Neuartiges Objekt im Sternbild Schild

Bei dem Stern könnte es sich um einen Magnetar mit bislang nicht zu erklärenden Eigenschaften handeln

Eine neue Art von stellarem Objekt könnte das Verständnis von Neutronensternen in Frage stellen. Ein internationales Team, an dem auch Forschende  des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn beteiligt waren, hat im Sternbild Schild (Scutum) einen Himmelskörper entdeckt, bei dem es sich um einen ultralangperiodischen Magnetar handeln könnte, eine seltene Art von Stern mit extrem starken Magnetfeldern, die gewaltige Energieausbrüche erzeugen können. Alle bis dato bekannten Magnetare setzen Energie in Intervallen von einigen Sekunden bis zu einigen Minuten frei. Das neu entdeckte Objekt sendet alle 21 Minuten Radiowellen aus und wäre damit der Magnetar mit der längsten Periode, der je entdeckt wurde.

Manche Neutronensterne besitzen Magnetfelder, die mehr als eine Milliarde Mal stärker sind als die stärksten auf der Erde erzeugten Magnetfelder. Ein ungewöhnliches Exemplar eines solchen Magnetars könnte nun ein internationales Team unter der Leitung von Natasha Hurley-Walker von der Curtin-Universität und dem „International Centre for Radio Astronomy Research in Australien entdeckt haben. Die Forschenden beobachteten den neuartigen Stern mit dem „Murchison Widefield Array“ (MWA) in Westaustralien in 15.000 Lichtjahren Entfernung in Richtung des Sternbilds Schild und nannten es GPM J1839-10. Falls es sich tatsächlich um einen Magentar handelt sollte, wäre es erst der zweite bislang bekannte Stern dieses Typs mit extrem langer Rotationsperiode. Das Objekt, das als rätselhaft und vorübergehend beschrieben wird, taucht in regelmäßigen Abständen in den Beobachtungen auf, sendet dreimal pro Stunde starke Energiestrahlen aus und verschwindet wieder.

„Dieses bemerkenswerte Objekt stellt unser Verständnis von Neutronensternen und Magnetaren in Frage, die zu den exotischsten und extremsten Objekten im Universum gehören“, sagt Natasha Hurley-Walker. „Das erste dieser rätselhaften transienten Objekte hat uns überrascht. Wir waren verblüfft und begannen, nach ähnlichen Objekten zu suchen, um herauszufinden, ob es sich um ein isoliertes Ereignis oder lediglich um die Spitze des Eisbergs handelt.“

Fünfminütige Energiestöße

Beim Abscannen des Himmels mit dem MWA-Teleskop entdeckte das Team bald GPM J1839-10. Das Objekt sendet Energiestöße aus, die bis zu fünf Minuten dauern, fünfmal länger als beim ersten dieser Objekte. Anschließende Beobachtungen mit anderen Teleskopen bestätigten die Entdeckung und lieferten Details über die einzigartigen Eigenschaften des Magnetars.

„GPM J1839-10 ist eine ziemlich faszinierende Quelle, die sich scheinbar zu langsam dreht, um ein typischer Radiopulsar zu sein, aber auch zu stabil strahlt, um ein Radiomagnetar zu sein. Um die wahre Natur dieser Quelle zu verstehen, haben wir das Signal alle paar Millisekunden mit den von unserem Team entwickelten hochauflösenden Instrumenten zur Suche nach Pulsaren und schnellen Transienten abgetastet“, fügt Ewan Barr vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie hinzu, ein Mitautor der Veröffentlichung. „Die Beobachtungen zeigten eine feine Puls-Substruktur, die quasi-periodische Schwingungen aufweist. Ob diese eine intrinsische Eigenschaft der Quelle oder ihrer Umgebung sind, muss noch geklärt werden.“

Ein Magnetar, den es eigentlich nicht geben dürfte

Das Team hat auch damit begonnen, die Beobachtungsarchive der wichtigsten Radioteleskope der Welt nach weiteren Informationen zu dieser Quelle zu durchsuchen. „Der Magnetar tauchte in Beobachtungen des „Giant Metre wave Radio Telescope“ in Indien auf, und das „Very Large Array“ in den USA hatte Beobachtungen, die bis ins Jahr 1988 zurückreichen“, erklärt Natasha Hurley-Walker. „Das war ein ganz unglaublicher Moment für mich. Ich war fünf Jahre alt, als unsere Teleskope zum ersten Mal Pulse von diesem Objekt aufzeichneten, aber niemand bemerkte es, und es blieb 33 Jahre lang in den Daten verborgen.“

Nicht alle Magnetare erzeugen Radiowellen. Einige liegen unterhalb der so genannten Todeslinie, einer kritischen Schwelle, unterhalb derer die Neutronensterne zu langsam rotieren, beziehungsweise ihr Magnetfeld zu schwach ist, um Radiowellen zu erzeugen. Die langen Intervalle, in denen GPM J1839-10 Radiowellen aussendet, zeigen, dass er sich sehr langsam dreht – so langsam sogar, dass er eigentlich keine Radiopulse erzeugen dürfte, zumindest nicht nach dem Mechanismus, der dafür bei Magnetaren üblicherweise vermutet wird. Da von GPM J1839-10 aber seit 33 Jahren regelmäßige Radiowellenpulse beobachtet werden, wie die Analyse der älteren Radiodaten zeigen, muss er das nach einem anderen Mechanismus tun. Welcher das auch sein mag, es muss ein außergewöhnlicher sein. Die Entdeckung hat somit Auswirkungen auf das Verständnis der Physik von Neutronensternen und des Verhaltens von Magnetfeldern in extremen Umgebungen. Sie wirft auch neue Fragen über die Entstehung und Entwicklung von Magnetaren auf und könnte Licht in den Ursprung rätselhafter Phänomene wie schneller Radiobursts bringen.

Das Forscherteam plant weitere Beobachtungen des Magnetars, um mehr über seine Eigenschaften und sein Verhalten zu erfahren. Sie hoffen, in Zukunft noch weitere Magnetare mit extrem langer Periode zu entdecken, die dazu beitragen könnten, das Verständnis dieser faszinierenden und rätselhaften Objekte zu verfeinern.

 

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