Stärkung der Spitzenforschung europaweit

5. März 2013

Max-Planck-Präsident Peter Gruss ist in dieser Woche nach Tschechien und Ungarn gereist, um mit den dortigen Vertretern von Wissenschaft und Politik zu diskutieren, wie sich mit einem neuen Ansatz der Europäische Forschungsraum insgesamt stärken lässt.

Sowohl in Prag wie in Budapest traf der Präsident hochrangige Vertreter von Wissenschaftsorga­nisationen und Ministerien, um das Konzept Teaming Excellence zur Stärkung von Spitzenforschung in der EU zu diskutieren. Grundlage für die Gespräche ist ein Weißbuch, das die Max-Planck-Gesellschaft gemeinsam mit acht weiteren führenden europäischen Forschungsorganisationen erarbeitet hat. Es richtet sich an politische Entscheidungsträger, die derzeit auf EU-Ebene über die Ausgestaltung des künftigen EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation, Horizon 2020, verhandeln. Kern der Initiative ist, dass in heute noch forschungsschwächeren Regionen Europas Spitzenforschung etabliert wird. Ziel von möglichen Kooperationen der Max-Planck-Gesellschaft sind regionale Strukturen, die für hervorragende Wissenschaft ausbaufähig sind und die sich mit führenden Forschungseinrichtungen zusammenschließen und gemeinsam Centers of Excellence etablieren wollen. Diese sollen in unterschiedlichen Themenfeldern entstehen, damit das Potenzial von Spitzenforschung allen Regionen Europas zugutekommt. Die für den Aufbau nötige Infrastruktur – Investitionen, Betriebskosten und auch Personal – sollte dabei über EU-Strukturfonds finanziert werden. Horizon 2020 sollte hingegen ein Qualitätssiegel gewährleisten und die Möglichkeit einer gut ausgestatteten Anschubfinanzierung bieten.

Breitere Forschungsförderung ermöglichen

Ungarn wie Tschechien gehören zu jenen Ländern, die von einer solchen Initiative profitieren könnten. „Sowohl Ungarn wie Tschechien zählen zu jenen Staaten aus dem Kreis der jüngeren EU-Mitglieder, die vergleichsweise erfolgreich sind beim Einwerben von EU-Forschungsfördermitteln“, sagt Peter Gruss. Trotzdem gibt es zwischen West- und Osteuropa diesbezüglich nach wie vor ein deutliches Gefälle: Im Wettbewerb um die Grants des Europäischen Forschungsrates (ERC) liegen Wissenschaftler aus Großbritannien, Deutschland und Frankreich weit vorne. So konnten jene Mitgliedstaaten, die seit der EU-Ost-Erweiterung im Jahr 2004 beigetreten sind (EU-12), von den über 1.180 vergebenen Advanced Grants zur Förderung von Spitzenwissenschaftlern lediglich 24 einwerben. „Diese Zahlen zeigen, dass die EU-12 in den europäischen Forschungsprogrammen unterrepräsentiert sind“, betont Gruss. Gleichzeitig sei es entscheidend, dass die Grants des ERC ausschließlich nach Exzellenzkriterien vergeben werden. Das Konzept Teaming Excellence zeige nun einen Weg auf, beide Anliegen zu verbinden: „Durch gezielte Partnerschaften mit Wissenschaftlern aus bisher weniger forschungsintensiven Regionen Europas mit exzellenten Forschungseinrichtungen könnten unter Verwendung von EU-Strukturfondsmitteln und von Horizon 2020 Spitzenzentren etabliert werden, deren Wissenschaftler dann auch im Wettbewerb um die ERC-Grants erfolgreich sind. Damit würde die wissenschaftliche Exzellenz in den jeweiligen Ländern gestärkt – und weil es mehr Breite in der Spitze gibt, auch der Europäische Forschungsraum im globalen Wettbewerb der Forschungsräume“, betont Gruss.

In den Round-Table-Gesprächen in Prag am 4. März und in Budapest am 5. März hatte Gruss die Gelegenheit, die Meinung sowohl von Seiten der Vertreter der Wissenschaftsorganisationen als auch der Regierungsvertreter kennenzulernen als auch mögliche Anknüpfungspunkte zu identifizieren. „Wichtig ist ein offener Austausch. Teaming Excellence wird uns in Europa nur weiterbringen, wenn Win-Win-Situationen gesehen und konsequent angegangen werden. Kommt es zur konkreten Umsetzung, müssen Themenfelder identifiziert werden, in denen bereits Substanz für exzellente Forschung vorhanden ist. Und es braucht neben den Investitionen für den Aufbau auch eine nachhaltige Finanzierung des Betriebs“, so der Max-Planck-Präsident. Daher sind die regionalen Forschungspartner gut beraten, ihre jeweiligen Forschungsinteressen in enger Abstimmung mit ihren nationalen Regierungen abzustimmen, wie es die EU für künftige Strukturfondsförderung konzeptionell als sogenannte Smart Specialisation Strategie vorschreibt.

Max-Planck-Forscher bereits gut vernetzt

Wissenschaftler der Max-Planck-Gesellschaft sind bereits jetzt in zahlreiche Projekte mit Forschungseinrichtungen aus Mittel- und Osteuropa eingebunden. So bestehen beispielsweise in Ungarn und Tschechien jeweils über 60, in Polen mehr als 100 Kooperationen. Das Spektrum ist dabei weit gefächert. Es reicht vom reinen Austausch von Messdaten zur Erforschung des Klimawandels über langfristiger angelegte, gemeinsame Vorhaben mit Max-Planck-Partnergruppen bis hin zu größeren internationalen Kollaborationen, wie beispielsweise die Arbeit für den Teilchenbeschleuniger Large Hadron Collider (LHC) am CERN in Genf.

JE

Zur Redakteursansicht