Forschungsbericht 2019 - Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme

Zuverlässige Diagnose für Brennstoffzellen

Autoren
Vidaković-Koch, Tanja; Sorrentino, Antonio
Abteilungen
Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme, Magdeburg
Zusammenfassung
Im Zeitalter der Elektromobilität spielen elektrochemische Energiewandler wie Brennstoffzellen eine wesentliche Rolle im Alltag. Daher werden Diagnosewerkzeuge, welche die verschiedenen Fehlerzustände (Flutung, Austrocknung, Katalysatorabbau, Vergiftung etc.) dieser Geräte exakt feststellen können, zunehmend erforderlich. Wir berichten über ein neues experimentelles Verfahren zur Brennstoffzellendiagnostik, das auf der Frequenzganganalyse von Konzentrationseingang und elektrischem Ausgang (Strom- oder Zellpotenzial) basiert und selektiv zwischen verschiedenen Fehlerzuständen unterscheidet.

Die Brennstoffzelle hat im Vergleich zu anderen Energiewandlern wesentliche Vorteile wie geringe (Null-)Emissionen, lange Fahrstrecken, niedriger Geräuschpegel und schnelle Betankung. Im Zeitalter der Elektromobilität ist mit einer immer stärker werdenden Bedeutung der Brennstoffzelle in unserem Alltag zu rechnen. Dabei sind ein sicherer Betrieb und eine lange Lebensdauer ohne plötzliche Ausfälle und beschleunigte Alterung wichtige Voraussetzungen für eine breite Akzeptanz dieser Technologie und ihrer Marktdurchdringung. Dies ist nur möglich, wenn der Gesundheitszustand der Brennstoffzelle immer genau überwacht und diagnostiziert werden kann.

Brennstoffzellen unterliegen – wie Menschen – einem Alterungsprozess (Abbildung 1). Dieser hängt im Wesentlichen davon ab, wie die Brennstoffzelle verwendet wurde (sowohl vom Benutzerverhalten als auch vom Einsatzgebiet) und unter welchen Betriebsbedingungen (beispielsweise Temperatur). Auch die  Qualität des Brennstoffs ist bedeutend. So mögen Brennstoffzellen-Katalysatoren in der Regel kein Kohlenmonoxid, das aber häufig in der Wasserstoffeinspeisung vorhanden sein kann. Darüber hinaus erfordert der Betrieb von Brennstoffzellen eine ordnungsgemäße Befeuchtung. Zu viel Wasser verursacht einen ungünstigen Zustand (Flutung), zu wenig Wasser ebenfalls (Austrocknung). Unter optimalen Bedingungen weist die Brennstoffzelle nur eine geringe Alterungsrate von 1-2 μV/h auf, was zu einem tolerierbaren Leistungsverlust von 10 % während eines 40 000 Stunden dauernden Betriebs führen würde [1]. Unter ungünstigeren Bedingungen, wie häufigen Start-Stopp-Zyklen, Lastwechsel und geringer Befeuchtung, steigt die Alterungsrate um das Zehnfache. Dies führt zu einer stärkeren Degradation und einer signifikanten Verkürzung der Lebensdauer. Gerade im Stadtbetrieb unterliegen Brennstoffzellen starken Beschleunigungs-, Stopp- und Startzyklen, was nach dem heutigen Kenntnisstand eine größere Herausforderung darstellt als der Dauerbetrieb. Deshalb muss der Gesundheitszustand der Brennstoffzelle ständig überwacht und diagnostiziert werden, um diese negativen Einflüsse abzuschwächen.

Bestehende Diagnoseverfahren

Zur Überwachung des Gesundheitszustands wurden bisher verschiedene Methoden eingesetzt. Eine der einfachsten ist die Überwachung des Zell- oder Stapelpotenzials. Obwohl das Zellpotenzial sehr empfindlich auf alle Gesundheitsprobleme reagiert, kann diese Messung nicht unterscheiden, ob dem Leistungsverlust eine Flutung oder eine Austrocknung zugrunde liegt, da in beiden Fällen das Zellpotenzial sinkt. Daher muss diese Methode von zusätzlichen Messungen begleitet werden.

