Zoom ins dunkle Herz von Centaurus A

Mit dem Event Horizon Telescope gelingt eine Nahaufnahme der nächstgelegenen Radiogalaxie

Der Zentaur gehört zu den bekanntesten Sternbildern am Südhimmel. In dieser Konstellation schimmert die Radiogalaxie Centaurus A, die sich bereits im Fernglas als schwaches Nebelfleckchen zeigt. Wie in den meisten Milchstraßen sitzt auch in Centaurus A ein supermassereiches schwarzes Loch. Mit dem Event Horizon Telescope (EHT) haben sich Forschende nun ins Herz dieser etwa 13 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie gezoomt. Dabei bestimmte das Team nicht nur präzise die Position des schwarzen Lochs, sondern beobachtete auch einen gigantischen Jet, der dort seinen Ursprung hat. Dieser gebündelte Gasstrom scheint nur an seinen äußeren Rändern Strahlung auszusenden - was theoretische Modelle infrage stellt.

Centaurus A leuchtet im Radiobereich als sehr großes und helles Objekt am irdischen Firmament. Die Galaxie mit der Katalognummer NGC 5128 wurde im Jahr 1949 als eine der ersten extragalaktischen Radioquellen identifiziert. Seitdem haben sie die Astronominnen und Astronomen im gesamten elektromagnetischen Spektrum ausgiebig erforscht, also nicht nur im optischen Licht und bei Radiowellen, sondern auch mit Infrarot-, Röntgen- und Gammastrahlen-Teleskopen.

In Centaurus A verbirgt sich ein schwarzes Loch mit der 55-millionenfachen Masse der Sonne. Im Vergleich dazu besitzt die Schwerkraftfalle im Zentrum der Milchstraße gut vier Millionen und das schwarze Loch in der elliptischen Riesengalaxie M 87 etwa sechseinhalb Milliarden Sonnenmassen. Letzteres hatte das Event Horizon Telescope im April 2017 unter die Lupe genommen; das zwei Jahre später veröffentlichte Bild vom Schatten dieses schwarzen Lochs schrieb ein Stück Wissenschaftsgeschichte.

Im Jahr 2017 sammelten die acht über den Globus verteilten Antennen des EHT auch noch Daten von Centaurus A. Nach der aufwendigen Analyse erscheint die Kernregion der Galaxie jetzt in vorher nicht erreichter Detailauflösung. „Dies erlaubt uns zum ersten Mal, einen extragalaktischen Radiojet auf Skalen zu untersuchen, die kleiner sind als die Entfernung, die das Licht an einem Tag zurücklegt“, sagt der Teamleiter Michael Janssen vom Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie und der Radboud-Universität Nijmegen. „Wir sehen hautnah, wie ein gewaltiger Jet geboren wird, der einem supermassereichen schwarzen Loch entspringt.“

Centaurus A war schon einmal gründlich durchleuchtet worden: Bei einer Wellenlänge von einem Millimeter beobachteten im Januar 2015 gleichzeitig das Apex- sowie das Radioteleskop am Südpol. „Diese bahnbrechenden Messungen, aus denen wir die Kompaktheit des Kerns abschätzen konnten, haben den Weg zu dem Bild geebnet, das wir nun mit dem Einsatz des kompletten EHT-Netzwerks gewonnen haben“, sagt Eduardo Ros vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie.

Hinsichtlich der Schärfe übertrifft die Messung mit dem EHT bei 1,3 Millimeter Wellenlänge alle bisherigen Beobachtungen um ein Vielfaches. So erscheint der Ursprung des Jets nahe dem schwarzen Loch unter einem Winkel, unter dem wir einen Apfel auf dem Mond sehen würden. Das entspricht einem Vergrößerungsfaktor von einer Milliarde. Möglich macht das ein besonderes Verfahren, die sogenannte Very Long Baseline Interferometry (VLBI). Dabei werden die Signale, welche die verschiedenen Observatorien von ein- und demselben Objekt zeitgleich empfangen, überlagert. Das Auflösungsvermögen einer solchen „virtuellen Antenne“ gleicht der eines Radioteleskops von Erdgröße.

Supermassereiche schwarze Löcher, die sich in den Zentren von aktiven Galaxien wie Centaurus A befinden, üben auf ihre Umgebung eine nahezu unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Sie ernähren sich von Gas und Staub und setzen während der „Mahlzeit“ gewaltige Mengen an Energie frei. Der größte Teil jener Materie, die sich nahe dem Rand eines schwarzen Lochs befindet, fällt in den kosmischen Schlund. Einige der umgebenden Teilchen entkommen jedoch kurz vor dem Einfangen. Dabei entstehen sogenannte Jets, deren Mechanismus immer noch Rätsel aufgibt.

Zwar versuchen Forschende mit unterschiedlichen Modellen zu erklären, wie genau sich Materie nahe einem schwarzen Loch verhält. Aber wie werden die Jets aus den galaktischen Zentren gestartet? Und wie können sie sich über viele Tausend Lichtjahre hinaus ins All erstrecken und dabei ihre Wirtsgalaxien an Größe weit übertreffen? Das EHT soll helfen, diese Fragen zu beantworten.

So zeigt das neue Bild, dass der im Innern von Centaurus A entspringende Jet an den Rändern heller ist als im Zentrum. Dieses Phänomen kennen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von anderen Jets, es wurde aber noch nie derart deutlich beobachtet. „Mit diesem auffälligen Merkmal können wir nun alle theoretischen Jetmodelle ausschließen, aus denen sich keine solche Randaufhellung ergibt“, sagt Matthias Kadler, Astrophysiker an der Universität Würzburg.

Zudem haben die EHT-Messungen die wahrscheinliche Position des schwarzen Lochs am Startpunkt des Jets identifiziert. Basierend auf dieser Erkenntnis prophezeien die Forschenden, dass es mit zukünftigen Beobachtungen bei noch kürzerer Wellenlänge und höherer Detailauflösung gelingen wird, das schwarze Loch im Herzen von Centaurus A abzubilden – analog jenem in der Riesengalaxie M 87.

„Das EHT ermöglicht uns nicht allein einen Blick auf die Schatten von schwarzen Löchern, es untersucht auch den Ursprung der riesigen Materiejets in Galaxien“, sagt Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie und Gründungsvorstand der EHT-Kollaboration. „In den Jets, die aus der direkten Umgebung des schwarzen Lochs hervorgehen, wirken Relativität und Magnetfelder zusammen.“

Laut Zensus wird sich die Forschung mit dem Event Horizon Telescope jetzt verstärkt auf die Magnetfelder in den Herzen von Radiogalaxien und Quasaren – junge, aktive Sternsysteme – konzentrieren. „Ich bin sicher, dass wir die dafür nötigen verbesserten Methoden zur Auswertung der neuen Beobachtungen bald beherrschen werden.“

HOR / NJ

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