Max-Planck-Forscher erhalten Breakthrough-Preis 2020

Franz-Ulrich Hartl und die Event Horizon Kollaboration werden mit dem weltweit höchst dotierten Wissenschaftspreis geehrt

6. September 2019

Franz-Ulrich Hartl, Direktor am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried, erhält zusammen mit einem Kollegen aus den USA den Breakthrough Preis in Life Sciences 2020. Die beiden Forscher werden für die Entdeckung der molekularen Proteinfaltungshelfer geehrt. Darüber hinaus erhält die Event Horizon Kollaboration den Breakthrough-Preis für Fundamentalphysik für das erste Bild eines schwarzen Lochs in der Galaxie Messier 87. Das Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie und das Institut für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM) haben dabei eine herausragende Rolle gespielt. Der Preis wird am 3. November im Silicon Valley, USA, überreicht und ist mit drei Millionen US Dollar der höchst dotierte Wissenschaftspreis der Welt.

Damit Proteine richtig arbeiten können, müssen sie bei der Herstellung richtig gefaltet werden. In den achtziger Jahren zeigte Hartl zusammen mit seinem Kollegen Arthur L. Horwich, dass sich die meisten neu hergestellten Proteine nicht spontan in ihre funktionale Form falten, sondern Proteinfaltungshelfer benötigen, die sogenannten Chaperone. Dies widersprach der damals gängigen Meinung. Die Forscher entdeckten, dass bestimmte Chaperone käfigähnliche „Faltungsmaschinen“ sind. Sie bieten den neu hergestellten Proteinen eine schützende Umgebung, in der diese sich in ihre funktionelle Form falten können.

Fehlgefaltete Proteine verklumpen und sind eine Hauptursache für schwerwiegende neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson. Des Weiteren spielen Fehler in der Proteinfaltung eine entscheidende Rolle beim Altern. Die Erkenntnisse über die Chaperone leisten einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten.

Das erste Bild eines Schwarzen Lochs

Mit acht empfindlichen Radioteleskopen, die in der Antarktis, Chile, Mexiko, Hawaii, Arizona und Spanien strategisch positioniert sind, hat eine globale Zusammenarbeit von Wissenschaftlern an 60 Institutionen in 20 Ländern und Regionen erstmals ein Bild eines Schwarzen Lochs aufgenommen. Durch die Synchronisation der einzelnen Teleskope über ein Netzwerk von Atomuhren schuf das Team ein virtuelles Teleskop so groß wie die Erde, mit einer bisher unerreichten Bildschärfe. Das von der Max-Planck-Gesellschaft mitfinanzierte IRAM 30-Meter Teleskop in der spanischen Sierra Nevada ist dabei das empfindlichste Einzelteleskop im Verbund.

Entscheidend für die Kalibrierung der Daten, die das erste Bild eines Schwarzen Lochs lieferten, war das APEX in Chile, eines der Hausteleleskope des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie. „Über zwanzig Jahre Vorbereitung tragen nun Früchte im ersten Bild eines Schwarzen Loches. Wir freuen uns, dass unsere gemeinsame Arbeit mit dem renommierten Breakthrough-Preis ausgezeichnet wird. Es ist eine wunderbare Anerkennung für die geduldige und gründliche Arbeit eines großartigen Teams”, sagt Anton Zensus, Vorstandsvorsitzender der Kollaboration und Direktor am Max-Planck-Instituts für Radioastronomie.

Eines der ersten Ziele war das supermassive Schwarze Loch im Zentrum der Messier 87 Galaxie - seine Masse entspricht 6,5 Milliarden Sonnen. Nach sorgfältiger Analyse der Daten mit innovativen Algorithmen und Techniken schoss das Team ein Bild dieses galaktischen Monsters, das sich gegen das heiße, um das Schwarze Loch wirbelnde Gas abgrenzt. Die Beobachtungen bestätigten die Erwartungen von Einsteins Gravitationstheorie: Ein heller Ring, in dem Strahlung das Schwarze Loch umkreist, umgibt eine dunkle Region, von der keine Strahlung der Anziehungskraft des Schwarzen Lochs entweichen kann.

Seit Ende 2018 ist auch NOEMA, das zweite IRAM-Observatorium in den französischen Alpen, Teil des weltweiten Verbundes. Mit seinen zwölf hochempfindlichen Antennen wird dieses Observatorium das leistungsfähigste auf der nördlichen Hemisphäre sein. „Dank NOEMA werden die Wissenschaftler des EHT in einen neuen Empfindlichkeitsbereich vorstoßen und damit noch mehr faszinierende Erkenntnisse gewinnen“, sagt Karl Schuster, IRAM Direktor.

Insgesamt 35 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie, darunter auch die drei Direktoren, und 16 des Instituts für Radioastronomie im Millimeterbereich (IRAM) werden mit dem Breakthrough-Preis ausgezeichnet, zusammen mit weiteren 297 Kollegen auf der ganzen Welt.

Über F.-Ulrich Hartl

F.-Ulrich Hartl wurde 1957 geboren und studierte Medizin an der Universität Heidelberg, wo er anschließend auch promovierte. Ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft ermöglichte ihm einen ersten Forschungsaufenthalt an der University of California, Los Angeles. 1997 gelang es der Max-Planck-Gesellschaft, den hochrangigen Wissenschaftler wieder nach Deutschland zurückzuholen. Seither leitet er am Max-Planck-Institut für Biochemie die Abteilung „Zelluläre Biochemie“. In den letzten Jahren wurden ihm eine Vielzahl von Wissenschaftspreisen zuerkannt.

Über J. Anton Zensus

J. Anton Zensus wurde 1958 geboren und promovierte 1984 am Max-Planck-Institut für Radioastronomie. 1985 ging er als Postdoktorand in die USA an das California Institute of Technology in Pasadena in Kalifornien, und 1988 an das National Radio Astronomy Observatory in Socorro, New Mexico und Charlottesville, Virginia. 1994 wurde er von Associated Universities zum Tenured Scientist ernannt. 1996 wurde zum Direktor an das Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn berufen. Dort leitet er die Forschungsabteilung für Very Long Baseline Interferometry (VLBI). Sein zentrales Forschungsinteresse sind die extragalaktischen Radioquellen und aktiven Galaxien im Universum, die er mit der VLBI-Methode unter Einsatz von Radioteleskopen auf allen Kontinenten und im Weltraum untersucht. Er ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender der Event Horizon Kollaboration.

Über die Event Horizon Kollaboration

An der Kooperation sind mehr als 200 Forscher aus Europa, Asien, Afrika, Nord- und Südamerika beteiligt. Die internationale Zusammenarbeit erstellte das erste Bild eines Schwarzen Lochs, indem sie ein virtuelles Teleskop von der Größe der Erde zusammenschaltete. Unterstützt durch erhebliche internationale Investitionen verbindet das EHT bestehende Teleskope mit neuartigen Methoden und schafft so ein grundlegend neues Instrument mit der bisher höchsten Bildschärfe.

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