Neues Produktionsverfahren macht Medikamente auch für ärmere Länder erschwinglich
Fluxpharm lizenziert Verfahren zur kostengünstigen Produktion von pharmazeutischen Wirkstoffen
Die Firma Fluxpharm hat eine Lizenz für ein chemisches Verfahren des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam erworben. Mit Hilfe der Durchflusschemie -Technologie können die Forscher am Institut verschiedene Standard-Wirkstoffe wesentlich effizienter und kostengünstiger als mit herkömmlichen Methoden produzieren. Fluxpharm will die Technologie nun weiterentwickeln und kommerziell verfügbar machen. So wird auf Basis der Entwicklung in Zukunft u.a. die Produktion des pharmazeutischen HIV-Wirkstoffes Efavirenz vorangetrieben und Medikamente für mehr Menschen in armen Ländern bereitgestellt werden. Entsprechende Verhandlungen mit arzneimittelproduzierenden Unternehmen sind bereits weit vorangeschritten.
Arzneiwirkstoffe werden bisher oftmals mit Hilfe des sogenannten „Batch“-Verfahrens produziert. Dabei werden alle benötigten Reagenzien in ein einziges Gefäß gegeben, in dem sie dann miteinander reagieren. Jedoch ist diese Fertigungsmethode im „Kochtopf“ zeitaufwendig und erfordert den Einsatz großer Mengen von Zusatzchemikalien.
Die am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung entwickelte Durchflusschemie ist dagegen eher mit einem Fließbandverfahren vergleichbar. Bei diesem kontinuierlichen Durchflussverfahren läuft die Reaktion fließend in den Röhren eines speziell entwickelten Reaktors ab. Auf diese Weise können viel geringere Mengen an Reagenzien sicherer und effizienter miteinander reagieren. Durch die verbesserten chemischen Reaktionsabläufe können darüber hinaus verschiedene Standard-Wirkstoffe in modularen Reaktoren hergestellt werden. Bislang mussten zur Herstellung jedes Wirkstoffes eine spezielle Produktionsanlage gebaut und betrieben werden.
Peter Seeberger, Direktor am Potsdamer Max-Planck-Institut und Kerry Gilmore, Gruppeleiter am Institut und Mitgründer der Fluxpharm, haben die Technologie entwickelt. Fluxpharm wird die lizenzierte Technologie nun bis zur kommerziellen Reife weiterentwickeln und zusammen mit Pharmaunternehmen einsetzen.
Anfänglich steht die Herstellung des Wirkstoffes Efavirenz zur Behandlung der Immunschwächekrankheit Aids im Mittelpunkt der Entwicklungsbemühungen. Der Bedarf für entsprechende Medikamente ist gerade in Schwellenländern enorm. Der Bevölkerung stehen nicht genügend Medikamente zur Verfügung, da die Produktion noch sehr teuer ist. Verhandlungen mit Partnern in Südafrika, die die von Fluxpharm entwickelte Technologie zur Produktion von Efavirenz nutzen möchten, stehen kurz vor dem Abschluss. Die Zusammenarbeit mit weiteren Partnern zur weltweiten Produktion anderer Wirkstoffe wird derzeit ebenso verhandelt.
Das am Potsdamer Institut entwickelte Produktionsverfahren ist nicht ausschließlich auf Efavirenz zugeschnitten. Auch die Herstellung verschiedener anderer Wirkstoffe wie Lyrica, Gabapentin und Baclofen gegen Angststörungen, Epilepsie und spastische Lähmung wurde gezeigt. Der globale Umsatz alleine dieser drei Medikamente beträgt etwa fünf Milliarden Euro jährlich. Die Technologie verspricht also erhebliches Potenzial.
„Es ist wichtig, dass pharmazeutische Wirkstoffe den Menschen überall auf der Welt zugute kommen. Das von uns an Fluxpharm lizenzierte neue Verfahren kann die Produktionskosten von Medikamenten um 25 Prozent und mehr senken und stellt somit einen wertvollen Schritt in diese Richtung dar“, so Mareike Göritz, Patent- und Lizenzmanagerin bei Max-Planck-Innovation, der Technologietransfer-Organisation der Max-Planck-Gesellschaft.
MB/HR