Kohlendioxid in der Atmosphäre eines Exoplaneten

Das James-Webb-Teleskop ermöglicht Einblicke in die Zusammensetzung und Entstehung von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems

Mit Hilfe des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) hat ein internationales Team von Astronomen, darunter Laura Kreidberg vom Max-Planck-Institut für Astronomie, Infrarotlicht gemessen, das durch die Atmosphäre eines heißen Gasriesen in 700 Lichtjahren Entfernung gefiltert wurde. Das Transmissionsspektrum des Exoplaneten WASP-39 b ist ein Dreiklang von Neuerungen: Die erste offizielle wissenschaftliche Beobachtung eines Exoplaneten durch Webb, das erste detaillierte Spektrum eines Exoplaneten, das diesen Bereich der Nahinfrarotfarben abdeckt und der erste unbestreitbare Nachweis von Kohlendioxid in der Atmosphäre eines Planeten, der einen fernen Stern umkreist. Die Ergebnisse zeigen, dass Webb in der Lage ist, Schlüsselmoleküle wie Kohlendioxid auf einer Vielzahl von Exoplaneten aufzuspüren - auch auf kleineren und kühleren Gesteinsplaneten - und damit Einblicke in die Zusammensetzung, Entstehung und Entwicklung von Planeten in der gesamten Galaxie zu gewinnen.

Das James Webb Weltraumteleskop (JWST), das von der Nasa, der Esa und der CSA betrieben wird, hat den ersten eindeutigen Nachweis für Kohlendioxid in der Atmosphäre eines Planeten außerhalb des Sonnensystems erbracht. Diese Beobachtung eines Gasriesenplaneten, der einen 700 Lichtjahre entfernten sonnenähnlichen Stern umkreist, liefert wichtige Erkenntnisse über die Zusammensetzung und Entstehung des Planeten. Das Ergebnis, das zur Veröffentlichung in der Zeitschrift Nature akzeptiert ist, ist auch ein Hinweis auf die einzigartige Fähigkeit von Webb, Kohlendioxid in den dünneren Atmosphären kleinerer Gesteinsplaneten zu entdecken und zu messen.

WASP-39 b ist ein heißer Gasriese mit einer Masse von etwa einem Viertel der des Jupiters (etwa so viel wie Saturn) und einem 1,3-mal größeren Durchmesser als Jupiter. Seine extreme Ausdehnung hängt teilweise mit seiner hohen Temperatur zusammen (etwa 900° Celsius oder 1170 Kelvin). Im Gegensatz zu den kühleren, kompakteren Gasriesen in unserem Sonnensystem umkreist WASP-39 b seinen Stern in unmittelbarer Nähe - nur etwa ein Achtel der Entfernung zwischen Sonne und Merkur - und vollendet einen Umlauf in etwas mehr als vier Erdtagen. Die Entdeckung des Planeten, über die bereits 2011 berichtet wurde, basierte auf bodengestützten Entdeckungen des schwachen, periodischen Abdunkelns des Sternenlichts, wenn der Planet einen Transit vor dem Stern vollzieht, also vor ihm vorbeizieht.

Frühere Beobachtungen durch andere Teleskope, darunter die Weltraumteleskope Hubble und Spitzer, wiesen Wasserdampf, Natrium und Kalium in der Atmosphäre des Planeten nach. Die unübertroffene Infrarotempfindlichkeit des JWST hat nun auch das Vorkommen von Kohlendioxid auf diesem Planeten bestätigt.

Gefiltertes Sternenlicht

Transitplaneten wie WASP-39 b, deren Umlaufbahnen wir nicht von oben, sondern von der Seite beobachten, bieten Astronominnen und Astronomen ideale Möglichkeiten, die Planetenatmosphäre zu untersuchen. Während des Transits verdeckt der Planet einen Teil des Sternenlichts, was zu einer generellen Verdunkelung führt. Ein kleinerer Teil des Lichts passiert die Atmosphäre des Planeten.

Da verschiedene Gase unterschiedliche Kombinationen von Farben absorbieren, können Forscherinnen und Forscher kleine Helligkeitsunterschiede des durchgelassenen Lichts über ein Spektrum von Wellenlängen analysieren, um genau zu bestimmen, woraus eine Atmosphäre besteht. Die Kombination aus aufgeblähter Atmosphäre und häufigen Transits macht WASP-39 b zu einem idealen Ziel für die Transmissionsspektroskopie.

Erster eindeutiger Nachweis von Kohlendioxid

Das Forschungsteam hat für seine Beobachtungen von WASP-39b den Near-Infrared Spectrograph (NIRSpec) des Teleskops James Webb verwendet. Als Mitglied eines europäischen Konsortiums lieferte das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg die Mechanismen der Filter- und Gitterräder, die NIRSpec zur Aufspaltung des Lichts in Wellenlängen verwendet. Im resultierenden Spektrum der Atmosphäre des Exoplaneten ist der geringe Helligkeitsanstieg zwischen 4,1 und 4,6 Mikrometern für Exoplanetenforscher alles andere als unbedeutend. Es ist der erste klare, detaillierte und unbestreitbare Nachweis von Kohlendioxid, der jemals auf einem Planeten außerhalb des Sonnensystems entdeckt wurde.

