Der Schein trügt

Die Färbung der männlichen Spatzenbrust sagt nichts über seinen Status aus

13. November 2018
Der schwarze Brustfleck oder Latz von männlichen Spatzen sollte nicht uneingeschränkt als ein Symbol für seine Streitlust angesehen werden. Eine Metaanalyse eines internationalen Teams von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen und internationalen Kollegen stellt dieses klassische Lehrbuchbeispiel für die „Statussignal-Hypothese“ in Frage. Die Hypothese besagt, dass anhand einiger Gefiedermerkmale der individuelle Dominanz-Status angezeigt wird. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die bestehende Literatur einseitig ist aufgrund einer Tendenz zur Veröffentlichung postiver Effekte.

Der schwarze Brustfleck von männlichen Haussperlingen ist ein Statusmerkmal und ein Signal für ihre Aggressionsfähigkeit. So steht es zumindest als klassisches Beispiel für die sogenannten “Statussignal-Hypothese” in Lehrbüchern der Verhaltens- und Evolutionsbiologie geschrieben, bei dem die Gefiederfärbung als Merkmal für den indivuellen Dominanzstatus gilt.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Seewiesen und internationale Kollegen haben nun in einer umfangreichen Analyse alles zusammengefasst, was über die “Statussignal-Hypothese” bei Haussperlingen bekannt ist. Sie sammelten Daten von verschiedenen Populationen weltweit und überprüften systematisch sämtliche zu dem Thema veröffentlichte Fachliteratur. Entgegen der allgemeinen Annahme fanden die Forscher nur schwache Beweise dafür, dass der Latz der männlichen Haussperlinge ein Signal ist für ihre Kampffähigkeit. “Unsere Metananalyse zeigt, dass mehrere Wiederholungen einer Beobachtung oder eines Experiments notwenig sind, bevor wir eine ausgestellte Hypothese wirklich bestätigen können,” sagt Erstautor Alfredo Sánchez-Tójar. Die meisten Studien zu diesem Thema basierten auf einer geringen Stichprobe und widersprüchlichen Methoden. Daher schließen die Forscher, dass die bisherige Literatur aufgrund einseitiger Veröffentlichungen positiver Ergebnisse und zu geringen Stichproben verfälscht ist.

Bereits eine andere Studie aus Seewiesen in diesem Jahr wiederlegte ein bisher etabliertes Lehrbuchwissen über die Rolle von Ornamenten für die Partnerwahl von monogamen Arten: Auch hier fanden die Wissenschaftler nur eine Bestätigung dafür, wenn die Stichprobe gering war.

"Unsere Studie mit den Haussperlingen verdeutlicht einige Probleme der gängigen wissenschaftlichen Praxis, bei der fachübergreifend Studien, die bereits veröffentlichte Ergebnisse nicht wiederholen können, generell als uninteressant angesehen werden, daher oft nicht veröffentlicht werden und zu verfälschten Schlussfolgerungen führen,“ sagt Julia Schroeder, frühere Forschungsgruppenleiterin in Seewiesen. “Das kann uns sehr in die Irre führen. Wir brauchen dringend mehr Bemühungen, diese einseitige Veröffentlichungspraxis zu durchbrechen.“

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