Das Immunsystem in Aktion
Was auf den ersten Blick wie eine exotische Blüte aussieht, erzählt die Geschichte einer tückischen Krankheit, der Tuberkulose.
Text: Barbara Abrell
Ein weißes Blutkörperchen, das hier rot dargestellt ist, attackiert die – gelb kolorierten – Tuberkulosebakterien. Die Erreger werden von der Zellmembran der Fresszelle umschlossen, ins Innere gezogen und dort eingeschlossen – im Idealfall für immer. Doch Mycobacterium tuberculosis ist hart im Nehmen: Dank einer besonders widerstandsfähigen Hülle können die Bakterien in den Fresszellen jahrelang überleben und bei einer Schwächung des Immunsystems – sei es durch Krankheiten wie Aids oder auch durch das Alter – wieder freigesetzt werden.
Auch wenn Tuberkulose vor allem in Asien, Afrika sowie in den Staaten der früheren Sowjetunion grassiert, ist die Seuche auch in Europa und den USA wieder auf den Vormarsch. Der Grund hierfür sind multiresistente Keime, denen der gängige Impfstoff und die rund 20 Medikamente nichts anhaben können. Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation sterben durch die Infektionskrankheit jährlich rund zwei Milliarden Menschen.
Auch der einzige derzeit verfügbare Tuberkulose-Impfstoff, der Bacille Calmette-Guérin-Impfstoff (BCG), ist nun schon mehr als 90 Jahre alt. Er enthält abgeschwächte Mycobacterium bovis-Bakterien, die Erreger der Rinder-Tuberkulose, die auch auf den Menschen übertragbar ist. Eine Impfung mit BCG schützt in den meisten Fällen Kinder vor der Krankheit, nicht dagegen Erwachsene. Deshalb arbeiten Forschungslabore fieberhaft an einer Alternative. In der Pipeline sind derzeit zwölf in klinischen Studien getesteten Impfstoff-Kandidaten.
Auch Wissenschaftler um den Immunologen Stefan Kaufmann vom Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie einen verbesserten Impfstoff entwickelt, der auf dem BCG-Impfstoff basiert und genetisch veränderte Mycobacterium bovis-Bakterien enthält. Mit Hilfe eines eingebauten Gens können sie von den Zellen des Immunsystems besser erkannt werden. Erste klinische Studien der Phase-I zeigen, dass der Impfstoff den geforderten Sicherheitsanforderungen genügt und dass auch das Wirkprinzip greift. Der Impfstoff ist wieder „scharf“.
Bis ins 19. Jahrhundert wurde von Medizinern bezweifelt, dass es sich bei der Tuberkulose um eine bakterielle Infektionskrankheit handelt. Bis Robert Koch 1882 den Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis entdeckte. Neben Mycobacterium tuberculosis gibt es noch weitere Mycobakterien, die Tuberkulose verursachen können (z. B. M. bovis, M. africanum und M. microti). Die infektiösen Bakterien werden ausgehustet und gelangen in mikroskopisch kleinen Tröpfchen in die Lunge.
Verschiedene Arten von Immunzellen bilden Granulome, in denen die Tuberkulose-Bakterien Jahre überdauern können (latente Infektion). Solange das Immunsystem die Erreger auf diese Weise in Schach hält, merken die latent infizierten Betroffenen nichts davon. Sie sind auch nicht infektiös. Ein geschwächtes Immunsystem kann die Infektion jedoch nicht mehr kontrollieren und die Erreger werden aus den Granulomen frei gesetzt. Der Infizierte wird krank und verbreitet die Keime.
Insgesamt gibt es heute über 20 Medikamente zur Behandlung von Tuberkulose, die medikamentöse Behandlung ist jedoch sehr aufwändig. Die Patienten müssen zunächst zwei Monate lang einen Cocktail aus vier Medikamenten einnehmen, gefolgt von zwei weiteren Medikamenten über vier bis sieben Monate hinweg. Da dieses Schema oft nicht sorgfältig eingehalten oder vorzeitig abgebrochen wird, haben sich in den letzten Jahren immer mehr resistente Mycobacterium tuberculosis-Stämme entwickelt. Manche sind unempfindlich gegen die besten verfügbaren Medikamente und sprechen nur noch auf Wirkstoffe zweiter Wahl an, die jedoch stärkere Nebenwirkungen mit sich bringen. Andere können mit den verfügbaren Medikamenten nicht mehr behandelt werden.