Thaumarchaea nutzen Cyanat und Harnstoff

Ist der Stoffwechsel das Erfolgsgeheimnis dieser Schlüsselorganismen des marinen Stickstoff-Kreislaufs?

10. Dezember 2018

Ammoniak-oxidierende Archaeen, oder Thaumarchaea, zählen zu den häufigsten Mikroorganismen im Meer. Allerdings sind immer noch viele Aspekte ihrer Ökologie unerforscht, die zum Erfolg dieser Organismen im Meer beitragen: In einer Studie konnte nun ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie in Bremen und der Universität Wien zeigen, dass marine Thaumarchaea einen vielseitigeren Stoffwechsel haben als bisher bekannt.

Die Thaumarchaea spielen eine Schlüsselrolle im Stickstoffkreislauf des Meeres. Um Energie zu gewinnen, wandeln sie Ammoniak, die reduzierteste Form von Stickstoff, zu Nitrit um, einer höher oxidierten Form. Diese Mikroorganismen wurden erst vor etwas mehr als einem Jahrzehnt entdeckt. Sie bilden einen großen Teil der mikrobiellen Gemeinschaft im Meer, und das, obwohl ihr Substrat, Ammonium bzw. Ammoniak, dort nur in sehr geringer Menge vorhanden ist.

Obwohl Thaumarchaea eine Schlüsselrolle im Stickstoffkreislauf spielen, ist wenig über die Physiologie der Winzlinge bekannt. Generell werden sie als absolute Spezialisten angesehen, die auf Ammoniak als Energiequelle angewiesen sind. Eine neue Studie von Katharina Kitzinger und Kollegen vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie in Bremen, der Universität Wien, dem Georgia Institute for Technology (USA), der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg und MARUM - Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen weist darauf hin, dass diese Annahme nicht immer zutrifft. Denn marine Ammoniak-oxidierende Archaeen können auch organische Stickstoffverbindungen verwenden.

Organische Stickstoffverbindungen als Energie- und Stickstoffquelle

„Wir konnten zum ersten Mal zeigen, dass marine Ammoniak-oxidierende Archaeen sowohl in der Umwelt, als auch in Reinkultur, Cyanat, eine einfache organische Stickstoffverbindung, als zusätzliche Energie- und Stickstoffquelle verwenden können“, erläutert Kitzinger, die aktuell in Form einer Doppelpromotion an der Universität Bremen und der Universität Wien promoviert. Außerdem zeigen die Autoren, dass auch Harnstoff, eine weitere organische Stickstoffverbindung, von den Thaumarchaea genutzt wird. Sowohl Cyanat als auch Harnstoff kommen im Meer häufig vor. Die Fähigkeit der Thaumarchaea, ihren Energie- und Stickstoffbedarf durch diese Verbindungen zu ergänzen, könnte ein Grund für den außergewöhnlichen Erfolg dieser Organismen im Meer sein.

Besonders faszinierend ist, dass marine Thaumarchaea Cyanat verwenden können: „Wir sind uns noch nicht sicher, wie die marinen Thaumarchaea das bewerkstelligen, denn es fehlt ihnen das klassische Repertoire an Enzymen für den Cyanat-Abbau“, so Kitzinger. „Als nächstes wollen wir herausfinden, welche Enzyme diese Organismen dafür verwenden, ob Thaumarchaea eine noch vielseitigere Physiologie haben als bisher bekannt ist, und wie diese Vielseitigkeit ihre Ökologie beeinflusst.“

Katharina Kitzinger, Cory C. Padilla, Hannah K. Marchant, Philipp F. Hach, Craig W. Herbold, Abiel T. Kidane, Martin Könneke, Sten Littmann, Maria Mooshammer, Jutta Niggemann, Sandra Petrov, Andreas Richter, Frank J. Stewart, Michael Wagner, Marcel M. M. Kuypers, Laura A. Bristow
Cyanate and Urea are Substrates for Nitrification by Thaumarchaeota in the Marine Environment.
Nature Microbiology

Beteiligte Institute

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen, Deutschland

Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung, Universität Wien, Österreich

School of Biological Sciences, Georgia Institute of Technology, Atlanta, USA

Forschungsgruppe für Marine Geochemie (ICBM-MPI Brückengruppe), Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Carl von Ossietzky Universität, Oldenburg, Deutschland

Marine Archaea Group, MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Bremen, Germany

 

 

Fragen richten Sie bitte an

 

Dr. Hannah K. Marchant

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Telefon: +49 421 2028 630

E-Mail: hmarchan@mpi-bremen.de

 

Katharina Kitzinger

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Telefon: +49 421 2028 646

E-Mail: kkitzing@mpi-bremen.de

Universität Wien

Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung

Email: kitzinger@microbial-ecology.net

 

oder an die Pressestelle

 

Dr. Fanni Aspetsberger

Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie

Telefon: +49 421 2028 947

E-Mail: presse@mpi-bremen.de

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht