Todeszone im Indischen Ozean

Der Nährstoffhaushalt eines neu entdeckten Gebiets mit geringen Sauerstoff-Konzentrationen im Golf von Bengalen steht auf der Kippe

6. Dezember 2016

In den großen Sauerstoff-freien Bereichen der Ozeane, den so genannten Todeszonen, entweichen aufgrund mikrobieller Prozesse große Mengen an Stickstoff als Gas. Man findet sie an den Westküsten Nord- und Südamerikas, Namibias und auch an der Westküste Indiens im Arabischen Meer. Ein Team von Wissenschaftlern hat nun eine weitere Todeszone im Golf von Bengalen im nordöstlichen Indischen Ozean mit einer Fläche von 60 000 Quadratkilometern entdeckt. Mit dabei im Team waren Forscher von der University of Southern Denmark, dem Bremer Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie und dem National Institute of Oceanography of India.

Die neu entdeckte Zone liegt in einer Wassertiefe zwischen 100 und 400 Metern. “Die Situation im Golf von Bengalen hat uns lange Zeit vor ein Rätsel gestellt, denn mit herkömmlichen Messmethoden konnte zwar kein Sauerstoff nachgewiesen werden, trotzdem gab es keinerlei Anzeichen von Stickstoffverlusten, die für andere Todeszonen so typisch sind“, sagt Laura Bristow, früher Wissenschaftlerin an der University of Southern Denmark und jetzt am Bremer Max-Planck-Institut.

Das Forscherteam hat jetzt mit neuen empfindlichen Sensoren gemessen, dass in der Zone zwar Sauerstoff vorhanden ist, aber in minimalen Konzentrationen, die 10 000-Mal niedriger sind als im sauerstoffgesättigten Oberflächenwasser. Dieselben Mikroorganismen, die in anderen Todeszonen für die Stickstoffentfernung zuständig sind, entfernen auch im Golf von Bengalen Stickstoff, allerdings viel langsamer als in anderen Todeszonen. “Das ist schon eine verrückte Sache. Die Mikroben sind anwesend und könnten große Mengen an Stickstoff entfernen, werden aber durch die minimalen Spuren von Sauerstoff an ihrem Job gehindert“, so Bristow. ”Wenn auch die letzten Reste an Sauerstoff weg sind, wird der Golf von Bengalen plötzlich zu einer Stickstoffsenke mit globalen Auswirkungen”, erklärt Wajih Naqvi, früher Direktor am National Institute of Oceanography. Diese dann auftretenden Stickstoffverluste würden den Stickstoffhaushalt und damit die Produktivität der marinen Lebensgemeinschaften verändern.

Experten sagen voraus, dass die Klimaveränderung die Atmosphäre und die Meere erwärmen und sich damit die Todeszonen ausweiten werden. Ob die Auswirkungen des Klimawandels den letzten Sauerstoff aus dem Golf von Bengalen entfernen werden, ist noch nicht sicher. Auch die hohe Bevölkerungsdichte und der damit verbundene hohe Nährstoffeintrag könnten im Golf von Bengalen dem Sauerstoff  den Rest geben. „Wir werden sehen, wie es mit dieser Todeszone weitergeht. Sicher ist, dass der Golf von Bengalen auf der Kippe steht. Jetzt brauchen wir mathematischen Modelle, um die potentiellen Auswirkungen auf den Stickstoffkreislauf im Golf von Bengalen und weltweit zu verstehen“, sagt Bristol.

MS/HR

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