Zum Beschluss des Berliner Landgerichts in der Causa Boivin

Eine Stellungnahme der Max-Planck-Gesellschaft

6. Dezember 2021

Das Landgericht Berlin hat am heutigen Tag dem von den Anwälten von Frau Boivin eingereichten Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben. Danach darf die MPG die Entscheidung des Präsidenten über die Abberufung von Frau Boivin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht vollziehen. In der Auseinandersetzung vor dem Landgericht ging es ausschließlich um Verfahrensfragen. Die inhaltlichen Vorwürfe, die die MPG gegenüber Frau Boivin erhebt, waren nicht Gegenstand der Verhandlung und haben bei der Entscheidung des Gerichts auch keine Rolle gespielt.
 

„Das ist insofern enttäuschend“, so der Generalsekretär der Max-Planck-Gesellschaft, Rüdiger Willems, „da das Urteil damit das Wohl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort unberücksichtigt lässt. Der Verwaltungsrat der Max-Planck-Gesellschaft wird daher noch in dieser Woche darüber beraten, wie wir die Situation vor Ort kontrollieren und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angemessen schützen können. Darüber hinaus wird die Max-Planck-Gesellschaft Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.“

Hintergrund der gerichtlichen Auseinandersetzung war die Entscheidung der Max-Planck-Gesellschaft, Frau Boivin die Leitungsbefugnis für ihre Abteilung zu entziehen. Dieser Entscheidung war eine langwierige und intensive Prüfung verschiedenster Vorwürfe durch eine unabhängige und paritätisch besetzte Kommission (Mann und Frau/intern und extern) vorausgegangen. Die vom Senat der Max-Planck-Gesellschaft eingesetzte (ständige) Wissenschaftliche Kommission mit Mitgliedern aller drei Sektionen der MPG, hatte sich den Feststellungen der Untersuchungskommission zu wissenschaftlichem und nichtwissenschaftlichem Fehlverhalten angeschlossen und dem Verwaltungsrat und dem Präsidenten den Entzug der Leitungsfunktion und die Kürzung der Ressourcen empfohlen.

Frau Boivin wäre damit aber weiterhin vereinsrechtlich Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft geblieben und hätte über Forschungsmittel verfügt, die ihr weiterhin selbstständige Forschungsarbeiten ermöglicht hätten. Frau Boivin hatte den diesbezüglich geänderten Vertrag über ihren Anwalt zunächst vorbehaltlos schriftlich akzeptiert, dann aber beim Landgericht Berlin einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, den Entzug der Leitungsfunktion wieder rückgängig zu machen.

Der Entzug der Leitungsfunktion war aus Sicht der MPG zum Schutz der Mitarbeitenden unausweichlich und dringend, weil sich zahlreiche massive Defizite, in der Betreuung des anvertrauten Personals, insbesondere der Nachwuchswissenschaftlerinnen, und im Umgang mit einem Forschungsprojekt einer Forschungsgruppenleiterin ergeben hatten. Die Leitung der Abteilung hatte der Präsident kommissarisch dem Vizepräsidenten übertragen.

Die Gremien der MPG sind über den Verwaltungsrat und die Wissenschaftliche Kommission des Senats satzungskonform beteiligt worden. Bei der Verfahrensfrage, die im Kern der gerichtlichen Anhörung/Auseinandersetzung stand, ist die MPG in einem Dilemma: entweder wählt sie den Weg der Eilentscheidung (was sie gemacht hat) und läuft Gefahr, dass das Gericht moniert, der Senat sei nicht korrekt eingebunden gewesen, oder sie beteiligt den Senat und scheitert dann vor dem Arbeitsgericht wegen Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist (nach § 626 Abs. 2 BGB).

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