Gerichtete Protein-Evolution mit CRISPR-Cas9
Neuer Anwendungsbereich für Genschere: Optimierte Proteine für die biomedizinische Forschung
"Gerichtete Evolution" ist der Prozess, durch den Wissenschaftler maßgeschneiderte Proteine für die Zellbiologie, Physiologie und Biomedizin im Labor herstellen. Max-Planck-Forscher aus Martinsried haben nun darauf basierend eine Methode entwickelt, mit der sich Proteine direkt in Säugetierzellen optimieren lassen. Mit Hilfe der neuen Methode haben sie exemplarisch das fluoreszierende Protein mCRISPRred erzeugt, das in den bisher kaum zu markierenden Lysosomen, sehr sauren, alles zersetzenden Vesikeln in Zellen, hell fluoresziert.
Bei der gerichteten Evolution von Proteinen werden Unmengen an leicht veränderten Varianten eines Ausgangsproteins erzeugt. So entsteht ein großer Pool an möglichen Kandidaten für einen späteren Einsatz in der biomedizinischen Forschung. In einem zweiten Schritt werden dann die Proteinvarianten mit verbesserten, gewünschten Eigenschaften herausgefischt. Die Selektion der geeigneten Protein-Kandidaten passiert im Reagenzglas oder in mikrobiellen Zellen, was für viele Anwendungen sehr erfolgreich ist. Proteinvarianten, die unter den spezifischen Bedingungen der Säugetierzelle oder deren Organellen funktionieren sollen, lassen sich auf diese Weise jedoch nur schwer identifizieren.
Zusammen mit Kollegen des benachbarten Max-Planck-Instituts für Biochemie haben Forscher der Arbeitsgruppe von Oliver Griesbeck eine neue, auf der Genschere CRISPR-Cas9 basierende Methode zur gerichteten Evolution von Proteinen gefunden: „Mit der Genom Editierung, für die CRISPR so bekannt ist, hat unsere Technik aber nichts zu tun“, erklärt Arne Fabritius, einer der beiden Erstautoren der Studie. „Wir nutzen die Methode, um den DNA-Strang an einer bestimmten Stelle zu zertrennen. Durch Fehler im Reparaturmechanismus entsteht dann genetische Diversität – und das direkt in einer lebenden Säugetierzelle.“
Bei der neuen Methode wird das Gen des gewünschten Proteins als Einzelkopie in das Genom der Zelle eingebracht. Dort ist es stabil eingebettet und wird bei Zellteilungen auf Tochterzellen weitergegeben. Mit der Genschere CRISPR-Cas9 können die Forscher nun an spezifischen Stellen am eingebauten Protein-Gen schneiden. Durch Hinzugeben speziell angefertigter Bausteine können bei der Reparatur des Schnitts geplante Fehler auftreten, die dann zu veränderten und, mit etwas Glück, zu verbesserten Varianten des ursprünglichen Proteins führen.
Auf diese Weise haben die Martinsrieder Forscher das Protein mCRISPRed entwickelt, das beim sauren pH-Wert in Lysosomen heller leuchtet und viel robuster ist als alle bisherigen Proteine.
Lysosome sind die Abbau-Organellen der Zelle. Ihr saurer pH-Wert löst fast alles auf, mit dem sie in Kontakt kommen. Schon seit Längerem hatten Forscher nach einer Möglichkeit gesucht, möglichst hell leuchtende Proteine in die Lysosomen einzubringen, um sie innerhalb von Zellen markieren und so besser untersuchen zu können.
Das neu entwickelte Protein mCRISPRed zeigt, dass durch die neue Methode die Eigenschaften eines Proteins selbst an sehr spezielle Bedingungen wie die des Lysosoms angepasst werden kann. „Die neue Anwendung von CRISPR-Cas9 eröffnet ganz andere Möglichkeiten, um die Entwicklung von Biosensoren, Rezeptoren, therapeutischen Proteinen oder Signalproteinen voranzubringen“, schwärmt Oliver Griesbeck. „Für mich ist dies definitiv die nächste Stufe des Protein Engineerings!“