"An diesem Ort werden viele großartige Dinge möglich sein"
Erin Schuman und Gilles Laurent über Zusammenarbeit und Frauenförderung am Max-Planck-Institut für Hirnforschung
Seit 2009 forschen Erin Schuman und ihr Ehemann Gilles Laurent am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt am Main. Zum 100-jährigen Gründungsjubiläum des Instituts sprechen die beiden Max-Planck-Direktoren darüber, warum sie nach Deutschland gekommen sind und was Ihnen an ihrem Institut gefällt.
Was hat Sie denn nach fast 20 Jahren Forschungstätigkeit am California Institute of Technology bewogen, zur Max-Planck-Gesellschaft nach Deutschland zu kommen?
G. L.: Bei mir spielten bei der Entscheidung sowohl persönliche als auch berufliche Gründen eine Rolle. Einerseits wollte ich nach so langer Zeit wieder zurück nach Europa. Und gleichzeitig bietet die Max-Planck-Gesellschaft ihren Wissenschaftlern maximale Freiheit für die Forschung. Außerdem ist es natürlich eine Riesen-Chance, an verantwortlicher Stelle ein Forschungsinstitut wie dieses neu auszurichten.
Welche Rolle hat dabei gespielt, dass die Max-Planck-Gesellschaft Ihnen beiden eine Stelle angeboten hat?
G. L.: Das war natürlich mit entscheidend. Wenn wir nicht beide am selben Ort wissenschaftlich hätten arbeiten können, wären wir aus Kalifornien nie weggegangen. Solche Modelle werden in Zukunft immer wichtiger werden, wenn ein Forschungsstandort attraktiv sein möchte.
Ich fand es auch einen großen Vorteil bei der Neuausrichtung des Instituts, dass sich die beiden Abteilungsdirektoren gut kannten. Wir sind zwar wie alle Ehepaare längst nicht immer einer Meinung, aber gerade solche Meinungsunterschiede lassen sich als Paar manchmal leichter überwinden, als mit einem, den man persönlich nicht so gut kennt.
Was macht für Sie das Besondere dieses Instituts aus?
E. S.: Zunächst einmal ist es die Art, wie wir die Untersuchung des Gehirns angehen: nämlich auf allen Ebenen – seien es Proteine, Synapsen, Nervenzellen, Netzwerke, bis hinzu ganzen Hirnarealen. Wir wollen wissen, wie das Gehirn Sinnesreize wahrnimmt, Informationen speichert und wie daraus Verhaltensweisen entstehen. Und vor allem – wie das System als Ganzes funktioniert.
Wir haben zudem das Privileg, in einem einzigartigen Gebäude arbeiten zu können. Es ist ein Beispiel dafür, wie Architektur die Menschen glücklich machen kann. Bei der Planung der neuen Räumlichkeiten für das Institut war es uns sehr wichtig, dass es viele Gemeinschaftsbereiche gibt, in denen sich die Mitarbeiter untereinander austauschen können. Denn ähnlich wie unser Gehirn lebt auch die Wissenschaft von der Kommunikation. Deshalb haben wir beispielsweise ein gemeinsames Bistro eingerichtet, in dem auch die Studierenden vom Universitätscampus ein- und ausgehen.
Ich glaube, dass an diesem Ort in Zukunft viele großartige Dinge möglich sein werden.
Sie haben ja große Anstrengungen unternommen, das Institut auch für Frauen so attraktiv wie möglich zu machen.
E. S.: Obwohl nahezu gleich viele Frauen und Männer ein naturwissenschaftliches Studium beginnen, fällt der Anteil der Frauen danach immer mehr ab, je höher man die Karriereleiter empor klimmt. Als Grund dafür wird immer die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Kindern genannt. Hier wollten wir ansetzen. So haben wir beispielsweise eine Kindertagesstätte eingerichtet, in der Kinder ab drei Monaten tagsüber betreut werden können. Dadurch fallen Mütter nach der Geburt nicht zu lange aus und können verhältnismäßig schnell wieder ihre Forschung aufnehmen. Ein weiteres Beispiel ist unser „kids room“, in dem ältere Kinder nach der Schule ihre Hausaufgaben machen können. Überhaupt versuchen wir, die Kinder wo es nur geht in unser Institutsleben zu integrieren. Wir laden sie zu all unseren Partys ein und hoffen, dass wir sie auch mit unserer Begeisterung für Wissenschaft anstecken können.
Von all dem soll die Botschaft ausgehen: Wissenschaftlerinnen können auch mit Kindern Karriere machen!
Das Interview führte Harald Rösch