Erste Messergebnisse an neuem Röntgenlaser veröffentlicht

Strukturbiologen gewinnen hochwertige Daten am EuXFEL

28. August 2018

Die Veröffentlichung von Ergebnissen aus ersten experimentellen Messungen am European X-Ray Free-Electron Laser (EuXFEL) ist ein weiterer Meilenstein für die seit September 2017 arbeitende Einrichtung. Er ist der erste einer neuen Generation von XFELs, die eine viel schnellere Datensammlung erlauben als bisher möglich war. Durch die enorm hohe Zahl von einer Million Pulse pro Sekunde, die am EuXFEL erzeugt werden kann, werden Messungen schneller abgeschlossen, was eine größere Anzahl an Experimenten pro Jahr ermöglicht. Bisher war noch nicht abzuschätzen, ob vorhandene Techniken diese Masse an Röntgenstrahlen auch bewältigen können. Forscher des Max-Planck-Instituts für medizinische Forschung in Heidelberg und der Rutgers Universität in Newark, USA, haben nun gemeinsam mit einem internationalen Team an Kollaborationspartnern sowie Wissenschaftlern von DESY und EuXFEL gezeigt, dass eben dies möglich ist und dabei Strukturinformationen von Biomolekülen in hoher Qualität gesammelt werden können. Dies ist ein Durchbruch für den EuXFEL und Strukturbiologen weltweit.

Röntgenlaser erlauben es Wissenschaftlern, 3D-Bilder von Biomolekülen aufzunehmen, indem sie diese mit einem nur wenige Femtosekunden langen Röntgenpuls belichten. Diese einzelnen Aufnahmen können dann zu Filmen zusammengefügt werden, die die Moleküle in Echtzeit während chemischer Reaktionen zeigen. Das erlaubt neue Einblicke in die Nanowelt und spielt nicht nur für die biologische oder physikalische Grundlagenforschung eine große Rolle, sondern zum Beispiel auch für die Entwicklung von Medikamenten, Speichermedien oder Batterien.

Derzeit existieren nur eine Handvoll Röntgenlaser weltweit, sodass nur ein geringer Anteil der vorgeschlagenen Experimente interessierter Wissenschaftler durchgeführt werden kann. Das liegt unter anderem daran, dass Röntgenlaser der „ersten Generation“ nur um die 50 Laserpulse pro Sekunde erzeugen können, was ungefähr der Bildfrequenz einer TV-Kamera entspricht. Die neue Generation kann nun, dank des Einsatzes von supraleitenden Resonatoren, die zur Beschleunigung der Elektronen verwendet werden, die die Röntgenpulse abstrahlen, Pulsraten von mehr als einer Million Pulse pro Sekunde erzeugen. Die Begeisterung unter Wissenschaftlern war daher enorm, als der EuXFEL vor weniger als einem Jahr eingeweiht wurde.

Mit den neuen Möglichkeiten zur schnelleren Datensammlung durch die extrem hohe Rate an Röntgenpulsen treffen die Wissenschaftler nun aber auch auf völlig neue Herausforderungen. Denn genau diese außergewöhnlich intensiven Strahlen, die die Messung von winzigen Objekten erst ermöglichen, erhitzen die Probe so stark, dass sie letztendlich verdampft. Das stellt an sich kein Problem dar, da die Daten bereits vor der Explosion der Probe aufgenommen werden. Kritisch können jedoch die Auswirkungen auf die Probe sein, die mit dem nächsten Röntgenlaserpuls gemessen werden soll. Um dies zu lösen, muss das Medium, das die Proben enthält, zwischen den Pulsen weiterbewegt werden, sodass ein Strahl nie in der Nähe der vorherigen Stelle trifft. Bei 50 Laserpulsen pro Sekunde ist dies leicht zu bewältigen; ob es bei einer Million Pulse pro Sekunde noch möglich sein würde, war bis jetzt nicht offensichtlich.

Erfolgreiche Messungen

Im Juni 2018 führten Wissenschaftler aus der Abteilung für Biomolekulare Mechanismen am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg gemeinsam mit einem internationalen Forschungsteam unter der Leitung von Ilme Schlichting eines der ersten Experimente am EuXFEL durch. Sie nahmen dabei die Hürden der neuen Herausforderungen, die sich aus den sehr schnell eintreffenden Pulsen der Röntgenstrahlen ergeben. Den Forschern gelang es, Messdaten verschiedener Proteine von hoher Qualität zu sammeln und vollständig auszuwerten.

“Wir zeigen hier, dass die Schockwelle, die durch einen Röntgenstrahl ausgelöst wird, unter den aktuellen Bedingen keinen Einfluss auf die Probe hat, die nur eine millionstel Sekunde später gemessen wird“, erklärt Thomas Barends, Forschungsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung und einer der Korrespondierenden Autoren. Die Qualität der Daten ist so hoch, dass eine Analyse zuvor nicht charakterisierter Proben möglich ist. Diese erste Veröffentlichung ist ein Meilenstein für den EuXFEL und von großer praktischer Bedeutung im Angesicht des schnell ansteigenden Bedarfs für Messzeiten an Röntgenlasern. „Der EuXFEL erlaubt es uns, mehr Daten in kürzerer Zeit zu sammeln und ermöglicht dadurch völlig neue wissenschaftliche Fragestellungen“ sagt Marie Grünbein, Erstautorin der Veröffentlichung und Doktorandin am Max-Planck-Institut in Heidelberg.

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