Enzymstruktur unterstützt Wachstum von Mikroben

Forschende finden turmartige Struktur eines bakteriellen Enzyms im biogeochemischen Stickstoffkreislauf

15. Juli 2021

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an den Max-Planck-Instituten für medizinische Forschung in Heidelberg, für marine Mikrobiologie in Bremen und für Biophysik in Frankfurt am Main sowie der Radboud Universität in Nijmwegen und weiteren Partnern ist es gelungen, die Struktur eines Enzyms zu bestimmen, das einen Großteil des Nitrats auf der Erde produziert. Dieses Enzym, die Nitrit-Oxidoreduktase, wird von Mikroorganismen genutzt, um giftiges Nitrit in Nitrat umzuwandeln. Sowohl Nitrit als auch Nitrat sind Stickstoffsalze, die einen großen Einfluss auf uns und unsere Umwelt haben.

Nitrat - zum Beispiel als Pflanzendünger bekannt -  ist ein Nährstoff für viele biologische Prozesse wie etwa das Pflanzenwachstum. Nitratsalze kommen auf der Erde in großen Mengen (ungefähr 600 Milliarden Tonnen) vor. Nahezu das gesamte in der Natur vorkommende Nitrat wird dabei durch die Oxidation von Nitrit durch die Nitrit-Oxidoreduktase (NXR) hergestellt. NXR ist somit ein äußerst wichtiges Enzym im globalen biogeochemischen Stickstoffkreislauf. Es kommt zum einen in nitritoxidierenden Bakterien (NOB, einschließlich Comammox-Organismen) vor, die den Großteil des Nitrats in der Umwelt erzeugen, zum anderen in anaeroben ammoniumoxidierenden sog. Anammox-Bakterien. Anammox-Bakterien produzieren zirka die Hälfte des elementaren Stickstoffs in unserer Atmosphäre. Die beteiligten Wissenschaftler und Wissenschaftlernnen konnten nun die Struktur des Enzyms NXR von Anammox-Bakterien aufklären.

Die Ergebnisse zeigen im Detail, wie NXR aufgebaut ist: die einzelnen NXR-Einheiten stapeln sich wie Rückenwirbel turmartig übereinander, eine bisher nicht beobachtete Anordnung. "Kryo-Elektronentomographie und helikale Rekonstruktion haben gezeigt, dass NXR  diese ungewöhnlichen tubulären Strukturen in den Anammox-Zellen ausbildet", so Kristian Parey vom Max-Planck-Institut für Biophysik. Die Funktion dieser faserartigen Stränge ist noch nicht geklärt. Eindeutiger ist die Struktur der einzelnen NXR-Moleküle: auf einer Seite gibt es eine sogenannte „aktive Tasche“, in der Nitrit gebunden und zu Nitrat oxidiert wird. Die freigesetzten Elektronen werden als elektrischer Impuls zur anderen Seite des Moleküls transportiert. Dort können diese Elektronen von anderen Molekülen abgegriffen und für den Zellstoffwechsel genutzt werden.

Großer Schritt


"NXR wird wegen seiner Bedeutung für den globalen Stickstoffkreislauf schon seit Jahrzehnten untersucht, aber wie NXR-Moleküle genau aussehen, wussten wir nicht", sagt Thomas Barends, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung. "Jetzt kennen wir die detaillierte Struktur dieses Proteinkomplexes, was hilft, die Funktionsweise von NXR zu verstehen.“ „Bei Anammox-Bakterien war die Verbindung zwischen Nitrit-Oxidation und Nitrit-Reduktion bisher rätselhaft“, ergänzt Boran Kartal, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie. „Diese Studie bringt uns einen großen Schritt weiter zu verstehen, wie diese Mikroorganismen Energieproduktion und Wachstum verbinden.“

Der Anammox-Prozess ist ein besonders spannender Teil im Stickstoff-Kreislauf: Durch diesen Prozess werden Nitrit oder Stickoxide und Ammonium direkt in molekularen Stickstoff umgewandelt, der immerhin 78 Prozent unserer Atmosphäre ausmacht. „Unsere detaillierte Untersuchung des molekularen Mechanismus der Nitritoxidation wird uns helfen, die Faktoren aufzudecken, die die Nitratproduktion in der Natur steuern, die ein wichtiger Schritt im ökologischen Nährstoffkreislauf ist“, so Kartal weiter. Thomas Barends betont: „Aufgrund der großen Umweltbelastung durch Nitrit und Nitrat ist es wichtig zu wissen, wie Bakterien mit diesen Substanzen umgehen, um von den Prozessen zu lernen oder diese Bakterien gezielt einzusetzen." Wegen ihrer Eigenschaften werden Anammox-Bakterien zunehmend zur Reinigung von Abwässern in Kläranlagen eingesetzt.

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