Eine gängige Wahl ist die Überwachung der Zellimpedanz mit Hilfe der elektrochemischen Impedanzspektroskopie (EIS) [2]. Diese basiert auf der Frequenzganganalyse von elektrischen Ein- und Ausgangssignalen. Elektrische Stimulationen, die auf eine elektrochemische Zelle angewendet werden, sind in der Lage, sowohl viele transiente als auch stationäre Phänomene zu identifizieren. Darüber hinaus ermöglichen sie die Untersuchung einer großen Frequenzbandbreite (106-10-4 Hz). Allerdings könnten die Zeitkonstanten der verschiedenen transienten Phänomene vergleichbare Werte aufweisen, was zu einer starken Kopplung der verschiedenen Beiträge führt. Daher ist die Zuordnung der in den Impedanzspektren beobachteten Muster nicht eindeutig und ein klares Bild der Dynamik nicht möglich. Deshalb suchten wir nach neuen Lösungen, die eine bessere Diagnose der Brennstoffzelle ermöglichen.

Die perfekte Lösung: Konzentrations-modulierende Frequenzganganalyse

Wir haben herausgefunden, dass wir eine selektivere Information über den Gesundheitszustand einer Brennstoffzelle erhalten, wenn wir an Stelle von Strom und Potenzial eine nichtelektrische Größe wie die Konzentration des Sauerstoffs oder des Wasser als Eingangssignal verwenden. Auf diese Weise können wir den Unterschied zwischen Flutung und Austrocknung (zwei typische Fehlerzustände die mit andern Methoden nicht unterscheidbar sind) gut erkennen (Abbildung 2). Damit haben wir eine ausgezeichnete Voraussetzung für eine korrekte Diagnose.

In der sogenannten Konzentrationsmodulierenden Frequenzganganalyse (cFRA) benutzen wir die periodische Änderung eines bestimmten Reaktanden- oder die Produktkonzentration als Eingangssignal. Das Ausgangssignal ist eine elektrische Größe (Strom oder Zellenpotenzial). Um die periodischen Eingangs- und Ausgangssignale zu analysieren, registrieren wir mindestens fünf Zyklen bei jeder Frequenz. Dann führen wir eine Fourier-Transformation des Signals durch. Die Signale haben bei den höchsten Frequenzen Sinusform, bei niedrigeren Frequenzen gehen sie in eine periodische Rechteckwelle über. Aus diesem Grund enthalten die aus der Fourier-Transformation abgeleiteten Frequenzspektren bei niedrigeren Frequenzen auch höhere Oberwellen.

Die theoretischen Hintergründe dieser Methode haben wir in unserer aktuellen Publikation [3] diskutiert. Mit dieser neuartige Technik haben wir bei einer Polymerelektrolyt-Brennstoffzelle erstmals cFRA-Spektren aufgenommen (Abbildung 2) [4, 5]. Im Gegensatz zu den zuvor erwähnten linearen Impedanztechniken bietet cFRA die Möglichkeit, den Effekt des Gas- und Flüssigkeitstransports in den verschiedenen Strukturschichten der Kathode separat zu beobachten. Darüber hinaus kann die Auswirkung der Rückdiffusion des Wassers in der Nafion-Membran bewertet und von der Wirkung des elektroosmotischen Stroms entkoppelt werden. Daher ermöglicht diese Methode eine klare Trennung der verschiedenen transienten Prozesse, was großes Potenzial für eine korrekte Diagnose von Brennstoffzellen birgt.

Literaturhinweise

de Bruijn, F. A., Dam, V. A. T, Janssen, G. J. M.
Review: Durability and Degradation Issues of PEM Fuel Cell Components
Fuel Cells, 08, 3-22 (2008)
Rezaei Niya, S. M., Hoorfar, M.
Study of proton exchange membrane fuel cells using electrochemical impedance spectroscopy technique - A review
Journal of Power Sources 240, 281 (2013)
Sorrentino, A., Vidaković-Koch, T., Hanke-Rauschenbach, R., Sundmacher, K.
Concentration-alternating frequency response: A new method for studying polymer electrolyte membrane fuel cell dynamics
Electrochimica Acta, 243, 53-64 (2017)
Sorrentino, A., Vidaković-Koch, T., Sundmacher, K.
Studying mass transport dynamics in polymer electrolyte membrane fuel cells using concentration-alternating frequency response analysis
Journal of Power Sources 412, 331-335 (2019)
Sorrentino, A., Sundmacher, K., Vidaković-Koch, T.
A Guide to Concentration Alternating Frequency Response Analysis of Fuel Cells
Journal of Visual Experiments, e60129, In-press (2019)

 

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