Made in Germany and big in Japan

Hochempfindlicher Detektor auf den Spuren des Ungleichgewichts zwischen Materie und Antimaterie im Universum
 

Der Pixel Vertex Detektor (PXD) bildet mit der Größe von gerade einmal einer Coladose die innerste Detektorlage des internationalen Belle II-Experiments. Jetzt wurde er an seinem Bestimmungsort, dem SuperKEKB Elektron-Positron Beschleuniger in Japan, installiert. Das ultrasensitive Gerät wurde an den deutschen Belle II-Instituten entwickelt, allen voran am Max-Planck-Institut für Physik, am Max Planck-Halbleiterlabor und am Deutschen Elektron-Synchrotron (Desy). Der kleine PXD ist speziell für das Aufspüren bestimmter Teilchenzerfälle konzipiert, die Licht in das große Rätsel um das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie im Universum bringen sollen.

Der Pixel-Vertex-Detektor (PXD) umgibt das Strahlrohr und liegt nur 1,4 Zentimeter vom Kollisionspunkt (Vertex) entfernt. Damit lässt sich der genaue Zerfallsort kurzlebiger Teilchen akkurat bestimmen. Der PXD besteht aus 20 Pixeldetektoren – 75 Mikrometer dünnen Siliziummodulen, die lediglich so dick sind wie ein menschliches Haar. Der neue Detektor basiert auf der am Max Planck-Halbleiterlabor entwickelten Depfet-Technologie. Sie liefert bis zu 50,000 hochaufgelöste Bilder pro Sekunde. Aufgezeichnet werden Zerfallsprodukte von B-Mesonen, die entstehen, wenn Elektronen und Positronen im SuperKEKB-Beschleuniger kollidieren.

Das B-Mesonen System ist ein ideales Versuchsfeld um die fundamentalen Symmetrien der Natur zu studieren: Die Verletzung der CP-Symmetrie (Paritäts-Ladungssymmetrie) ist eine von drei Bedingungen, die erfüllt sein müssen um zu erklären, warum unser heutiges Universum fast vollständig aus Materie besteht. Die hohe Präzision des Belle II-Detektors bietet in Kombination mit der statistischen Genauigkeit der Elektron-Positron-Kollisionen am SuperKEKB beste Voraussetzungen, die CP-Verletzung und andere interessante Phänomene in bisher unerreichtem Detail zu untersuchen.

„Wir sind sehr stolz darauf, dass die Münchner Gruppen wesentliche Teile des Detektorkonzepts und der Entwicklung beigesteuert haben“, sagt Hans-Günther Moser, Leiter der Belle II-Gruppe am Max-Planck-Institut für Physik. „Mithilfe der Depfet-Technologie kommen im Belle II-Experiment hochkomplexe und ultrasensitive Sensoren zum Einsatz, die auch in Satellitenexperimenten eingesetzt werden. Diese Technologie unterstreicht die weltweit einzigartige Kompetenz des Halbleiterlabors für Strahlungsdetektoren.“

Ein Detektor fliegt Business Class

Bereits 2018 wurde eine erste, noch unvollständige Version des PXD im Belle II Detektor installiert und hat bereits wertvolle Resultate geliefert. Aber erst die neue und vollständige Version ist in der Lage mit der hohen Kollisionsrate von Elektronen und Positronen umzugehen, die in den nächsten Jahren im SuperKEKB erreicht werden soll. Der Transport nach Japan war aufwendig: Zunächst musste der empfindliche Detektor über normale Verkehrsstraßen von seinem Montageort am Max-Planck-Institut für Physik in München zum Desy überführt werden, um dort kritische Funktionsprüfungen und Optimierungen der Detektorparameter vornehmen zu können.

Nach der erfolgreichen Testphase, wurde der neu montierte Detektor auf seine nächste Reise geschickt – dieses Mal viele tausende Kilometer nach Japan. Die Flugreise wartete mit neuen Herausforderungen auf. Um die Risiken von Turbulenzen zu minimieren und Vibrationen gering zu halten, wurde der Detektor von dem Team speziell verpackt. Der PXD reiste in der Business Class und bekam so genug Platz auf einem eigenen Sitz, während das Team ihn die ganze Reise über ‚Babysitten‘ konnte.

Der frisch eingebaute Detektor soll Anfang 2024 mit der Datennahme beginnen. An der Gestaltung und Konstruktion des PXD waren das Desy, das Max-Planck-Institut für Physik und das Max Planck Halbleiterlabor, beide in München, die Ludwig Maximilians Universität München, die Technische Universität München, die Universität Bonn, die Universität Gießen, Die Universität Göttingen, die Universität Mainz und das Karlsruher Institut für Technologie beteiligt.

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