„Als die Daten auf meinem Bildschirm erschienen, hat mich das riesige Kohlendioxid-Signal sofort begeistert“, sagt Zafar Rustamkulov, Doktorand an der Johns Hopkins University in Baltimore, USA, und Mitglied des Transit-Exoplaneten-Teams. „Es war ein besonderer Moment, der eine wichtige Schwelle in der Exoplanetenforschung überschreitet.“

Kein Observatorium hat jemals zuvor so feine Helligkeitsunterschiede zwischen so vielen einzelnen Farben im Bereich von 3 bis 5,5 Mikrometern in einem Transmissionsspektrum eines Exoplaneten gemessen. Der Zugang zu diesem Teil des Spektrums ist entscheidend für die Messung der Häufigkeit von Gasen wie Wasser, Methan und Kohlendioxid, die Astronomen auf vielen verschiedenen Exoplaneten vermuten.

„Die Entdeckung eines so deutlichen Signals von Kohlendioxid auf WASP-39 ist ein gutes Zeichen für die Entdeckung von Atmosphären auf kleineren, erdgroßen Planeten“, sagt Natalie Batalha von der University of California in Santa Cruz, USA, die das Team leitet. Die Zusammensetzung der Atmosphäre eines Planeten zu verstehen ist wichtig, weil sie uns etwas über den Ursprung des Planeten und seine Entwicklung verrät. Kohlendioxidmoleküle sind empfindliche Indikatoren für die Geschichte der Planetenentstehung. Wissenschaftler können ermitteln, wie viel festes und wie viel gasförmiges Material diesem Gasriesenplaneten während seiner Entstehung zugeführt wurde.

„Dieser eindeutige Nachweis von CO2 ist ein wichtiger Meilenstein für die Charakterisierung der Atmosphäre von Exoplaneten“, erklärt Laura Kreidberg, Direktorin am Max-Planck-Institut für Astronomie. „CO2 ist ein wichtiger Indikator für die Entstehungsgeschichte von Planeten: Es hilft uns, das komplette Kohlenstoff- und Sauerstoffinventar der Atmosphäre zu messen, das sehr empfindlich auf die Bedingungen in der Scheibe reagiert, in der der Planet entstanden ist.“ Mit Hilfe der CO2-Messung können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Beispiel den ursprünglichen Entstehungsort des Planeten, die Eigenschaften der eingebrachten Feststoffe und Gase sowie die spätere Wanderung des Planeten besser eingrenzen.

Early Release Science

Die NIRSpec-Beobachtung von WASP-39 b ist nur ein Teil einer umfassenderen Untersuchung. Sie umfasst die Beobachtung des Planeten mit mehreren Instrumenten und die Messung von zwei anderen Transitplaneten. Die Studie, die Teil des Early Release Science (ERS)-Programms ist, wurde entwickelt, um der Exoplaneten-Forschungsgemeinschaft so schnell wie möglich robuste Webb-Daten zur Verfügung zu stellen.

„Das Ziel ist es, die Early Release Science-Beobachtungen schnell zu analysieren und quelloffene Werkzeuge zu entwickeln, die die Wissenschaftsgemeinschaft nutzen kann“, erklärt Vivien Parmentier von der Universität Oxford, Großbritannien. „Das ermöglicht Beiträge aus der ganzen Welt und stellt sicher, dass die bestmögliche Wissenschaft aus den kommenden Jahrzehnten der Beobachtungen hervorgeht.“

„Es freut mich sehr, dass wir im Rahmen des Early Release Science Programms des JWST den endgültigen Nachweis von Kohlendioxid auf dem heißen Jupiter erbringen konnten. Das Teleskop hat von Anfang an spektakuläre Ergebnisse versprochen, und die hat es nun auch geliefert“, sagt Laura Kreidberg. „Die Exoplaneten-Gemeinschaft sucht schon seit Jahrzehnten nach der Signatur von Kohlendioxid. Mit den außergewöhnlichen neuen Fähigkeiten von JWST wird es möglich sein, Kohlendioxid sowohl auf heißen Jupitern als auch auf kleineren, kühleren Planeten, die unserer Erde ähneln, routinemäßig nachzuweisen. Ich bin stolz auf das Forschungsteam aus Hunderten von Astronominnen und Astronomen, die seit über fünf Jahren zusammenarbeiten, um von Anfang an das Beste aus dem JWST herauszuholen“, so Kreidberg abschließend.

Weitere Informationen

Das Team besteht aus 131 Astronominnen und Astronomen von 81 Forschungseinrichtungen. Vom Max-Planck-Institut für Astronomie sind beteiligt: Laura Kreidberg, Thomas Henning, Luigi Mancini, Thomas Mikal-Evans, Karan Molaverdikhani, Maria E. Steinrück und Sebastian Zieba.

Diese Pressemitteilung ist eine Adaption des Originals des Space Telescope Science Institute (STScI).

MN

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