Herz beeinflusst Aktivität des Bewegungssystems
Das Timing der Herzschläge und ihre neuronale Verarbeitung verändert die Erregbarkeit motorischer Schaltkreise im Gehirn
Zwischen zwei aufeinanderfolgenden Herzschlägen gibt es optimale Zeitfenster für Handlung und Wahrnehmung, wie Forschende des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig herausgefunden haben. Die Abfolge von Herzkontraktion und -entspannung ist mit Veränderungen im motorischen System und seiner Fähigkeit verbunden, auf Stimulation zu reagieren. Dies könnte Auswirkungen auf die Behandlung von Depressionen und Schlaganfällen haben.
Die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen und uns mit ihr auseinandersetzen, wird durch innere körperliche Prozesse wie Herzschlag, Atmung und Verdauung beeinflusst. Die Herztätigkeit kann die auditive und visuelle Wahrnehmung beeinflussen, und frühere Studien haben gezeigt, dass die somatosensorische Verarbeitung während der systolischen Phase des Herzzyklus beeinträchtigt sein kann.
Um einen besseren Einblick in diese Prozesse zu erhalten, wollten Esra Al und ihre Kolleg*innen vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften herausfinden, ob sich die kortikale und kortikospinale Erregbarkeit - die Bereitschaft, auf Reize zu reagieren - während des Herzzyklus verändert. 37 gesunde Freiwillige im Alter zwischen 18 und 40 Jahren erhielten eine Reihe von transkraniellen Magnetstimulationsimpulsen - nicht-invasive kurze Magnetimpulse, die Nervenzellen stimulieren - über der rechten Gehirnhälfte. "Es gab zwar schon früher Studien, in denen versucht wurde, Veränderungen der kortikospinalen Erregbarkeit entlang des Herzzyklus zu erfassen, aber die Einzigartigkeit unseres Ansatzes liegt in der Verwendung der Elektroenzephalographie in Kombination mit transkranieller Magnetstimulation, die es ermöglicht, Veränderungen der kortikalen Aktivität direkt zu untersuchen", sagt Vadim Nikulin, einer der Hauptautoren der Studie.
Veränderte Aktivität des motorischen Systems
Während der Stimulation wurden periphere und kortikale motorische Reaktionen sowie die Herzschläge gemessen. Die Forschenden stellten fest, dass während der systolischen Phase eine höhere Erregbarkeit aufgezeichnet wurde. Diese gleichzeitigen Aufzeichnungen von Gehirnaktivität, Herzaktivität und Muskelaktivität deuten darauf hin, dass das Timing der Herzschläge und ihre neuronale Verarbeitung mit Veränderungen der Erregbarkeit des motorischen Systems verbunden sind.
Transkranielle Magnetstimulation wird bei der Behandlung von Depressionen und der Genesung nach einem Schlaganfall eingesetzt. Die Forschung eröffnet die Möglichkeit, diese Ergebnisse für die Überwachung und Optimierung der Behandlung zu nutzen und zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Gehirn und Körper bei Gesundheit und Krankheit beizutragen. Die Forschenden fügen hinzu: "Interessanterweise deckt diese Studie eine bemerkenswerte Verbindung zwischen dem menschlichen Herz und dem Gehirn auf und offenbart unterschiedliche Zeitfenster, die für Aktion und Wahrnehmung maßgeschneidert sind."