Häufig gestellte Fragen zu Tierversuchen

Zu welchem Zweck werden Tierversuche durchgeführt?

In Deutschland dürfen Tierversuche nur für die Entwicklung neuer Arzneimittel, zum Erkennen von Umweltgefährdungen und zur Prüfung der Unbedenklichkeit von Arznei- und Pflanzenschutzmitteln, Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen, Chemikalien und Gefahrstoffen durchgeführt werden sowie für die Grundlagenforschung.

Tierversuche zur Entwicklung und Erprobung von Waffen, Munition und anderem militärischem Gerät sind nicht erlaubt. Ebenfalls ausgeschlossen sind Tierversuche zur Entwicklung von Tabakerzeugnissen, Waschmitteln und Kosmetika.

Ist es moralisch, Tiere in Forschungsexperimenten einzusetzen?

Tierversuche sollen dazu beitragen, menschliches Leid zu verhindern oder zumindest zu lindern. Ein Verzicht auf Untersuchungen an Tieren bedeutet, auch auf die mögliche Behandlung unheilbar kranker Patienten zu verzichten. Versuche an Tieren stellen Wissenschaftler deshalb vor ein ethisches Dilemma, denn sie müssen zwischen dem Leid von Tieren und dem von Menschen abwägen. Für die meisten Menschen ist der Wert eines Menschen höher als der eines Tieres. Sie halten es daher für gerechtfertigt, Versuche an Tieren zum Wohle von Menschen durchzuführen.

Billigt man Tieren generell denselben Wert eines Menschen zu, würde das unseren Umgang mit Tieren völlig verändern. Der Verzehr von Fleisch wäre genauso abzulehnen wie die Nutzung sämtlicher Tierprodukte (wie Milch, Eier, Leder). Auch die Haltung von Haustieren wäre dann moralisch nicht zu rechtfertigen.

Ist es gerechtfertigt, Versuche mit Tieren für die Grundlagenforschung vorzunehmen?

Genauso wenig wie ein Astronom für seine Untersuchungen auf Sterne verzichten kann oder ein Meteorologe auf das Klima, kann ein Biologie ohne lebende Organismen forschen. Wer begreifen will, wie die Natur funktioniert, muss dazu Tiere studieren. Nur dank der biologischen Forschung wissen wir heute, wie Tiere in ihrer Umwelt zurechtkommen und was sie zum Überleben brauchen. Aus solchen Erkenntnissen entstehen auch immer wieder Ideen für die Medizin, denn was Tiere krank macht, schadet häufig auch dem Menschen.

Wie profitieren Menschen von Tierversuchen?

Auch für die Medizin gilt: Ohne Tierversuche lassen sich keine neuen Medikamente entwickeln. So wie ein neues Automodell geprüft wird, ob es seine Insassen sicher ans Ziel bringt, müssen neue Behandlungsmethoden ebenfalls auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit getestet werden. Leider gibt es in der Medizin keine Dummy-Puppen wie für Crash-Tests mit dem Auto. Stattdessen soll die Forschung an Tieren verhindern, dass Patienten unwirksame oder gefährliche Wirkstoffe erhalten. Tierversuche sagen etwa 70 Prozent der Nebenwirkungen voraus, die ein Wirkstoff beim Menschen auslösen kann.

Versuche an Tieren können also beim Menschen unwirksame oder unverträgliche Wirkstoffe nicht mit absoluter Sicherheit vorhersagen. Ohne sie müssten aber viele unsichere Medikamenten-Kandidaten gleich am Menschen getestet werden.

Sind die Ergebnisse überhaupt auf den Menschen übertragbar?

Cholesterinhaltige Nahrung führt bei Mäusen zu Übergewicht, Asbest ruft bei Ratten Lungenkrebs hervor und Zebrafische können depressiv werden. Was für Tiere schädlich ist, schadet also oft auch dem Menschen. Aber sind die Gründe dafür dieselben wie beim Menschen?

Alle Lebewesen auf der Erde haben einen gemeinsamen Urahnen und sind deshalb mehr oder weniger eng miteinander verwandt. Die Natur hat im Laufe der Evolution viele bewährte Abläufe beibehalten. Die Forschung mit Tieren kann deshalb wertvolle Hinweise für die Ursache von Krankheiten und die Wirkung von Medikamenten liefern. Durch Tierversuche lassen sich erwünschte und etwa 70 Prozent der unerwünschten Wirkungen vorhersagen. Acetylsalicylsäure zum Beispiel, der Wirkstoff des Schmerzmittels Aspirin, wirkt bei Ratte und Mensch schmerzlindernd, kann aber bei beiden die Blutungsneigung erhöhen.

Natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Arten und nicht alles, was für Fische und Mäuse gilt, kann eins zu eins auf den Menschen übertragen werden. Deshalb muss jedes Medikament und jede Behandlungsmethode noch an freiwilligen menschlichen Probanden getestet werden, bevor es für Patienten zur Verfügung steht.

Wie hoch ist die Erfolgsquote von Tierversuchen?

Das hängt davon ab, woran man den Erfolg festmacht. Das Ziel von Grundlagenforschung ist nicht, direkt Anwendungen zu entwickeln, sondern zunächst Wissen zu schaffen, das dann für Anwendungen genutzt werden kann. Wissenschaftler dürfen in Deutschland nur dann Versuche mit Tieren durchführen, wenn sie für die Klärung einer bislang ungeklärten Fragestellung unverzichtbar sind. So gesehen trägt jeder qualitativ korrekt durchgeführte Versuch dazu bei, unser Wissen über die Natur zu mehren.

Darüber hinaus gibt es unzählige Beispiele dafür, dass Versuche an Tieren zu neuen medizinischen Behandlungsmethoden geführt haben: beispielsweise die Entdeckung des Rhesus-Faktors im Blut von Rhesus-Affen, die Entwicklung von Operationstechniken für Organtransplantationen an Hunden und Schweinen oder die Entdeckung Tumor-unterdrückender Gene im Erbgut der Maus. Dazu kommen die Erkenntnisse über richtige Dosierung von Medikamenten und ihre möglichen Nebenwirkungen. Auch die Auswirkungen neuer Chemikalien lassen sich ohne Versuche an Tieren nicht überprüfen.

Einen Zahlenwert als Erfolgsquote festzulegen, ist also schwer. Eines steht aber fest: Ohne Tierversuche würden viele Menschen wegen fehlender medizinischer Behandlungsmöglichkeiten und an Giftstoffen sterben.

Warum ersetzen Sie Tierversuche nicht durch Computermodelle, Zellkulturen oder nichtinvasive bildgebende Verfahren wie Kernspin- und Computertomografie oder ähnliches?

Computermodelle unterstützen Wissenschaftler in der Tat bei ihrer Forschung. Mit ihrer Hilfe lässt sich manchmal das mögliche Ergebnis eines Experiments vorhersagen. So machen sie manche Versuche überflüssig. Solche Simulationen müssen aber einen Realitäts-Check durchlaufen, denn die Modelle geben die realen Verhältnisse meist nicht ganz exakt wieder. Für die meisten biologischen Vorgänge gibt es dagegen überhaupt noch keine Modelle, die sie auch nur annähernd simulieren können. Schon die Abläufe in einer einzigen Körperzelle sind viel zu kompliziert, als dass man sie heute per Computer berechnen könnte. Dasselbe gilt für unser Gehirn. Würden Mediziner die Wirksamkeit und Sicherheit neuer Wirkstoffe nur am Computer berechnen und nicht im lebenden Organismus testen, müssten Patienten damit rechnen, wirkungslose Medikamente zu erhalten und zudem schwersten Nebenwirkungen ausgesetzt zu sein.  

Auch Zellkulturen helfen Forschern heute, Tierversuche zu vermeiden. Dazu müssen zwar zunächst Zellen Tieren entnommen werden, diese können dann aber vermehrt und manchmal über Jahre hinweg in Brutschränken am Leben gehalten werden. Mit ihrer Hilfe können Wissenschaftler beispielsweise untersuchen, warum eine Veränderung eines bestimmten Gens eine gesunde Zelle zur Krebszelle werden lässt. Sobald sie dies aufgeklärt haben, können sie Wirkstoffe dagegen entwickeln und testen. Zellkulturen können aber nicht alle Versuche an Tieren überflüssig machen. Denn sie besitzen keine Organe und bestehen nur aus relativ wenigen Zellen eines einzigen Typs. So können Forscher dann zwar in einer Kultur von Leberzellen testen, ob ein Wirkstoff Krebszellen ausschalten kann, nicht aber, ob er vielleicht in der Niere, in der Haut oder irgendwo sonst im Körper gefährliche Nebenwirkungen hervorrufen würde. Manche Organe wie beispielsweise unser Gehirn mit seinen 100 Milliarden Nervenzellen sind zudem so kompliziert aufgebaut, dass sich ihre Funktionsweise nicht mit einer Kultur von einigen tausend Nervenzellen untersuchen lässt. Medikamente gegen Erkrankungen des Gehirns wie Depression, Angststörungen, Alzheimer oder Parkinson lassen sich nicht mit Zellkulturen entwickeln.

