Sieben Millionen Euro für Proxima Fusion

Das Max-Planck-Start-up entwickelt ein Fusionskraftwerk als saubere und zuverlässige Energiequelle

30. Mai 2023

Proxima Fusion, ein Spin-out aus dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, entwickelt ein Fusionskraftwerk auf der Grundlage des Stellarator-Konzepts. Dabei schließt ein Magnetfeld, das von Spulen mit anspruchsvoller Geometrie erzeugt wird, das Fusionsplasma ein. Das Start-up hat nun sein Pre-Seed-Fundraising in Höhe von sieben Millionen Euro abgeschlossen. Das Fundraising wird gemeinsam von Plural und UVC Partners geleitet und vom High-Tech Gründerfonds (HTGF) und der Wilbe Gruppe unterstützt.

Proxima Fusion ist das erste Spin-out aus dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik: Das Start-up wurde von ehemaligen Wissenschaftlern und Ingenieuren aus dem Max-Planck-Institut, dem MIT und Google-X gegründet. Ziel der Gruppe ist es, in den kommenden Jahren einen neuen Hochleistungsstellarator zu entwickeln. Proxima Fusion plant, dass das erste Fusionskraftwerk auf Basis eines Stellarators in den 2030er Jahren entsteht. Das Start-up sitzt in München und damit in der Nähe zu einem der Forschungszentren des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik in Garching, was die Zusammenarbeit mit dem Institut erleichtern soll.

Aufwendigeres Design, einfacherer Betrieb

Das Vorbild für ein Fusionskraftwerk sind die Sterne: Auch sie erzeugen Energie durch die Fusion von Atomkernen. Die am besten erforschte Methode, Fusion auf der Erde zu ermöglichen, setzt darauf, ein energiereiches, ionisiertes Gas, das sogenannte Plasma, in einem ringförmigen Magnetfeld einzuschließen. Denn kein Materialmaterial würde dem Kontakt mit dem extrem heißen Plasma standhalten. Moderne Anlagen mit magnetischem Einschluss können bereits routinemäßig Plasmen mit mehr als 100 Millionen Grad erreichen – das ist in etwa zehnmal so heiß wie das Zentrum unserer Sonne. Die Chance, die Fusion als sichere, saubere und höchst effiziente Energiequelle zu nutzen, motiviert die akademische Forschung seit vielen Jahrzehnten. Um den magnetischen Käfig zu erzeugen, gibt es die beiden Konzepte des Tokamaks und Stellarators. Stellaratoren verwenden viele kompliziert geformte Elektromagneten, die das Plasmagefäß umgeben. Tokamaks kombinieren dagegen einfache externe Elektromagneten mit einem starken Strom innerhalb des Plasmas. Dadurch ist das Design eines Tokamaks zwar einfacher, aber der große Strom führt zu Schwierigkeiten bei der Stabilitätskontrolle des Plasmas, die beim Stellarator nicht auftreten. Zudem lässt sich im Stellarator mit weniger Aufwand ein Dauerbetrieb aufrechterhalten und die Wärmebelastung der Materialoberflächen bewältigen.

Die Arbeiten von Proxima Fusion bauen auf dem Wendelstein 7-X (W7-X) des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik auf, dem mit Abstand fortschrittlichsten Stellarator der Welt. Er löst viele Probleme, mit denen die ersten Stellaratoren noch behaftet waren. Zu deren Nachteilen gehörten ein schlechter Plasmaeinschluss bei hohen Temperaturen, hohe Verluste an Fusionsprodukten und schwer einhaltbare Konstruktionstoleranzen. „Die experimentellen Fortschritte von W7-X und die jüngsten Fortschritte bei der Modellierung von Stellaratoren haben das Bild radikal verändert", erklärt Francesco Sciortino, Mitbegründer und CEO von Proxima Fusion. "Stellaratoren können inzwischen die Hauptprobleme von Tokamaks überwinden und signifikant weiterentwickelt werden, wodurch die Stabilität des Plasmas verbessert und stationäre Spitzenleistungen erreicht werden."

Ein Rekord beim Energieumsatz

Die Leistung von Fusionsanlagen wurde bislang mit dem Tripelprodukt aus Dichte, Temperatur und Einschlusszeit quantifiziert. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 2015 hat W7-X bei dieser Kenngröße schnell zu den fortschrittlichsten Tokamaks aufgeholt, die bisher zusammengenommen weitaus mehr Mittel erhalten haben. Allerdings sagt das Tripelprodukt wenig darüber wie tragfähig ein Fusionskonzept technisch und ökonomisch als Grundlage für ein Kraftwerk ist. W7-X kann auch hier überzeugen: Sein im Februar 2023 erzielter Rekord beim Energieumsatz, das heißt der gesamten Heizleistung multipliziert mit der Dauer des Experiments, ist nach der Überzeugung der beteiligten Forschenden nur der jüngste Beweis dafür, dass Stellaratoren wie W7-X in einer Reihe wichtiger Aspekte überlegen sind. Jorrit Lion, Mitbegründer und Experte für die Modellierung von Stellarator-Kraftwerken, sagt: „Die deutsche Regierung hat über Jahrzehnte mit visionären Investitionen die Stellaratortechnologie in Deutschland bis zur Weltspitze vorangebracht. Auf dem dadurch geschaffenen Know-how in Instituten und Unternehmen können wir nun als Startup aufbauen. Wir bündeln jetzt diese Expertise um Fusionsenergie aus Stellaratoren ans Netz zu bringen."

Mit der nun eingeworbenen Finanzierung kann das Start-up die nächsten Schritte in Richtung eines Fusionskraftwerks gehen: „Wir freuen uns sehr über die positive Resonanz und das Vertrauen, das dem Start-up Proxima Fusion durch diese erfolgreiche Finanzierungsrunde entgegengebracht wurde“, sagt Sebastian Meyer-Borchert, Start-up & Portfolio Manager bei Max-Planck-Innovation, der Technologietransfer-Organisation der Max-Planck-Gesellschaft. „Mit den sieben Millionen Euro ist das Team in der Lage, ihre ambitionierten Pläne voranzutreiben und die Entwicklung eines neuen Hochleistungsstellarators in Angriff zu nehmen. Diese Finanzierung stellt einen wichtigen Meilenstein dar und unterstreicht das große Potenzial der Fusionsenergie."

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