Stress während der Schwangerschaft
Epigenetische Veränderungen im Erbgut von Nervenzellen machen Kinder im späteren Leben anfälliger für psychiatrische Erkrankungen
Stress in Form einer Depression oder Unterernährung während der Schwangerschaft erhöhen das Risiko eines ungeborenen Kindes, später an einer Reihe an gesundheitlichen Problemen zu leiden. Dazu zählen eine höhere Empfindlichkeit gegenüber Stress, kognitive Defizite und eine erhöhte Anfälligkeit für psychiatrische Störungen sowie Verhaltenssaufälligkeiten. Offenbar lösen Stresshormone wichtige epigenetische Veränderungen aus und führen so dazu, dass Gene über einen längeren Zeitraum anders abgelesen werden. Obwohl Stresshormone für die Gehirnentwicklung des Fötus notwendig sind, scheinen zu hohe Konzentrationen schädlich zu sein.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Wirkung von Stresshormonen während der fötalen Entwicklung in menschlichen Gehirnzellen beobachtet. Sie haben festgestellt, dass chronischer Stress während der Bildung von Nervenzellen Gene epigenetisch dauerhaft verändert. Außerdem konnten sie zeigen, dass die Veränderungen bei erneutem Stress zu einer erhöhten Empfindlichkeit führen. Die Forscher haben zusätzlich Nabelschnurblutzellen von Neugeborenen untersucht, die während der Schwangerschaft hohem Stress wie Depression und Angststörungen der Mutter oder eine Stresshormongabe ausgesetzt waren. Demnach stimmen die epigenetischen Veränderungen der Nervenzellen und die der gestressten Neugeborenen miteinander überein.
Die epigenetischen Markierungen sind also eine Art „Zellgedächtnis“ an vergangenen Stress. Sie könnten die Sensibilität auf zukünftigen Stress beeinflussen. Stress vor der Geburt eines Kindes scheint folglich nicht nur die Entwicklung der Nervenzellen zu verändern, sondern auch die Reaktion auf Stress im späteren Leben. Diese Erkenntnis gibt nicht nur Aufschluss über die möglichen Langzeiteffekte früher Umweltweinflüsse, sondern könnte auch dabei helfen, Strategien für Vorsorgemaßnahmen zu entwickeln.