergessen: Im australischen Sommer 2019 verbrachte ich Weihnachten im östlichen Teil der Region Victoria, zusammen mit einer Gruppe von Doktoranden und Postdocs. Für einige von uns war es das erste Weihnachten in südlichen Gefilden, ganz ohne Schnee. Leider fiel unser Aufenthalt in die Zeit der katastrophalen Buschbrände. Wir hatten gerade noch die Gelegenheit, diese reizvolle Küstenregion kennenzulernen, bevor sie vom Feuer verwüstet wurde. Zurück in Melbourne begannen einige von uns Masken zu tragen, um sich vor der katastrophalen Luftverschmutzung infolge der Brände zu schützen. Damals war das noch sehr ungewöhnlich, und wir kamen uns reichlich komisch vor. Wer hätte gedacht, dass Masken nur wenig später überall auf der Welt zum Alltag gehören würden!


 

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