Freiheit an Bord

Vom 14. Mai bis 15. September ist die MS Wissenschaft unterwegs in Deutschland und Österreich

Mit an Bord des Ausstellungsschiffes sind Exponate von zwei Max-Planck-Instituten, dem MPI für Bildungsforschung und dem Kunsthistorischen Institut in Florenz. An drei Podcast-Stationen sprechen sieben Max-Planck-Forscherinnen und Forscher über Freiheit, das Motto des Wissenschaftsjahres 2024.

Eine Treppe führt hinab in den Frachtraum des 102 Meter langen Schiffes. Nach dem sie einen Aufenthaltsraum durchqueren, tauchen die  Besucherinnen und Besucher ein in eine bunte Welt: Die Themenschwerpunkte, die um Freiheit kreisen, von Philosophie, über Kunst und Politik hin zu konkreten Beispielen wie der Bedrohungen durch den Klimawandel, die Entwicklung künstlicher Intelligenz und Desinformation auf Social Media-Plattformen sind farbig markiert.

Die Kunst der Freiheit

Der Rundgang beginnt mit einem Exponat des Kunsthistorischen Instituts (KHI) in Florenz: Wie trägt Kunst zu einer freiheitlichen Gesellschaft bei? Wann ist sie mit Zensur konfrontiert, und in welchen Ländern? Welche Formen des Protestes gibt es? Bildkarten mit Gemälden, Graffitis, aber auch mit Performances oder Filmstills  können mit konkreten Fragen kombiniert und an drei Tafeln geheftet werden. So entsteht ein vielschichtiges und widersprüchliches Zusammenspiel, das zum Nachdenken und Diskutieren über die Grenzen der Kunstfreiheit und die „Kunst der Freiheit“ einlädt.

Im Grundgesetz, in Talkshows, in der Popmusik: Der Freiheitsbegriff ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Nur: Was ist damit eigentlich genau gemeint? Marietta Auer vom MPI für Rechtsgeschichte und Rechtstheorie spricht an der ersten Podcast-Station über das Freiheitsideal der Französischen Revolution und der Aufklärung, und darüber, warum Freiheit für Immanuel Kant immer auch Verantwortung bedeutete.

In weiteren Podcasts, die in Zusammenarbeit mit dem Podcastradio detektor.fm entstanden, kommen noch Ulrike Bialas zu Wort, die mehr als drei Jahre lang junge Erwachsene in Berlin begleitet hat, die aus ihren Heimatländern fliehen mussten, oder Michael Kilchling, der der Frage nachgeht, ob der Staat zu viel überwacht.

Wie beeinflussen uns Gene und Gesellschaft?

„Ich bin reich geboren“, jubelt ein Schüler, der gerade „Genetic Pinball“ spielt. Dann rollt die Kugel im virtuellen Flipper-Automaten. Vieles was sein weiteres Leben spielerisch mitbestimmt, das wird dem Jugendlichen schnell klar, ist Zufall und – je nachdem wohin die Kugel springt – ein komplexes Zusammenspiel zwischen genetischer Veranlagung und gesellschaftlichen Strukturen, unsere Gesundheit beispielsweise oder unserer schulischer Erfolg. Nur auf manches hat man direkt Einfluss.

Das interaktive Spiel hat Laurel Raffington vom MPI für Bildungsforschung in Berlin zusammen mit Spiele-Entwicklern von Purple Sloth Studio erdacht. Im Verlauf des Spiels haben Besucherinnen und Besucher als Teil der Gesellschaft die Freiheit, die gesellschaftlichen Strukturen neu zu gestalten. „Wie würdest Du sie verändern?“ Eine Frage, die gar nicht so leicht ist für einen 16-Jährigen: „Gerechte Bildungschancen für alle wären nicht schlecht“, meint er.

Kann künstliche Intelligenz mit moralischen Dilemmas umgehen? 

Selbstfahrende autonome Fahrzeuge werden in Zukunft Teil des Straßenverkehrs sein. Bei Unfällen trifft dann ein Algorithmus ohne menschliche Aufsicht Entscheidungen über Leben und Tod. Das bedeutet, dass eine künstliche Intelligenz (KI) bestimmt, wer beispielsweise bei Bremsversagen zu retten ist, die Personen innerhalb oder außerhalb des Fahrzeugs?

Mithilfe eines Online-Experiments hat Iyad Rahwan vom MPI für Bildungsforschung seit 2015 Entscheidungen von über 80 Millionen Menschen weltweit gesammelt. Die Ergebnisse zeigen, dass es je nach Kultur und Land Unterschiede in der moralischen Beurteilung gibt. Sein Experiment, das man auf einem Monitor nachvollziehen kann,  lädt zum Nachdenken über ethische Grundsätze von KI-Systemen ein und zeigt: Es ist schwierig, sich weltweit auf ein Regelwerk für eine „Maschinenethik“ zu einigen.

Zeit zum Entspannen

Wer vom Rundgang mit mehr als 30 Exponaten müde ist, kann sich an zwei weiteren Podcast-Stationen niederlassen. In dem Ausstellungsbereich, der um digitale Freiheit kreist, spricht Phillipp Lorenz-Spreen darüber, wie Social Media die Demokratie beeinflusst, oder Pascal Langenbach darüber, ob Maschinen fair entscheiden können.

In dem Bereich Wissenschaftsfreiheit dreht sich vieles um die Frage, wem Wissen gehört. Dagmar Schäfer vom MPI für Wissenschaftsgeschichte, geht dem am Beispiel des Gerbens von Leder nach, das für den Aufstiege des römischen Imperiums von Bedeutung war. Jürgen Renn, Direktor am neu gegründeten MPI für Geoanthropologie, stellt die Frage, wie politisch Wissenschaft sein darf. Da der  Mensch zum bestimmenden Faktor für das gesamte Erdsystem geworden ist - vom Klimawandel bis zur Artenvielfalt - habe Wissenschaft die Verantwortung, die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Erde zu erklären, meint Jürgen Renn, und sich dabei auch mit Personen auseinanderzusetzen, die den Klimawandel leugnen und Wissenschaft skeptisch gegenüberstehen.

Text: Barbara Abrell

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