Mit bildgebenden Verfahren wie Kernspin- und Computertomografie können Forscher und Mediziner in das Innere des Körpers blicken ohne diesen zu verletzen. Solche Verfahren werden heute vielfach in der Forschung eingesetzt, zum Beispiel, um die Gehirnaktivität zu messen oder die Beschaffenheit von Organen zu analysieren. So lässt sich beispielsweise in einem Tierversuch überprüfen, ob ein potenzieller Wirkstoff gegen Depression die Gehirnaktivität verändert ohne das Tier zu verletzen. Ihre Bilder sind jedoch nicht scharf genug, um damit einzelne Zellen beobachten oder gar in Zellen hineinsehen zu können. Warum manche Menschen an Alzheimer erkranken und andere nicht, lässt sich nicht mittels Kernspintomografie herausfinden.

All diese möglichen Alternativen basieren selbst auf Erkenntnissen, die aus Versuchen an Tieren stammen. Ohne Tierversuche gäbe es also keine Computermodelle, Zellkulturen oder bildgebende Verfahren. Tierversuche sind weiter nötig, um sie noch besser zu machen, damit sie Tierversuche noch öfter ersetzen können.

Was wird bei Tierversuchen eigentlich gemacht?

Welche Untersuchungen an Tieren vorgenommen werden, hängt von der jeweiligen Forschungsrichtung ab. Als Tierversuch zählt heute auch, wenn Forscher das Erbgut eines Tieres verändern, um so beispielsweise die Rolle eines Gens bei der Entstehung von Krebs zu verstehen. Die Zucht genetisch veränderter Tiere macht heute den Großteil aller Tierversuche aus.

In anderen Versuchen wird das Gehirn von Tieren mittels Kernspintomografie untersucht, einer Untersuchung, die auch in der Medizin zum Einsatz kommt. Als Tierversuche können auch Verhaltensexperimente gelten, in denen sich Tiere in einem Labyrinth zurechtfinden oder ein Computerspiel lernen sollen. Auch die Abnahme von Blut oder die Einnahme von Medikamenten wird als Tierversuch gezählt.

Versuche, in denen operative Eingriffe an Tieren vorgenommen werden, sind im Vergleich zu den nicht oder nur wenig belastenden Versuchen in der Minderheit. Die Bedingungen, unter denen Wissenschaftler solche Eingriffe vornehmen, entsprechen häufig denen, wie sie auch bei Operationen am Menschen vorgeschrieben sind. Die Tiere werden beispielsweise steril unter örtlicher Betäubung oder in Vollnarkose operiert.

Fühlen die Tiere während der Versuche Schmerzen? Leiden sie?

Wirbeltiere haben nach dem heutigen Stand wissenschaftlicher Kenntnisse ein Schmerzempfinden, das mit dem des Menschen vergleichbar ist. Je näher ein Tier dem Menschen entwicklungsgeschichtlich steht, desto eher kann man davon ausgehen, dass es Schmerzen nicht nur wahrnimmt, sondern dass es auch subjektiv leidet.

Wissenschaftler tun bei der Planung und Durchführung ihrer Experimente alles, um die Belastungen ihrer Versuchstiere so gering wie möglich zu halten. Das ist auch deshalb wichtig, weil Versuchsergebnisse nur dann aussagekräftig sind, wenn sie von schmerz- und angstfreien Tiere stammen. Wenn Forscher nicht ausschließen können, dass ein Versuch Schmerzen auslöst, verabreichen sie den Tieren schmerzlindernde Medikamente oder führen das Experiment unter Narkose durch.

Trotzdem belasten manche Tierversuche natürlich die betroffenen Tiere. Dieser Belastung stehen das Leid und die Schmerzen von Menschen gegenüber, die an bislang unheilbaren Erkrankungen leiden. Jeder Tierversuch bedeutet also ein Abwägen zwischen dem Leid für das Tier und dem Erkenntnisgewinn und dem möglichem Nutzen für den Menschen. Letztendlich entscheidet unsere Gesellschaft, welchen Nutzen sie im Gegenzug für tierisches Leid erwartet.

Zur Redakteursansicht