Neues Großforschungszentrum mit Max-Planck-Prägung

Das von Peter H. Seeberger initiierte „Center for the Transformation of Chemistry“ setzt sich im Wettbewerb um rund 1,25 Milliarden Euro durch

Im Wettbewerb „Wissen schafft Perspektiven für die Region!“ hat sich ein Konzept von Max-Planck-Wissenschaftlern durchgesetzt. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Freistaat Sachsen und das Land Sachsen-Anhalt haben aus knapp 100 Vorschlägen das Konzept für das „Center for the Transformation of Chemistry” (CTC) für eines von zwei neuen Großforschungszentren ausgewählt worden. Ziel des CTC ist es, die Chemiewirtschaft in eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu transformieren. Die Idee für das CTC haben Peter H. Seeberger und Matthew Plutschack, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, entwickelt.

Die chemische Industrie ist einer der wichtigsten Industriezweige Deutschlands und grundlegend für die Wertschöpfungsketten zahlreicher weiterer Wirtschaftszweige – in 97 Prozent aller Produkte stecken Chemieerzeugnisse. Die Chemie ist heute noch ausgesprochen abhängig von fossilen Rohstoffen, zum einen als Energiequelle für ihre Herstellungsprozesse und zum anderen als Rohstofflieferant – die meisten chemischen Erzeugnisse entstehen heute noch aus Erdöl. Das macht die chemische Produktion anfällig für Krisen, die mit Preisanstiegen und Unsicherheiten in den Lieferketten verbunden sind. „Um die Versorgung und das Funktionieren der gesamten Wirtschaft am Standort Deutschland zu sichern, ist es dringend notwendig, Ausgangsstoffe, Prozesse und Produkte neu zu denken und die bisher linear geprägte chemische Industrie, die zudem große Mengen Kohlenstoffdioxid sowie giftige Abfälle und Abwässer produziert, langfristig als widerstandsfähige Kreislaufwirtschaft zu etablieren“, erklärt Peter H. Seeberger, Direktor am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung. Ziel des Centers for the Transformation of Chemistry sei es daher, kostengünstige und nachhaltige Produktionsprozesse zu entwickeln, die hauptsächlich auf nachwachsenden Rohstoffen oder recycelten Materialien basierten. Dabei müssten zudem höchste Arbeitsschutz- und Umweltstandards eingehalten und die Transportwege drastisch verkürzt werden.


Eine solche Transformation der Chemieproduktion trägt nicht nur dazu bei, die europäischen Klimaziele zu erreichen, sondern auch Wohlstand zu erhalten und zukunftssichere Beschäftigungschancen zu eröffnen. Das könne nicht durch das Kurieren von Symptomen gelingen, sondern nur durch eine strukturierte langfristig ausgelegte Transformation, erklärt Seeberger: „Es gibt weltweit Ansätze in der Industrie und der Wissenschaft in diese Richtung, aber kein vergleichbares Forschungszentrum. Das neue Großforschungszentrum wird ein global sichtbarer Leuchtturm der Spitzenforschung und ein Kristallisationskeim für Ansiedlungen und Ausgründungen im Mitteldeutschen Revier.“

Fortgesetzte Tradition im Mitteldeutschen Chemiedreieck

Aufgebaut wird das CTC in Delitzsch, rund 20 Kilometer nördlich von Leipzig. Es knüpft damit an die lange Tradition im Chemiedreieck Halle/Merseburg/Bitterfeld an. Auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik wird in den nächsten Jahren das CTC als bisher erste Forschungseinrichtung im Landkreis Nordsachsen etabliert. Der Campus mit dem Neubau des Großforschungszentrums, angrenzenden Wohnquartieren und einem eigenen S-Bahn-Anschluss mit Verbindungen nach Leipzig und Halle lässt einen neuen Stadtteil in Delitzsch wachsen. Durch das CTC und weitere Ansiedlungen in Delitzsch und in der Region werden bestehende Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen.
Bereits jetzt unterstützen mehr als 100 Partnern aus Wissenschaft, Wirtschaft und der Gesellschaft vor Ort, im Mitteldeutschen Revier, in Deutschland und weltweit den Aufbau des Großforschungszentrums. In enger interdisziplinärer Zusammenarbeit wird das CTC die Transformation der Chemie in Forschung und Industrie vorantreiben, aber auch etwa neue Studien-, Aus- und Weiterbildungsangebote entwickeln.

Das CTC wird im Rahmen des gemeinsamen Ideenwettbewerbs „Wissen schafft Perspektiven für die Region!“ von Bundesministerium für Bildung und Forschung, Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt aufgebaut. Basierend auf dem „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ werden je ein Großforschungszentrum im Mitteldeutschen Revier und in der sächsischen Lausitz etabliert und mit jährlich bis zu 170 Mio. Euro institutionell gefördert. Ziel ist es, in den Regionen den Strukturwandel nach dem Kohleausstieg zukunftsgerichtet zu gestalten sowie den Wissenschafts- und Innovationsstandort Deutschland zu stärken.

 

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