Katalyse auf der Nanometerskala

Ein deutsches Forscherteam hat erstmals die Formänderung von Rhodium-Nanopartikeln unter Reaktionsbedingungen nachgewiesen. Die Erkenntnisse könnten die Qualität der Katalysator-Materialien deutlich verbessern

10. Oktober 2008

Katalysatoren, die auf metallischen Nanopartikeln basieren, sind für die Herstellung vieler Chemikalien und Brennstoffe unverzichtbar. Sie kommen weiterhin im Dreiwegekatalysator bei der Abgasreinigung von Kraftfahrzeugen zum Einsatz. Entscheidend für die Funktion ist dabei das seltene Übergangsmetall Rhodium, dessen Eigenschaften Wissenschaftler verbessern wollen. Andreas Stierle und seine Kollegen am Max-Planck-Institut für Metallforschung in Stuttgart und vom Commissariat a l’Energie Atomique in Grenoble (Frankreich) haben jetzt erstmals auf der Oberfläche von Rhodium-Nanopartikeln eine extrem dünne Oxidschicht nachgewiesen und gezeigt, wie sich die Form der Nanopartikel unter moderatem Sauerstoff- und Kohlenmonoxideinfluss reversibel verändert. Experimente mit Synchrotronstrahlung an der Angström-Strahlungsquelle (ANKA, KIT) in Karlsruhe und an der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle (ESRF) in Grenoble erlaubten es den Wissenschaftlern, die Formänderungen "live" zu verfolgen und sie abschließend durch elektronenmikroskopische Messungen am Höchstleistungs-Transmissionselektronenmikroskop am Stuttgarter MPI für Metallforschung zu untermauern. Die präzisen Erkenntnisse über die Struktur der Rhodium-Nanopartikel während katalytischer Reaktionen sind nützlich für die Entwicklung von verbesserten, heterogenen Katalysatormaterialien mit längerer Lebensdauer, höherer Aktivität und Selektivität.

Wie auch andere Übergangsmetalle, z.B. Palladium und Platin, weist das sehr reaktionsträge Rhodium hohe katalytische Aktivität auf und ist deshalb für verschiedene industrielle Prozesse sehr wichtig. Wissenschaftler interessieren sich besonders für die physikalischen und chemischen Prozesse an den metallischen Rhodium Nanopartikeln (NP). Gegenstand der Debatte ist dabei, ob der metallische oder der oxidierte Zustand der katalytisch aktivere Zustand ist.

Die Experimente mit Röntgen- und Synchrotronstrahlung zeigen, dass sich die Form der Rhodium-Nanopartikel reversibel von einer spitzeren Pyramide zu einer abgeflachten Pyramide ändert. Auf der Oberfläche der Rhodium-Nanopartikel bildet sich eine ultradünne Oxidschicht aus, die nur aus drei atomaren Lagen besteht. "Dies ist die dünnste Oxidschicht der Welt, die man sich vorstellen kann", erklärt Andreas Stierle. "Mit unseren Methoden haben wir diese O-Rh-O-Schicht erstmals auf Rh Nanopartikeln experimentell nachgewiesen und konnten zudem die Formänderung der Nanopartikel in situ , das heißt direkt während der katalytischen Reaktion der CO-Oxidation , verfolgen."

Mit der Ausbildung der stabilen Oxidschicht verändert sich die Gitterstruktur des Rhodiums. Weil die O-Rh-O Schicht auf den (001) und (100) Facetten energetisch günstiger ist als auf der (111)-Facette, wird die Pyramide flacher (und die 001 / 100 - Facetten breiter - siehe Abb. 1). Dabei wandern die Rh-Atome von der oberen (001) Facette in die Oxidschicht hinein.

Eine bildliche Bestätigung dieser Ergebnisse lieferte die Untersuchung der Rhodium Nanoteilchen am Höchstleistungs-Elektronenmikroskop des Stuttgarter Zentrums für Elektronenmikroskopie (StEM) am MPI für Metallforschung (siehe Abb. 2).

Rhodium wird vor allem in Fahrzeugkatalysatoren wie dem Dreiwegekatalysator verwendet. Es wandelt schädliche Bestandteile der Abgase wie Kohlenmonoxid, Stickoxide und Kohlenwasserstoffe in ungefährlichere Gase um. Zudem beschleunigt Rhodium in industriellen Prozessen die Herstellung einiger chemischer Grundstoffe wie Salpeter- und Blausäure. Es dient auch als hochwertiges Beschichtungsmittel von Schmuck, Spiegeln und stark beanspruchten Laborgeräten. Die mit dieser Studie gewonnenen, detaillierten Erkenntnisse über die physikalischen und chemischen (strukturellen) Prozesse an der Oberfläche der Nanopartikel sind nützlich für die Entwicklung von verbesserten, heterogenen Katalysatoren.

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