Forschung im Takt

Rumänische Partnergruppe des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung in Frankfurt untersucht rhythmische Aktivität von Nervenzellen im Gehirn

4. März 2013

Für das menschliche Gehirn sind selbst einfache Objekte sehr kompliziert: Schon ein Bauklotz für Kinder besitzt eine bestimmte Farbe, Form und Oberflächenbeschaffenheit. Damit das Gehirn all diese Merkmale als zusammengehörig erkennen kann, müssen Nervenzellen in unterschiedlichen Gehirnregionen gemeinsam aktiv werden. Mit solchen Synchronisationen der Nervenzellaktivität beschäftigt sich ein Wissenschaftlerteam um Raul Muresan, der am Zentrum für Kognitive und Neuronale Studien in Cluj-Napoca, Rumänien, forscht. Er leitet eine Max-Planck-Partnergruppe, mit der hochtalentierte Nachwuchswissenschaftler im Ausland, die zuvor an einem MPI gearbeitet haben, gezielt gefördert werden. Muresan arbeitete zuvor bei Wolf Singer am Frankfurter Max-Planck-Institut und konnte seine Arbeit seit 2008 im Rahmen dieser internationalen Kooperation fortsetzen. Die Ergebnisse der gemeinsamen Forschung über Synchronisation und Oszillation von Nervenzellaktivitäten liegen nun vor.

Raul Muresan, ein früherer Mitarbeiter Singers in Frankfurt, forscht seit 2007 an dem Institut in Cluj-Napoca: „Die Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Hirnforschung ist eine enorme Bereicherung für unsere wissenschaftliche Arbeit. Meine Kollegen und ich verbringen regelmäßig längere Zeit in Frankfurt und tauschen Erfahrungen und Ergebnisse aus.“ Eine Kooperation, von der auch die Kollegen in Frankfurt profitieren: „Cluj-Napoca ist ein wichtiges Zentrum für Informatik in Osteuropa. Es gibt dort sehr wertvolle Expertise, die wir beispielsweise für die Entwicklung von Computersimulationen zu neuronalen Netzwerken im Gehirn nutzen können. Gleichzeitig wollen wir so die Forschungslandschaft in Rumänien stärken“, sagt Wolf Singer.

Das Team von Muresan interessiert sich zum einen für die Art und Weise, wie die Zellen ihre Aktivität aufeinander abstimmen. So sind Nervenzellnetzwerke  in der Sehrinde des Gehirns mit Frequenzen zwischen 20 und 80 Hertz aktiv. Diese Oszillationen entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel aus erregenden und hemmenden Zellen. Dabei spielen die elektrischen Eigenschaften der Zellmembran eine wichtige Rolle. Von ihnen hängt ab, ob eine Zelle sämtliche elektrischen Reize verarbeitet oder ob sie Reize mit einer bestimmten Frequenz bevorzugt. Für ihre Untersuchungen messen die Forscher mit Mikroelektroden die Aktivität vieler Nervenzellen gleichzeitig. Außerdem setzen sie Computersimulationen ein, um damit die ausgedehnten Nervenzellnetzwerke im Gehirn zu analysieren. 

Darüber hinaus messen die Forscher aus Rumänien zusammen mit ihren Frankfurter Kollegen die Hirnströme im menschlichen Gehirn. Aus den Elektroenzephalogrammen (EEG) können sie ablesen, ob die synchronisierte und oszillierende Aktivität der Nervenzellen an der bewussten Wahrnehmung von Objekten beteiligt ist. Dazu haben sie spezielle Experimente entwickelt, in denen sie Freiwilligen auf einem Bildschirm Objekte zeigen und deren Wahrnehmbarkeit verändern. Anschließend messen sie die Schwelle, ab der die Probanden das Objekt als solches erkennen. Außerdem zeichnen die Wissenschaftler die Veränderung in der Hirnaktivität auf, wenn ein Objekt plötzlich wahrnehmbar wird.

HR

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