Nur wenige Seevogelarten erkranken an Vogelmalaria

Klimaunterschiede weniger von Bedeutung für die Übertragung von Blutparasiten bei Seevögeln als erwartet

5. Dezember 2011

Seevögel leben oft in großen Kolonien auf engstem Raum. Parasiten wie Flöhe und Zecken nutzen diesen idealen Lebensraum mit seinem reichhaltigen Nahrungsangebot. Dabei können  sie Blutparasiten wie die Vogelmalaria übertragen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell untersuchten nun mit einem internationalen Kollegenteam, ob dies auf alle Seevögel gleichermaßen zutrifft und ob klimatische Bedingungen, der Lebensraum oder die spezielle Lebensweise den Befall mit Vogelmalaria beeinflussen. Sie fanden heraus, dass die meisten Seevögel frei von Malariaparasiten sind, einige Gruppen aber, allen voran die Fregattvögel, besonders häufig Wirte der Malariaparasiten sind. Es gibt zwar einen Zusammenhang zwischen wärmeren Temperaturen und vermehrten Infektionen, aber es sind durchaus nicht alle tropischen Seevögel infiziert. Innerhalb eines Lebensraums steigt für Arten mit längerer Nestlingszeit oder besonderen Brutplätzen das Infektionsisiko.

Seevögel kommen von der Antarktis bis in die tropischen Meere vor, aber alle sind auf Brutplätze auf dem Land angewiesen. Zum Schutz vor Fressfeinden oder aus Mangel an geeigneten Plätzen schließen sie sich dort oft zu großen, dichten Kolonien zusammen. Damit  bieten sie Blutsaugern wie Flöhen, Zecken und Federlingen - flügellosen Insekten, die im Gefieder leben und von Federn und Blut leben - reichlich Nahrung und Lebensraum, weshalb sie dort in großer Zahl vorkommen. Die kleinen Plagegeister kommen auch mit kaltem Klima wie in der Subantarktis gut zurecht, und sind in ihrer Nahrungswahl  nicht besonders spezialisiert, was die Forscher aus eigener leidvoller Erfahrung wissen.

Andere Blut saugende Insekten wie Mücken kommen dagegen vor allem im wärmeren Klima vor, wie es in den tropischen Brutgebieten vorherrscht. Weil Mücken zu den Hauptüberträgern der Vogelmalaria der Gattung Plasmodium gehören, untersuchten die Forscher des Max-Planck-Instituts für Ornithologie und ihre Kollegen aus Spanien, Frankreich, Mexiko und den USA, ob sich der Befall mit Vogelmalaria zwischen Seevögeln aus kalten und warmen Meeresgebieten unterscheidet. Dazu analysierten sie Blutproben von Seevögeln aus verschiedenen Regionen der Erde mit genetischen Methoden auf den Parasitenbefall.

„Wir waren überrascht, dass die Klimaunterschiede weniger von Bedeutung für die Übertragung von Blutparasiten waren als erwartet“, sagt Petra Quillfeldt.  „Im wärmeren Klima leben mehr Überträger, dort hätten wir einen erhöhten Befall vermutet. Dagegen können sich zum Beispiel Arten, die auf der gleichen Insel unter denselben klimatischen Bedingungen leben, sehr stark im Befall unterscheiden.“ Die Forscher definierten einige Seevogelgruppen, die sogar regelmäßig Malariaparasiten in sich tragen. Besonders die Fregattvögel fielen auf, da alle fünf Arten dieser tropischen Vögel sehr häufig befallen sind.

„In der Seevogelgemeinschaft der Weihnachtsinsel im südlichen Indischen Ozean sind von fünf Seevogelarten nur die Weißbauch-Fregattvögel Wirte von Malaria. Über die Hälfte der Weißbauch-Fregattvögel waren betroffen, und das gleich von drei genetisch verschiedenen Malarialinien der Gattung Haemoproteus und Parahaemoproteus. Eine davon war ein völlig neuer Stamm. Dagegen waren Tropikvögel und drei Arten Tölpel auf der gleichen Insel gar nicht infiziert“, führt Petra Quillfeldt  weiter aus.

Bei anderen Seevogelgruppen, wie den Raubmöwen und Alkenvögeln, konnten die Wissenschaftler bislang keine Infektion mit Blutparasiten nachweisen. Die Untersuchungen lassen den Schluss zu, dass die Infektionswahrscheinlichkeit unter anderem vom Lebensstil der Vögel abhängt: Arten mit langer Nestlingszeit und Höhlenbrüter sind besonders betroffen.

Eine vergleichbar umfassende Arbeit, die Seevögel aller Klimazonen untersucht, gab es bisher nicht. Sie hat gezeigt, dass verschiedene Faktoren die Infektion mit Malariaparasiten beeinflussen können. Gleichzeitig ergeben sich neue Fragen: So möchten die Forscher die Lebenszyklen der Malariaparasiten und der Überträger besser verstehen und herausfinden, welche Mechanismen für die Unterschiede in der Anfälligkeit zwischen den Arten verantwortlich sind.

(PQ/LA/HR)

Zur Redakteursansicht