Blaues Licht für flache Schirme
Mainzer Chemiker entwickeln besonders stabile, blau leuchtende Substanzen für organischen Dioden, die flache Monitore preiswerter und flexibel machen könnten
Ohne blaues Leuchten gibt es kein weißes Licht - zumindest nicht aus Leuchtdioden. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz haben nun zwei neue organische Verbindungen gefunden, die in sattem Blau leuchten. Mit Hilfe dieser Substanzen lassen sich organische Leuchtdioden für preiswerte Bildschirme herstellen, die besonders flach und flexibel sind. (Angewandte Chemie & Macromolecules)
Eine Glühbirne erstrahlt in vielen Farben, die sich zu weißem Licht summieren. Eine Leuchtdiode leuchtet hingegen nur in einer Farbe. Mit verschiedenen Tricks lassen sich aus den einfarbigen Dioden weiße Lampen bauen. Egal wie diese im Detail funktionieren, in ihnen stecken immer blau leuchtende Dioden. Künftig möchte die Elektronikindustrie solche Lichtquellen auch aus Kunststoffen herstellen, um sie in besonders flachen und möglicherweise biegsamen Bildschirmen einzusetzen. "Dafür fehlen bislang stabile organische Stoffe, die intensiv blau leuchten", sagt Martin Baumgarten, der nach solchen Substanzen am Max-Planck-Institut für Polymerforschung sucht. Mit Erfolg: Er und seine Mitarbeiter haben nun zwei sehr stabile Stoffe identifiziert, die sich als blau leuchtendes Diodenmaterial eignen.
Bei der einen Verbindung handelt es sich um das Dendrimer eines Polytriphenylen, dessen Aufbau einem Baum ähnelt: Im Inneren sitzt ein Kern, um den in vier Richtungen ausladende symmetrische Triphenylen-Äste wachsen. Je nachdem, wie die Mainzer Chemiker die Verbindung herstellen, verzweigen sich die Äste mal mehr und mal weniger. "Neu an diesen Dendrimeren ist, dass nicht nur der zentrale Kern blau leuchtet, sondern auch die Bausteine in den Verzweigungen", sagt Martin Baumgarten. Bislang dienten die molekularen Ästen vor allem dazu, den Kern abzuschirmen, damit dieser mit benachbarten Molekülen keine unerwünschten Wechselwirkungen eingehen kann. Diesen ungewollten Kontakt, der die blaue Leuchtkraft schwächt, verhindern die voluminösen Äste nun quasi beiläufig. Daher geben die Dendrimere effizient und zuverlässig blaues Licht ab.
Doch um einen solchen Molekülbaum zu züchten, ist einige chemische Kunstfertigkeit nötig: "Das ist schöne Chemie, erfordert aber mehrere Syntheseschritte", sagt Klaus Müllen, Direktor der Abteilung, in der Baumgarten forscht. Entsprechend groß ist der Aufwand. Daher schlagen die Forscher um Martin Baumgarten Polypyrenylen, ein kettenförmiges Molekül, als Alternative vor. Als blaue Leuchtelemente, die Chemiker sprechen von Chromophoren, reihen sich in dem Polymer Aromaten aneinander. Voluminöse Anhängsel sollen die Chromophore wiederum vor unerwünschtem Kontakt zur Umwelt schützen. Diese Kettenmoleküle lassen sich leicht in einem Schritt produzieren und leuchten blau, wenn auch nicht so kräftig wie die Dendrimere und bislang auch nur in gelöster Form.
Als Feststoff, den die Elektronikindustrie für Leuchtdioden braucht, leuchtet Polypyrenylen eher grünlich. "Da treten wahrscheinlich doch Wechselwirkungen zwischen den Molekülen auf und verschieben die Fluoreszenz ins Grüne", erklärt Martin Baumgarten. Er und seine Mitarbeiter verfolgen jedoch schon Ideen, um dagegen etwas zu tun. Sie mischen einen Feststoff aus dem leuchtenden Polymer und Polystyrol zusammen. Auf diese Weise schaffen sie Abstand zwischen den Polypyrenylen-Ketten und entlocken ihnen wieder mehr blaues Licht. "Das Emissionsspektrum ist zwar noch nicht optimal, wir sind aber zuversichtlich, dass wir dieses Problem bewältigen können", sagt Klaus Müllen.
Davon ist auch das Chemieunternehmen CIBA überzeugt - es entwickelt das Polypyrenylen bereits für Anwendungen weiter. Seit kurzem erforscht das Unternehmen gemeinsam mit den Mainzer Chemikern zudem ein Polytriphenylen, das nicht baumartig wächst, sondern ebenfalls in langen Ketten. "Welche Verbindung sich als blauer Emitter letztlich durchsetzen wird, ist aber noch offen", sagt Martin Baumgarten: "Möglicherweise sind die Dendrimere als Emitter so effizient, dass sich der höhere Aufwand bei der Herstellung lohnt." Ein Vorteil der Dendrimere ist jedenfalls, dass sich an jeder Verzweigung, also mit jedem Schritt der Synthese, andere Bestandteile einbauen und die Eigenschaften des Stoffes auf diese Weise verändern lassen.