Exoplanet unter der Lupe
Neue Methode ermöglicht präzise Spektren- und Positionsbestimmung von Exoplaneten
Exoplaneten im Detail und ohne störende Einflüsse zu untersuchen ist schwer. Ganz allgemein wird es mit zunehmender Entfernung immer schwieriger, feine Details eines Objekts abzubilden. Bei Exoplaneten kommt hinzu, dass sie typischerweise von ihrem deutlich helleren Stern überstrahlt werden. Jetzt konnte eine Forschergruppe unter der Leitung von Sylvestre Lacour vom Observatoire de Paris und dem Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, zu der auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie gehören, eine neue Untersuchungsmethode demonstrieren, die einige dieser Probleme umgeht und damit einen neuartigen Blick auf Exoplaneten ermöglicht.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Instrument GRAVITY am Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen Südsternwarte am Paranal-Observatorium in Chile, das 2016 in Betrieb genommen wurde. GRAVITY kann mithilfe sogenannter Interferometrie das Licht mehrerer Teleskope zu einem gemeinsamen Bild kombinieren. Im Zusammenspiel der vier Acht-Meter-Teleskope des Very Large Telescope (VLT) lassen sich auf diese Weise Details sichtbar machen, wie sie ein Einzelteleskop nur mit rund 100 Metern Spiegeldurchmesser liefern könnte.
Die jetzt veröffentlichten Beobachtungen des Exoplaneten HR 8799e demonstrieren erstmals, welches Potenzial interferometrische Beobachtungen für die Untersuchung von Exoplaneten besitzen. Das Zielobjekt, HR 8799e, gehört zu den vergleichsweise wenigen (rund 120 von 4000) Exoplaneten, von denen direkte Abbildungen existieren. Die allermeisten Exoplaneten konnten bisher nur indirekt nachgewiesen werden. HR 8977e ist Teil eines jungen Fünf-Körper-Systems, knapp 130 Lichtjahre von uns entfernt, welches aus dem Stern HR 8799 und vier nachgewiesenen Planeten besteht. Bei ihnen handelt es sich um Gasriesen mit der 5- bis 10-fachen Masse des Jupiter.
Von den vier Planeten ist HR 8799e derjenige mit der geringsten Entfernung zum Stern. Dieser Umstand machte es bisher umso schwieriger, den Planeten und den Stern in Teleskopbeobachtungen sauber auseinanderzuhalten. Insbesondere ist die Strahlung des Sterns rund 20.000-mal größer als die des Exoplaneten – der Planet wird regelrecht überstrahlt. Durch die geringe Entfernung ist der Störfaktor des Sterns besonders groß.
GRAVITY hat nun viel schärfere Bilder des Exoplaneten geliefert als seine Vorgängerinstrumente. Mithilfe dieser hochauflösenden Bilder konnte die Entfernung des Sterns zum Planeten zehn Mal genauer als zuvor ermittelt werden. Das erlaubt bereits jetzt eine genauere Bestimmung der Umlaufbahn des Planeten, die den neuen Messungen nach leicht gegen die Bahnebene der anderen Planeten des HR 8799-Systems geneigt zu sein scheint.
Das neue Verfahren erlaubt es auch, das Licht des Planeten besonders trennscharf vom Licht des Sterns zu unterscheiden – deutlich besser als mit herkömmlichen Methoden, die versuchen, das Licht des Zentralsterns mittels einer Maske abzublocken („Koronografie“). Damit ließ sich insbesondere das Spektrum von HR 8799e ungleich genauer bestimmen als bisher. Ergebnis: Die Atmosphäre des mit einem Alter von 30 Millionen Jahren relativ jungen Gasplaneten ist mit einer Temperatur von etwa 880 Grad Ceslius noch relativ heiß. Und das Spektrum barg eine Überraschung: Silvia Scheithauer vom Max-Planck-Institut für Astronomie, die an GRAVITY beteiligt ist, sagt: „Ausgehend von unserem eigenen Sonnensystem, würde man bei einem Gasplaneten mit dieser Temperatur große Mengen an Methan in der Atmosphäre erwarten. Überraschenderweise enthält die Atmosphäre von HR 8799e aber kaum Methan, aber dafür große Mengen an Kohlenmonoxid.“ Dies zeigt einmal mehr, dass die Astronomen noch viel über die Planetenentstehung lernen müssen – und auch, wie wichtig die Spektroskopie von Exoplaneten-Atmosphären für den weiteren Erkenntnisfortschritt sein dürfte.
Derzeit planen dieForscher langfristige Folgebeobachtungen mit GRAVITY. Die sollten eine so genaue Rekonstruktion der Bahn von HR 8799e ermöglichen, dass dann - erstmals in einem räumlich aufgelösten Exoplanetensystem - nicht nur der Gravitationseinfluss des Zentralsterns, sondern auch die gegenseitige Anziehung der Gasplaneten messbar wird. Daraus werden sich die Massen der vier Gasplaneten genauer bestimmen lassen. Nach derzeitigen Schätzungen benötigt HR 8799e zwischen 40 und 50 Jahren, um einmal um seinen Stern zu laufen.
Die neuen Beobachtungen sind auch im Hinblick auf die zukünftige Suche nach den Spuren von Leben im Universum von Interesse. Die Suchstrategien der Astronomen laufen darauf hinaus, im Spektrum der Atmosphäre eines Exoplaneten Spuren von Leben nachzuweisen. Die jetzt gelungene Beobachtung zeigt eine Möglichkeit dafür auf, derartige Spektren in Zukunft mit größerer Genauigkeit aufzunehmen.