Elektronen auf der Überholspur

Mikroskopische Strukturen könnten Perowskit-Solarzellen noch leistungsfähiger machen

Solarzellen auf Basis von Perowskitverbindungen könnten die Stromgewinnung aus Sonnenlicht bald noch effizienter und günstiger machen. Bereits heute übersteigt die Effizienz dieser Perowskit-Solarzellen im Labor die der gängigen Solarzellen aus Silizium. Ein internationales Team um Stefan Weber vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz hat nun mikroskopische Strukturen in Perowskit-Kristallen gefunden, die den Ladungstransport in der Solarzelle lenken können. Eine geschickte Ausrichtung dieser Elektronen-Autobahnen könnte Perowskit-Solarzellen noch leistungsfähiger machen.

Wenn Solarzellen das Licht der Sonne in elektrischen Strom umwandeln, nehmen die Elektronen des Materials im Inneren der Zelle die Energie des Lichts auf. Bei diesem Material handelt es sich heute meist Silizium, zukünftig könnten jedoch kostengünstigere Perowskitmaterialien zum Einsatz kommen. Die durch das Licht angeregten Elektronen werden von speziellen Kontakten auf der Ober- und Unterseite der Zelle eingesammelt. Verbleiben die Elektronen jedoch zu lange im Material, können sie ihre Energie wieder verlieren. Um Verluste zu minimieren, sollten sie daher so schnell wie möglich zu den Kontakten gelangen.

In den Perowskiten könnten dabei mikroskopisch kleine Strukturen – sogenannte ferroelastische Zwillingsdomänen – helfen. Denn sie können beeinflussen, wie schnell die Elektronen sich bewegen. Das hat eine internationale Forschungsgruppe um Stefan Weber am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz herausgefunden. Die streifenförmigen Strukturen, die die Wissenschaftler untersuchten, entstehen im Zuge der Herstellung der Perowskite spontan durch mechanische Spannungen im Material. Durch die Kombination zweier Mikroskopiemethoden fanden die Forschenden heraus, dass sich die Elektronen parallel zu den Streifen deutlich schneller bewegen als senkrecht dazu. „Die Domänen sind wie winzige Autobahnen für die Elektronen“, sagt Stefan Weber.

Mögliche Anwendungen auch in Leuchtdioden und Strahlungsdetektoren

Für ihre Experimente musste das Team um Weber zunächst die streifenförmigen Domänen nachweisen. Dies gelang ihnen mit einem Piezo-Kraftmikroskop (PFM). Bereits vor fünf Jahren entdeckten sie mit dieser Methode erstmals die Domänen in einem Perowskit-Kristall. „Schon damals fragten wir uns, ob die Strukturen Einfluss auf die Funktionsweise einer Perowskit-Solarzelle haben,“ so Weber. „Unsere neuesten Ergebnisse zeigen jetzt, dass dies der Fall ist.“

Der Beweis gelang, indem die Forschenden ihre PFM-Bilder mit den Daten einer anderen Methode, der Photolumineszenz-Mikroskopie, verglichen.  „Unser Photolumineszenz-Detektor funktioniert ähnlich wie eine Radarfalle“, erklärt Ilka Hermes, Forscherin in Webers Gruppe und Erstautorin der Studie. „Wir messen damit auf mikroskopischer Ebene die Geschwindigkeiten der Elektronen in verschiedene Richtungen.“ Dabei stellte Hermes fest: Entlang der Streifen bewegten sich die Elektronen um rund 50 bis 60 Prozent schneller als senkrecht dazu. „Perowskit-Solarzellen, bei denen man darauf achtet, dass die Streifen direkt zu den Elektroden zeigen, würden also deutlich effizienter“, schlussfolgert Hermes.

Doch nicht nur Solarzellen ließen sich durch die gezielte Ausrichtung der Domänen verbessern. Auch andere optoelektronische Anwendungen wie Leuchtdioden oder Strahlungsdetektoren könnten von einem gerichteten Ladungstransport profitieren. „Generell ist es von Vorteil, wenn wir die Elektronen in die richtige Richtung lenken können“, erklärt Stefan Weber. Die Idee der Forschenden: Perowskitkristalle könnten während ihrer Herstellung gezielt unter mechanische Spannung gesetzt werden. Durch dieses sogenannte strain engineering ließen sich die Elektronen-Autobahnen optimal ausrichten.

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