Methan vor der Entstehung des Lebens

Forschende zeigen, wie Methan in den frühen Wasserregionen der Erde entstand und noch heute freigesetzt wird

1. August 2023

Ein Team am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg hat nachgewiesen, dass Eisen und reaktiver Sauerstoff die Bildung von Methan in wässrigen Umgebungen antreiben. In der Frühgeschichte der Erde begünstigte dieser rein chemische Vorgang vermutlich die Entstehung des Lebens. Zudem könnte er auch heute noch zur Bildung von Methan beitragen.

Bereits während der frühen Erdgeschichte führte Methan zur Erwärmung der Atmosphäre. Damals verhinderte der Methandunst das Einfrieren des Planeten und bildete damit eine der Grundlagen für die Entstehung des Lebens. Methan gilt als besonders klimaschädliches Treibhausgas: es fördert die Erderwärmung ungefähr 80-mal stärker als die gleiche Menge Kohlendioxid. Um die Folgen des menschengemachten Klimawandels besser einschätzen und vorhersagen zu können, wird weltweit geforscht, um die zahlreichen Quellen der Methanentstehung zu identifizieren.

Im Jahr 2022 entdeckten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg zusammen mit einem Team der Universität Heidelberg, dass Methan grundsätzlich in allen Organismen entsteht. Kern des Prozesses ist die so genannte Fenton-Reaktion, eine Reaktion von Wasserstoffperoxid mit reduziertem Eisen, die hochreaktive Verbindungen und Radikale entstehen lässt. Diese sind in der Lage, eine Methylgruppe von organischen Schwefel- oder Stickstoffverbindungen abzuspalten, wodurch Methan entsteht.

„Da dieser Prozess innerhalb der Zelle nicht von Enzymen katalysiert wird, fragten wir uns, ob er nicht auch außerhalb der Zelle ablaufen kann,“ sagt Johannes Rebelein, Leiter der Emmy Noether-Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut. Tatsächlich stellte sich heraus, dass der Vorgang auch in der unbelebten Umwelt ablaufen kann. In der Abwesenheit von Sauerstoff tragen sowohl Licht als auch Hitze zur Bildung von Wasserstoffperoxid in wässriger Lösung bei. Außer Methan bildete sich durch die Kombination von zwei Methylradikalen auch Ethan.

Methan am Ozeanboden

Bemerkenswert ist, dass Methan über die Fenton-Reaktion auch aus organischen Schwefelverbindungen, z.B. Dimethylsulfoxid entsteht. Solche Verbindungen finden sich an hydrothermalen Quellen in der Tiefsee, besser bekannt als „Schwarze Raucher“. Bislang war die Forschung davon ausgegangen, dass ein bestimmter geologischer Prozess, die Serpentinisierung, für die Methanentstehung in der Tiefsee verantwortlich ist. „Dass Methan am Ozeanboden über die Fenton-Reaktion entstehen kann, ist eine Erkenntnis, die uns selbst überrascht hat“, sagt Johannes Rebelein. „Der von uns beschriebene Prozess ist aber im Gegensatz zur Serpentinisierung nicht räumlich begrenzt. Er könnte grundsätzlich in allen Feuchtgebieten der Erde stattfinden, weil ihn Wärme und Licht unter normalen Temperaturen und Drücken antreiben.“ Die Ergebnisse könnten nach Ansicht der Forscher ein weiteres Puzzleteil zur Lösung des „ozeanischen Methanparadoxon“ sein. Hierbei handelt es sich um den lichtabhängigen Methanausstoß aus Gewässern, die anders als die Bildung von Methan durch Mikroorganismen unter Anwesenheit von Sauerstoff stattfindet.

Die Forschenden wiesen außerdem nach, dass Biomoleküle die Methanbildung noch verstärken.  „In unseren Experimenten erhöhten Biomoleküle, die reduziertes Eisen binden, die Intensität der Fenton-Reaktion. Dass bedeutet: Nach der Entstehung des Lebens dürfte der Prozess einiges an Intensität zugelegt haben, weil die Biomoleküle sowohl als Substrate als auch als eisenbindende Aktivatoren dienten“, erklärt Leonard Ernst, Erstautor der aktuellen Studie, die in Kooperation mit dem Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg, dem Zukunftszentrum Mikrokosmos, Marburg, sowie des Deutschen Krebsforschungsinstituts in Heidelberg entstand.

Die Arbeit legt eine wichtige Grundlage für weitere Forschungen zur Entwicklung der Erdatmosphäre. Darüber hinaus gilt es zu klären, in welchem Umfang dieser Mechanismus zur Methanbilanz beiträgt.
 

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