Mikroben schützen Wollkäferlarven vor Krankheitserregern

Symbiose-Bakterien erzeugen eine Substanz, die Eier, Larven und Puppen vor Pilzinfektionen schützt

27. September 2022

Wollkäfer haben zum Schutz ihrer Nachkommen ungewöhnliche Körpermerkmale ausgebildet: Auf dem Rücken der Larven befinden sich kleine Einstülpungen, die von Bakterien besiedelt sind. Eine neue Studie zeigt, dass die symbiotischen Bakterien die Käfer während ihrer Entwicklung und auch während der empfindlichen Phase der Häutungen vor pathogenen Pilzen schützen.

Für wirbellose Tiere wie Käfer ist die Kutikula, also der harte Chitinpanzer mit einer dünnen, wasserabweisenden Deckschicht, die erste und wichtigste Barriere gegen Räuber und Krankheitserreger. Sie kann aber auch eine Heimat für mikrobielle Symbionten sein. Bei Käfern der Gattung Lagria wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckt, dass Larven von Lagria hirta drei kleine Taschen auf ihrem Rücken aufweisen, die mit Bakterien gefüllt sind.

Fast 100 Jahre später konnten Martin Kaltenpoth und Laura Flórez zeigen, dass Weibchen der Art Lagria villosa während der Eiablage die symbiotischen Bakterien auspressen, um ihre Eier auf dem feuchten Boden gegen Pilzinfektionen zu schützen. Eier ohne Abwehrhilfe durch das Bakterium Burkholderia gladioli wurden dagegen von Schimmelpilzen überwuchert.

Bakterien bleiben in Taschen auf dem Rücken erhalten

In seiner neuen Arbeit zeigt das Forschungsteam, dass die bakteriellen Symbionten von Lagria villosa während der gesamten Entwicklung der Larven die Einstülpungen auf dem Rücken der Insekten bewohnen und diese kleinen Taschen nach außen hin immer über einen schmalen Kanal geöffnet bleiben. Außerdem werden die Taschen bei der Häutung der Larven nicht abgestoßen, sondern bleiben während der gesamten Larvenentwicklung erhalten. „Während der Häutung wird aber ein Teil der Symbionten auf die Oberfläche der Larven abgegeben. So sind die Larven auch in dieser kritischen Phase gegen Infektionen durch Pilze geschützt“, sagt Martin Kaltenpoth.

Bei Lagria villosa handelt es sich um Wollkäfer, die ursprünglich in Afrika beheimateten waren und sich seit den 1970er Jahren in Südamerika stark ausbreiten. Sie gehen durch sieben Larvenstadien mit den entsprechenden Häutungen, bevor sie sich verpuppen und dann als ausgewachsenes Insekt aus der Puppe schlüpfen.

Burkholderia-Bakterien produzieren Lagriamid

"Die Wollkäfer haben einen Weg gefunden, um schädliche Pilzinfektionen zu verhindern und das Überleben ihrer Nachkommen zu sichern“, sagt Rebekka Janke von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Sie hat im Rahmen ihres Promotionsprojekts unter der Leitung von Laura Flórez, die mittlerweile als Wissenschaftlerin an der Universität Kopenhagen arbeitet, und Martin Kaltenpoth, Direktor am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie und Leiter der Abteilung Insektensymbiose, das Zusammenspiel von Symbionten und Käfern untersucht. An den Forschungsarbeiten waren außerdem Kooperationspartner in Jena und Brasilien beteiligt.

Für weitere Untersuchungen sammelte Rebekka Janke Proben aus allen Lebensstadien der Käfer von Feldern in Brasilien, um sie mit ihren Forscherkolleginnen und -kollegen einer eingehenden Analyse zu unterziehen. Dies ergab, dass ein Symbiontenstamm von Burkholderia gladioli mit der Bezeichnung Lv-StB, der bereits für den Schutz im Eistadium maßgeblich ist, auch die Abwehr in den folgenden Lebensstadien hauptsächlich übernimmt. Der Burkholderia-Stamm erzeugt eine antifungale Verbindung, Lagriamid genannt, die ebenfalls in allen Stadien zu finden ist, also auf der Oberfläche von Eiern, Larven, Puppen und auch auf der Innenseite der gehäuteten Hüllen. Die Symbionten, so ergab eine andere Untersuchung, waren außerdem während der Larvenstadien und der Verpuppung in beiden Geschlechtern, männlich sowie weiblich, präsent.

"Wenn wir die bakteriellen Helfer entfernen, beeinträchtigt dies die Überlebenswahrscheinlichkeit der jungen Larven erheblich, sobald sie verschiedenen pathogenen Pilzen ausgesetzt sind“, erklärt Laura Flórez. Obwohl die Häutung im Allgemeinen dazu dienen kann, schädliche Eindringlinge aus der Kutikula des Insekts zu entfernen, ist das Insekt in dieser Zeit eben auch seiner Schutzschicht beraubt und anfälliger für Infektionen. „Die Wollkäfer“, so Flórez, „haben einen Weg gefunden, das Problem zu umgehen, indem sie auf ihrem Rücken die Schutzhüllen in Taschen anlegen, die auch bei wiederholten Häutungen bestehen bleiben.“

 

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