Ein Ladungsdichte-Wellen-korreliertes topologisches Halbmetall
Ein neuartiges Material wurde entdeckt, das durch die Kopplung einer Ladungsdichtewelle mit der Topologie der elektronischen Struktur charakterisiert wird.
Topologische Materialien zeichnen sich durch einzigartige elektronische und physikalische Eigenschaften aus, die von der zugrundeliegenden Topologie ihrer elektronischen Systeme bestimmt werden. Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Mikrostrukturphysik (Halle) und für Chemische Physik fester Stoffe (Dresden) haben jetzt entdeckt, dass (TaSe4)2I das erste Material ist, bei dem eine Ladungsdichtewelle einen Phasenübergang zwischen dem Zustand des Halbmetalls zum Isolator induziert.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Mikrostrukturphysik in Halle (Saale), des Max-Planck-Instituts für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden, der Universität Oxford und der Princeton University hat das erste Beispiel eines korrelationsgetriebenen Phasenübergangs vom topologischen Halbmetall zum Isolator in Einkristallen des Materials (TaSe4)2I entdeckt. In den letzten Jahren hat das Interesse an topologischen Materialien zugenommen, die einzigartige elektronische und physikalische Eigenschaften aufweisen, die von der zugrundeliegenden Topologie ihrer elektronischen Systeme abgeleitet sind. (TaSe4)2I ist ein ungewöhnliches Material, von dem bekannt ist, dass es knapp unterhalb der Raumtemperatur eine strukturelle Verzerrung erfährt, die durch eine Ladungsdichtewelle entsteht. Aufgrund von Elektronenkorrelationen wird das Elektronengas im System instabil gegenüber einer langreichweitigen periodischen Variation der Elektronenladungsdichte, die eng mit einer periodischen Modulation der Atome in der Kristallstruktur gekoppelt ist. Gleichzeitig wurde gezeigt, dass es sich bei diesem Material um ein topologisches Metall eines bestimmten Typs handelt, nämlich um ein Weyl-Semi-Metall. Diese Art eines topologischen Metalls ist durch eine elektronische Struktur gekennzeichnet, die Weyl-Punkte aufweist, an denen sich linear verlaufende elektronische Bänder kreuzen, ohne eine Energiebandlücke zu bilden. Diese Weyl-Punkte treten paarweise auf, wobei jeder von ihnen eine entgegengesetzte Chiralität besitzt. Die Autoren zeigen, dass (TaSe4)2I 24 Paare solcher Punkte mit einer entsprechenden sehr großen so genannten chiralen Ladung von +16 besitzt.
In dieser Arbeit, die im Journal Nature Physics veröffentlicht wurde, zeigen die Autoren unter Verwendung einer Reihe anspruchsvoller experimenteller Methoden zur Analyse der elektronischen und kristallinen Struktur, dass die topologischen Eigenschaften dieser Verbindung eng mit der Ladungsdichtewelle verbunden sind, deren Wellenvektor sich aus den Abstandsvektoren zwischen Weyl-Punkten mit entgegengesetzter chiraler Ladung ableitet. Holger Meyerheim erinnert sich, dass „es sehr herausfordernd, aber auch sehr spannend war, die Ladungsdichtewelle in diesem Material zu identifizieren. Wir mussten sehr brillante Röntgenquellen verwenden, zum Beispiel Synchrotronstrahlung bei der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle, um die sehr schwachen Beugungssignaturen der Ladungsdichtewelle zu finden". Bei Abkühlung der Probe verursachen starke Elektronenkorrelationen den Übergang des Systems in den Zustand der Ladungsdichtewelle, was zu einem Übergang von einem topologischen Weyl-Halbmetall zu einem Isolator führt. Claudia Felser sagt: „Wer hätte geglaubt, dass wir eine so ausgefeilte korrelierte Elektronenphysik in einem Material mit einer solchen quasi eindimensionalen-Struktur finden würden". Diese Arbeit zeigt eine enge Verbindung zwischen Topologie und Korrelationen und bietet einen Weg zur Beobachtung von Axion-Elektrodynamik in kondensierter Materie in einem Regime, das bisher unzugänglich war. Das System (TaSe4)2I ist das erste Beispiel, aber Andrei Bernevig betont: "Unsere Berechnungen der elektronischen Strukturen vieler Materialien machen mich sicher, dass es noch viel mehr solcher Systeme geben muss, in denen Korrelationen und Topologie ineinandergreifen." Und Yulin Chen ergänzt: „Solche Systeme werden wir dann gerne experimentell verifizieren." „Diese Materialien eröffnen ein weites Forschungsgebiet für potenzielle Anwendungen in zukünftigen elektronischen Geräten, das „Topaxtronics!" genannt werden könnte", prognostiziert Stuart Parkin.