Materie und Licht drehen Kreise um schwarzes Loch
Neue Messungen des Event Horizon Telescope bestätigen starke Magnetfelder um supermassereiches schwarzes Loch im Zentrum der Galaxie M87
Zum ersten Mal ist es gelungen, die Spiralform des drehenden Lichts zu messen, das vom Rand eines supermassereichen Schwarzen Lochs entweicht. Diese Ergebnisse hat die Kollaboration des Event Horizon Telescopes kürzlich veröffentlicht. Diese sogenannte zirkulare Polarisation ist eine Folge der Rotation der Schwingungsrichtung des elektrischen Feldes in den Radiowellen. Auf seiner Reise bringt das Radiolicht Informationen über die Magnetfeld-Struktur und die Zusammensetzung der energetischen Teilchen nahe dem Schwarzen Loch mit sich. Die neue Arbeit, die heute in der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters veröffentlicht wurde, unterstützt frühere Erkenntnisse des Event Horizon Teleskopes bezüglich eines rotierenden Magnetfeldes, das stark genug ist das schwarze Loch in der Galaxie M87 zeitweise daran zu hindern, Materie zu “verschlucken”.
Die Studie untersucht die zirkulare Polarisation um das schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie M87. „Da der zirkular polarisierte Anteil des Lichts relativ schwach ist, war es besonders schwierig dieses Signal zu extrahieren”, sagt Andrew Chael. Diese neuen Ergebnisse bestätigen ein starkes Magnetfeld, welches das heiße Gas um das schwarze Loch durchdringt. Die Beobachtungen des Event Horizon Telescope (EHT) helfen daher auch zu verstehen, wie schwarze Löcher Materie aufsaugen und gleichzeitig energiereiche Jets ausstoßen, die weit aus der Galaxie hinausreichen können, in der sich das schwarze Loch befindet.
Im Jahr 2019 hat das EHT zum ersten Mal ein Bild eines glühenden Rings aus heißem Plasma um das zentrale schwarze Loch in M87 abgebildet. Im Jahr 2021 folge ein weiteres Bild, das die Ausrichtung der elektrischen Felder des Lichts zeigt, also den linear polarisierten Anteil des Lichts, das dem Plasmaring entspringt. Diese lineare Polarisation deutet auf die Existenz geordneter und starker Magnetfelder in der Nähe des Ereignishorizonts des schwarzen Lochs hin. "Unsere neuen Messungen des zirkular polarisierten Lichts liefern eine noch überzeugendere Bestätigung für die Existenz dieser starken Magnetfelder", sagt Eduardo Ros.
„Als würde man versuchen ein Gespräch neben einem Presslufthammer zu verfolgen“
"Der zirkular polarisierte Anteil des Lichts ist etwa 100 Mal schwächer als die unpolarisierte Strahlung, die wir für das erste Bild des Schwarzen Lochs verwendet haben", erklärt Ioannis Myserlis. "Dieses schwache Signal in den Daten zu finden war, als würde man versuchen, ein Gespräch neben einem Presslufthammer zu verfolgen.“ Um dieses schwache Signal in den verrauschten EHT Daten zu isolieren, brauchte es genaue Analyseverfahren. "Es war entscheidend, unsere verschiedenen Analysemethoden gegen simulierte Daten und gegeneinander zu testen", sagt Freek Roelofs. Leider waren die Messungen von EHT nicht empfindlich genug und das zirkular polarisierte Licht zu schwach, um daraus ein Bild zu erstellen.
Simulationen helfen die Messungen zu verstehen
Dass der zirkular polarisierte Anteil des Lichts auf ein starkes Magnetfeld hindeutet, zeigen Studien des EHT-Teams. Sie haben verschiedene Formen von Magnetfeldern und das Verhalten des Plasmas in Anwesenheit dieser Felder in der Umgebung schwarzer Löcher untersucht. Da solche Berechnungen sehr aufwändig sind, kam auch ein Supercomputer zum Einsatz. Die kombinierte Analyse von Simulationen und Beobachtungen zeigt eine turbulente und dynamische Umgebung nahe dem Ereignishorizont des schwarzen Lochs. In dieser Region kommt es zu heftigen Wechselwirkungen zwischen starken Magnetfeldern, dem heißen Plasma und der Schwerkraft. Die Simulationen bestätigen auch, dass diese Magnetfelder eine beträchtliche Kraft auf die in das schwarze Loch fallende Materie ausüben und damit die Bildung von energiereichen Plasmajets begünstigen, die Materie in einem engen Schlauch vom Zentralbereich der Galaxie M87 weg auf beinahe Lichtgeschwindigkeit beschleunigen.
"Obwohl die EHT-Daten von 2017 nicht empfindlich genug sind, um alle Details in der Struktur der zirkularen Polarisation um das Schwarze Loch zu enthüllen, sind wir optimistisch", sagt Thomas Kriechbaum. "Unsere laufende Analyse neuerer und besserer EHT-Datensätze verspricht, dass wir dieses Signal bald genauer messen können. Das würde uns Aufschluss darüber geben, ob Materie-Antimaterie-Paare im Plasma am Ereignishorizont vorkommen und welche Mechanismen sie auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigen", schließt er.
Unter den teilnehmenden Teleskopen in der Messung befindet sich auch das vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie gebaute und betriebene Radioteleskop Apex in Chile. "Die Arbeit an diesen Beobachtungen war eine große Herausforderung, aber sie hat uns auf die spannenden Perspektiven vorbereitet, die noch vor uns liegen", ergänzt Anton Zensus. "Das EHT erlebt derzeit eine rasante Expansion mit neuen Teleskopen und verbesserter Technik an allen Observatorien."
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An der EHT-Kollaboration sind mehr als 300 Forschende aus Afrika, Asien, Europa sowie Nord- und Südamerika beteiligt. Die internationale Kollaboration arbeitet daran, die detailliertesten Bilder von Schwarzen Löchern zu erfassen, die je gemacht wurden, indem sie ein virtuelles Teleskop in Erdgröße erzeugt. Unterstützt durch beträchtliche internationale Investitionen verknüpft das EHT bestehende Teleskope mit neuartigen Systemen und schafft so ein grundlegend neues Instrument mit dem höchsten bisher erreichten Winkelauflösungsvermögen.
Die einzelnen beteiligten Teleskope sind: ALMA, APEX, das IRAM 30-Meter-Teleskop, das IRAM NOEMA Observatorium, das James Clerk Maxwell Teleskop (JCMT), das Large Millimeter Telescope (LMT), das Submillimeter Array (SMA), das Submillimeter Teleskop (SMT), das South Pole Telescope (SPT), das Kitt Peak Teleskop und das Greenland Telescope (GLT).
Das EHT-Konsortium besteht aus 13 beteiligten Instituten: dem Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics, der University of Arizona, der University of Chicago, dem East Asian Observatory, der Goethe-Universität Frankfurt, dem Institut de Radioastronomie Millimétrique, dem Large Millimeter Telescope, dem Max-Planck-Institut für Radioastronomie, dem MIT Haystack Observatory, dem National Astronomical Observatory of Japan, dem Perimeter Institute for Theoretical Physics, der Radboud University und dem Smithsonian Astrophysical Observatory.