Mikroskopie auf einen atomaren Punkt gebracht

Die Quantenpunkt-Kontakt-Mikroskopie bildet Oberflächen mit atomarer Auflösung ab

1. September 2011

Oberflächen von Metallen und möglicherweise auch von Keramiken oder anderen Festkörpern lassen sich nun besonders scharf und detailreich abbilden. Physiker des Max-Planck-Instituts tasten eine Probe ab, indem sie mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops über sie ziehen. Dieser Kontakt besteht aus einem Adatom, einem auf der Oberfläche liegenden Atom. So erhalten sie Bilder, auf denen die atomare Struktur besser zu erkennen ist als auf gewöhnlichen Aufnahmen mit einem Rastertunnelmikroskop. Weil die Spitze des Mikroskops dabei die Oberfläche über das Adatom berührt und zudem dessen Quanteneigenschaften zum Tragen kommen, sprechen die Forscher von Quantenpunkt-Kontakt-Mikroskopie, kurz QPCM. Damit haben sie erstmals direkt die Struktur eines ungewöhnlichen Ordnungseffektes auf einer Goldoberfläche abgebildet. Außerdem haben die Wissenschaftler Hinweise gefunden, dass sie mit der Methode bestimmen können, zu welchem chemischen Element die ertasteten Atome gehören.

Wie Oberflächen im Detail aussehen, interessiert Physiker, Chemiker, Materialwissenschaftler und Ingenieure gleichermaßen – wenn vielleicht auch aus unterschiedlichen Gründen. Physiker haben es oft auf elektronische Phänomene abgesehen, Chemiker wollen wissen, wie chemische Reaktionen an Oberflächen ablaufen, Materialwissenschaftler wollen häufig wissen, wie ordentlich eine Oberfläche strukturiert ist, um etwa die Entstehung von Rissen zu verstehen. Ingenieure schließlich nutzen diese Erkenntnisse für elektronische Bauteile, Motoren, chemische Reaktoren und zahllose andere Anwendungen.

Eine neue, besonders klare Sicht auf Oberflächen ermöglichen Physiker des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung jetzt mit der Quantenpunkt-Kontakt-Mikroskopie (QPCM). Sie tasten eine Probe mit einem einzelnen Atom ab, indem sie es mit der Spitze eines Rastertunnelmikroskops (RTM) über die Oberfläche ziehen. Getestet haben sie die Feinfühligkeit des atomaren Fingers bislang an Metallen wie Kupfer, Silber, Gold und Platin, die sehr regelmäßige Kristallgitter bilden.

„Das Adatom springt dabei von einem Gitterplatz zum nächsten“, erklärt Peter Wahl, der die Methode gemeinsam mit Yong-hui Zhang und Klaus Kern entwickelt hat. Wie seine Umgebung beschaffen ist, fühlt das Kontaktatom, weil zwischen Mikroskopspitze und Probe eine Spannung anliegt und ein Strom fließt. Wie viel Strom fließt, hängt von der Leitfähigkeit direkt unter dem Adatom ab. Dort etwa wo die Atome des metallischen Kristalls sitzen, ist sie niedriger als in den Räumen dazwischen.

Anhand eines elektrischen Stromflusses, genauer gesagt anhand des quantenmechanischen Tunnelstroms, ermittelt zwar auch ein Rastertunnelmikroskop im normalen Betriebsmodus, wie die Oberfläche strukturiert ist. „Die Quantenpunkt-Kontakt-Mikroskopie liefert allerdings mehr Details und schärfere Bilder, weil sie ein einzelnes Atom nutzt, das die Oberfläche berührt“, sagt Peter Wahl. Das Atom registriert so nämlich nur, wie die Probe direkt unter ihm beschaffen ist. Der RTM-Spitze, die im besten Fall auch in einem einzelnen Atom  ausläuft, fehlt dieser unmittelbare Kontakt im normalen Betriebsmodus, wodurch ihre Sicht leicht getrübt wird. Direkt mit der Spitze über die Probenoberfläche zu fahren, hilft wiederum kaum, weil dann meistens nicht klar ist, ob sie die Probe nur mit dem äußersten Atom berührt oder ob die Kontaktfläche größer ist. „Das erschwert die Interpretation der Messung“, so Peter Wahl. Außerdem kann die Spitze weiche Proben verändern, was eine Messung wertlos macht.

Zur Redakteursansicht