Ein Gasriese mit interessanter Atmosphäre

In der Hülle eines 300 Lichtjahre entfernten Exoplaneten gelingt die erste Messung von Kohlenstoff-13

Mehr als 4600 Planeten bei fernen Sternen sind bisher bekannt. Viele dieser Himmelskörper besitzen mehr oder weniger dichte Gashüllen ähnlich der Erde. Nun haben Forschende, unter anderem aus dem Max-Planck-Institut für Astronomie, erstmals verschiedene Formen von Kohlenstoff in der Atmosphäre eines Exoplaneten mit der Bezeichnung TYC 8998-760-1 b nachgewiesen. Seine Beobachtung mit dem Very Large Telescope der ESO in Chile ergab einen relativ hohen Anteil an Kohlenstoff-13. Dies deutet darauf hin, dass sich der rund 300 Lichtjahre entfernte Gasriese im Sternbild Fliege in großem Abstand von seinem Mutterstern gebildet hat.

Der von den Wissenschaftlerinnenn und Wissenschaftlern gefundene Kohlenstoff-13 gehört zu den sogenannten Isotopen. Das sind verschiedene Formen des gleichen Atoms, aber mit einer unterschiedlichen Anzahl von Neutronen im Kern. So besitzt Kohlenstoff mit sechs Protonen typischerweise sechs Neutronen (Kohlenstoff-12), gelegentlich auch sieben (Kohlenstoff-13) oder acht (Kohlenstoff-14). Diese Variation ändert jedoch nur wenig an den chemischen Eigenschaften des Kohlenstoffs. Trotzdem bilden sich Isotope auf unterschiedliche Weise und reagieren oft etwas anders auf die vorherrschenden Bedingungen. Diese Tatsache macht Isotope für viele Forschungsgebiete wertvoll. Bei der Erkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs spielen sie ebenso eine Rolle wie bei der Untersuchung des Klimawandels oder der Altersbestimmung von Fossilien und Gesteinen.

In der Atmosphäre des jungen Riesenplaneten TYC 8998-760-1 b haben Forschende aus mehreren Ländern, darunter Paul Mollière vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Astronomie, ein ungewöhnliches Verhältnis zwischen diesen Isotopen entdeckt. Der Kohlenstoff liegt vor allem in Form von Kohlenstoffmonoxid (CO) vor. Der Himmelskörper selbst hat etwa die 14-fache Masse des Jupiter und ist fast doppelt so groß wie dieser. Daher werden solche Objekte als „Super-Jupiter“ bezeichnet.

In seinen Messungen gelang es dem Team unter der Leitung von Yapeng Zhang, einer Doktorandin am Observatorium Leiden in den Niederlanden, Kohlenstoff-13 von Kohlenstoff-12 zu unterscheiden, weil es Strahlung in leicht unterschiedlichen Farben absorbiert. „Diese Beobachtung in der Atmosphäre eines derart weit entfernten Exoplaneten ist wirklich etwas ganz Besonderes“, sagt Zhang. Eigentlich hätte man erwartet, dass etwa eines von 70 Kohlenstoff-Atomen Kohlenstoff-13 ist - aber bei diesem Planeten scheint es doppelt so viel zu sein. Vermutlich hängt der höhere Anteil von Kohlenstoff-13 mit der Entstehung des Exoplaneten zusammen.

„Der Planet ist mehr als einhundertfünfzig Mal weiter von seinem Mutterstern entfernt als unsere Erde von der Sonne. Bei einer so großen Entfernung haben sich möglicherweise Eise mit mehr Kohlenstoff-13 gebildet, was den höheren Anteil dieses Isotops in der heutigen Atmosphäre des Planeten verursacht“, sagt Max-Planck-Wissenschaftler Paul Mollière. Vermutlich hänge die Anreicherung von Kohlenstoff-13 mit dem Ausfrieren von CO in den planetenbildenden protoplanetaren Scheiben zusammen. In diesem Fall könnte dies bedeuten, dass die Planeten in unserem Sonnensystem nicht viel Kohlenstoff-13-reiches Eis angesammelt haben. Denn die Entfernung, jenseits derer Kohlenstoffmonoxid aus der Gasphase herauszufrieren beginnt - bekannt als die CO-Schneelinie - liegt außerhalb der Umlaufbahn des fernsten Planeten Neptun. Daher ist es wahrscheinlich, dass CO-Eis nur selten in die Planeten des Sonnensystems eingebaut wurde, was zu einem höheren Isotopenverhältnis führt.

Der Exoplanet selbst, TYC 8998-760-1 b, wurde erst vor zwei Jahren von dem Leidener Doktoranden Alexander Bohn, Mitautor des Artikels in der Zeitschrift Nature, entdeckt. Und Ignas Snellen, Professor in Leiden und seit vielen Jahren die treibende Kraft hinter diesem Thema, ist besonders stolz. „Die Erwartung ist, dass die Isotope in Zukunft weiter helfen werden, genau zu verstehen, wie, wo und wann Planeten entstehen. Dieses Ergebnis ist erst der Anfang.“

MN / HOR

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