Nervenzell-Netzwerk steuert Hirnzustand
Ein Schaltkreis im Gehirn fungiert als Impulsgeber
Einem internationalen Team von Neurowissenschaftlern ist es gelungen, einen Mechanismus im Gehirn von Zebrafischlarven auszumachen, der zwischen zwei Motivationsstufen hin- und herschaltet. Mit modernsten bildgebenden Verfahren konnte das Team auch einen zentralen Schaltkreis serotoninproduzierender Neuronen in diesem in der Forschung häufig verwendeten Modellorganismus lokalisieren. Wie dieser Schaltvorgang im Gehirn funktioniert, war bisher eine in den Neurowissenschaften unbeantwortete Frage.
Laut ihrer Studie, die am Rowland Institute der Harvard University durchgeführt wurde, handelt es sich bei diesem Mechanismus um einen zentralen Datenknoten von Neuronen, die kontinuierlich ein bestimmtes Signal senden und damit die Aktivität im Gehirn dynamisch koordinieren. In einem Zustand konzentriert sich der Fisch mit langsamen Bewegungen auf die Jagd nach Beute. Im anderen Fall erkundet das Tier mit flinken Bewegungen seine Umgebung.
João Marques, Meng Li, Diane Schaak, Drew Robson und Jennifer Li haben diese zwei unterschiedlichen Hirnzustände so identifiziert: Während des Beutefangs sind Fische hoch fokussierte und effiziente Jäger. Während der reinen Erkundung neigen sie zur Unruhe und sind, was Beute betrifft, unachtsam. Ihre Aufmerksamkeit als Jäger und Fokussierung auf Beutefang ändert sich jeweils schlagartig."Die neuronale Aktivität an diesem zentralen Knotenpunkt im Gehirn ist bemerkenswert. Zeitlich betrachtet fallen die Signalintensität und der Moment der Verhaltensänderung zusammen. Der Verlauf ist asymmetrisch, erreicht schnell einen Höhepunkt und fällt dann langsam ab", erklärten Jennifer Li und Drew Robson, die die Hauptautoren dieser Studie sind.
Entdeckung eines elektrochemischen Uhrwerks im Gehirn
Mit einem von den Wissenschaftlern selbst entwickelten Tracking-Mikroskop ist es möglich, die Verhaltensphänomene der Zebrafische in freier Umgebung zu verfolgen. Die kleinen Fischlarven schwimmen ohne Beeinträchtigung umher, während die Wissenschaftler mit ihrem Mikroskop durch die sehr dünne und transparente Kopfhaut die Aktivität des Gehirns in Echtzeit optisch aufzeichnen und analysieren können.
Ihre technische Erfindung verhalf ihnen schließlich dazu, dieses elektrochemische Uhrwerk im Gehirn auszumachen, das die zeitliche Struktur von Motivation und Entscheidungsfindung zu beeinflussen scheint. Laut der Autoren gibt es Hinweise darauf, dass dieser Mechanismus im Laufe der Evolution entstand und erhalten blieb. Eine vereinfachte Form davon dürfte auch die Bewegung von Würmern steuern, und eine komplexere Variante könnte die kortikale Aktivität bei Säugetieren und möglicherweise beim Menschen koordinieren. Es werden weiterführende Studien notwendig sein, um vollständig zu verstehen, warum und wie sich dieser Schaltmechanismus im Laufe der Evolution entwickelte und auch erhalten blieb.