Das Ganze erfassen

Bei einer einzigartigen Forschungsgruppe zum Rechtsvergleich von über 30 islamischen Familien- und Erbrechtsordnungen drohte frühzeitig das Licht auszugehen. Für Traudl Engelhorn-Vechiatto aber lag die Bedeutung dieses Themas auf der Hand und sie handelte sofort.

"Grundlagenforschung bietet die einmalige Chance, wirklich hinter die Dinge zu blicken." Mit dieser Einstellung trafft die Wissenschaftlerin Nadjma Yassari passgenau die Überzeugung ihrer Mäzenin Traudl Engelhorn-Vechiatto: "In der Grundlagenforschung steckt eine unglaublich innovative Kraft. Sie stellt eine kulturelle Aufgabe dar, der wir uns öffnen müssen."

Als Traudl Engelhorn-Vechiatto auf einen finanziellen Engpass am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht aufmerksam wurde, ließ sie ihren Worten Taten folgen. Denn dem Forschungsprojekt 'Das Recht Gottes im Wandel' drohte trotz seiner rechtlichen und politischen Bedeutung das Aus. In der Forschungsgruppe werden Familien- und Erbrecht islamischer Länder verglichen und daraus Schlüsse für den Umgang mit verschiedenen Rechtskulturen gezogen. Vor dem Hintergrund verstärkter Zuwanderung gewinnt die Arbeit der Forschungsgruppe immer mehr an Bedeutung, davon war Traudl Engelhorn-Vechiatto sofort überzeugt. So sprang sie unverzüglich mit einer großzügigen Spende ein.

Die weltweit einzigartige Forschungseinheit unter der Leitung von Nadjma Yassari widmet sich fächerübergreifend und rechtsvergleichend den über 30 Rechtsordnungen, deren Familien- und Erbrecht ganz oder teilweise auf dem religiösen Recht des Islams beruhen. Damit ermöglicht die Gruppe den Transfer von juristischer Grundlagenforschung sowohl in die deutsche Rechtswissenschaft als auch in die juristische Praxis. Die deutschen Gerichte müssen das Recht islamischer Länder kennen, das hier genauso angewendet werden muss wie italienisches, türkisches oder spanisches Recht. So beziehen sie sich ebenso wie viele Behörden immer öfter auf Gutachten der Gruppe um Nadjma Yassari.

"Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich Ihre Unterstützung motiviert und anspornt…!" Der Dank der Wissenschaftlerin kam aus tiefsten Herzen. "Die Max-Planck-Familie bietet die idealen Voraussetzungen für die geistige Entfaltung. [Sie]… erlaubt es mir nicht nur zu forschen und darüber wissenschaftlich zu schreiben, sondern ermöglicht es mir auch, meine Erkenntnisse in die (…) Öffentlichkeit zu tragen und zur Bereicherung und Vertiefung der Diskussionen zu diesem gesellschaftlich und politisch so aktuellen Thema beizutragen."

Mit diesem großzügigen Beitrag setzte die Witwe von Peter Engelhorn auch ihrem Mann ein Denkmal, dessen Lebenswerk sie durch ein langjähriges, beständiges Engagement für die Wissenschaft fortführt. Peter Engelhorn war Gesellschafter der Unternehmensgruppe Boehringer Mannheim und langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender. Ihn und seine Frau Traudl, eine aus Wien stammende Verlagsbuchhändlerin und Lektorin, verbanden Freundschaften mit dem Verhaltensforscher Konrad Lorenz (Nobelpreis 1973, Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie) und dem Biochemiker Benno Hess (Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie). Daraus entstanden immer weitere Kontakte in das Netzwerk von Max-Planck-Wissenschaftler(inne)n, die ihre Begeisterung weiter entfachten. Von dort war der Weg nicht weit zu einer Mitgliedschaft im Verein Max-Planck-Gesellschaft und zu einer regelmäßigen Förderung aus dem privaten Vermögen der Familie Engelhorn.

Nach dem frühen Tod von Peter Engelhorn 1991 widmete sich seine Frau verstärkt den gemeinsam gegründeten Stiftungen und Vereinen. Zusammen mit ihren vier Töchtern unterstützte sie zahlreiche Forschungsprojekte, Publikationen, wissenschaftliche Tagungen sowie kulturelle Vorhaben im Bereich der Musik.

Die Wissenschaft war neben der Kunst ihre zweite Leidenschaft: "Die Wissenschaft ist darum bemüht, die Welt auch in Zukunft lebenswert zu erhalten, sie zu gestalten und voranzubringen", war die Grundhaltung von Traudl Engelhorn-Vechiatto. "Deshalb halte ich es für überaus wichtig, dass in diesem Sinne geforscht und gearbeitet wird." So fördert die Peter und Traudl Engelhorn Stiftung den wissenschaftlichen Nachwuchs in der Biotechnologie und Gentechnik sowie Forschungsvorhaben in der Biowissenschaft, Biotechnologie und Gentechnik durch Stipendien für herausragende Nachwuchswissenschaftler(innen) und vergibt im zweijährigen Turnus einen mit 10.000 Euro dotierten Forschungspreis. In Stiftungsrat und Stiftungspreis-Kommission sind auch einige Max-Planck-Direktoren vertreten.
 

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