Flüchtiger Stickstoff im Ozean

Wissenschaftler entdecken, was den Stickstoffgehalt im Ozean reguliert

24. Februar 2013

Wissenschaftler am Max-Planck-Instituts für marine Mikrobiologie haben während einer Expedition im südpazifischen Ozean zusammen mit Kollegen vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel festgestellt, dass organisches Material aus abgestorbenen und absinkenden Algen den Stickstoffverlust in den Sauerstoffminimumzonen im Meer steuert.

Eines der wichtigsten Aufgaben der modernen Meeresforschung ist eine bessere Vorhersage der Auswirkung der Erderwärmung und anderer menschlicher Einflüsse auf unsere Ozeane. Der Stockstoffkreislauf spielt dabei eine besonders wichtige Rolle, denn Stickstoff ist ein limitierender Nährstoff für alles Leben im Meer. Verschiedene Prozesse binden Stickstoffgas und machen ihn so für die Meeresorganismen verfügbar: Bakterien können Stickstoffgas aus der Atmosphäre aufnehmen und als Ammonium ins Meer einbringen. Bioverfügbarer Stickstoff gelangt aber auch durch Staubeintrag oder über die Flüsse ins Meer. Diese fixierten Stickstoffverbindungen verlassen das Meer schnell wieder als Stickstoffgas. Dafür sind Milliarden von Meeresmikroorganismen verantwortlich. Insbesondere zwei Prozesse tragen zum Stickstoffschwund bei: Denitrifikation und Anammox  (anaerobe Ammoniumoxidation mit Nitrit), beides Stoffwechselwege mariner anaerober Bakterien.

Bis zu 40 Prozent des weltweiten Stickstoffverlusts findet in Sauerstoffminimumzonen (SMZ) statt. Dies sind Meeresgebiete mit sehr geringer bis nicht messbarer Sauerstoffkonzentration. „Die östliche tropische SMZ im Südpazifik ist eine der größten Sauerstoffminimumzonender Welt“, erklärt Tim Kalvelage vom Max-Planck-Institut für marine Mikrobiologie, Erstautor der Studie. „Unser Ziel war, die Faktoren, die den Stickstoffverlust in dieser SMZ steuern, zu identifizieren und näher zu beschreiben und schließlich mit diesen Ergebnissen die Stickstoffverluste in allen SMZ und sogar den Ozeanen besser vorherzusagen.“

Andreas Oschlies vom GEOMAR in Kiel sagt: “Ich denke, diese Forschung ist wesentlich für die Weiterentwicklung unserer biogeochemischen Modelle, die bisher leider nicht zuverlässig genug den gemessenen Stickstoffverlust darstellen können.“

Eine Reihe von Expeditionen des Gemeinschaftsprojekts Sonderforschungsbereich 754 führte die Wissenschaftler zur SMZ im Südpazifik. Vom Forschungsschiffes Meteor aus nahmen sie in den Jahren 2008 bis 2009 Proben, die sie in den Laboren des Max-Planck-Instituts in Bremen, des GEOMAR und des Instituts für Allgemeine Mikrobiologie der Universität Kiel analysierten. Die Ergebnisse zeichnen ein umfassendes Bild der Nährstoffverteilung und der Prozesse, die für den Stickstoffverlust in der östlichen tropischen SMZ im Südpazifik verantwortlich sind, aber auch des Vorkommens und der Identität der beteiligten Bakterien. Mit Hilfe von Modellen errechneten die Wissenschaftler auch die Menge an Kohlenstoff, die produziert wird. So gelang es ihnen mit dieser groß angelegten Studie, die bislang umfassendste Stickstoffbilanz für eine SMZ zu berechnen.

Die Ergebnisse überraschten: „Wir konnten feststellen, dass hauptsächlich der Anammox-Prozess dem Ozean Stickstoff entzieht, und dass die Rate des Stickstoffverlusts mit dem Absinken von organischem Material zusammenhängt“, erklärt Tim Kalvelage. „Das hatten wir nicht erwartet, denn die Anammox-Bakterien nutzen kein organisches Material als Energiequelle, sondern Ammonium und Kohlendioxid.“ Das organische Material, das viel gebundenen Stickstoff enthält, dient vermutlich als Quelle für Ammonium für die Anammox-Reaktion, meinen die Autoren.

 „Unsere Forschungsarbeit trägt dazu bei, die Auswirkungen der von Menschen verursachten Sauerstoffarmut und der sich ändernden Primärproduktion auf den Stickstoffkreislauf aller anderen SMZ und möglicherweise sogar des gesamten Ozeans besser einschätzen zu können“, sagt Marcel Kuypers. „Davon hängt ab, wie viel Kohlendioxid der Ozean in Zukunft aufnehmen kann.“

MS/BA

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