Auf der Höhe der Zeit
Schloss Ringberg feiert 100-jähriges Bestehen
In Oberbayern verfügt die Max-Planck-Gesellschaft über eine echte Rarität als Tagungsstätte. Wie sie dazu kam und was den Bau so besonders macht, wird künftig in einer Ausstellung neu präsentiert.
Von Weitem sichtbar thront Schloss Ringberg mit seinen trutzigen Türmen über dem Tegernseer Tal. Seit 40 Jahren gehört das sagenumwobene Wittelsbacher Schloss zur Max-Planck-Gesellschaft, die die nie benutzte Burganlage in eine florierende, 1983 eröffnete interne Tagungs- und Begegnungsstätte umwandelte. So hatte Herzog Luitpold in Bayern die Burg 1973 der Max-Planck-Gesellschaft vermacht, die sie dank großzügiger Spenden der Rückversicherungs-Gesellschaft sowie der bayerischen Landesstiftung modernisieren und umbauen konnte. „Schloss Ringberg dient uns als wichtige Außenrepräsentanz auf dem internationalen Wissenschaftsparkett“, sagt Jochen Essl, seit 2009 Leiter der Tagungsstätte, in der sich die internationale Wissenschaftsszene vom Doktoranden bis zum Nobelpreisträger trifft. „So ein Schloss haben wirklich nur wir“, fügt er hinzu und verweist dabei auf manch, fast neidvoll geführtes Gespräch mit Forschern aus Harvard, Stanford oder Cambridge. „Unsere Gäste schätzen die besondere Atmosphäre des Ortes, an dem sie sich anders als im Hotel zu Hause fühlen können“.
Auf Jahre ausgebucht
Mit einem Team von zwölf Mitarbeitern trägt sich die Tagungsstätte selbst, inklusive anstehender Renovierungen. Derzeit sind die Gästezimmer im zweiten Stock dran. „Es gibt hier nicht den Luxus eines Fünf-Sterne-Hotels, den wollen wir gar nicht bieten.“ Wohl gerade deshalb trifft der Ort, der Zurückgezogenheit zulässt, solide Preise mit guter Regionalküche verbindet, den Nerv der Zeit. So ist Ringberg allein mit eigenen Tagungen ausgebucht, und dies für beinahe die nächsten zwei Jahre.
Auf ungewöhnliche Weise erfüllt die Max-Planck-Gesellschaft damit den Wunsch des ursprünglichen Bauherrn, Herzog Luitpold in Bayern aus einer Nebenlinie der Wittelsbacher. Der studierte und auf moderne Weise weltgewandte Kunsthistoriker plante auf dem ehemaligen Hexenberg 1912 eine florentinische Villa für seine Gäste zu bauen. Über die Jahre mäanderte die Villa zur komplexen Burganlage, die bis zum Tod des Bauherrn 1973 weder fertig noch bewohnbar war. „Ohne mich wäre das Haus doch nicht da“, schrieb der bauwütige Herzog 1915 an seinen Architekten Friedrich Attenhuber, der Ringberg auf gleiche Weise verfallen war wie der Herzog. So widmete der Münchner Maler seine gesamte Lebens- und Arbeitskraft der Burganlage. Auch, wenn sich der zunächst vertraut-freundschaftliche Kontakt zwischen Künstler und Herzog im Laufe der Jahre in eine von Verletzungen und Misstrauen geprägtes Verhältnis wandelte: Von Attenhuber stammt auf Ringberg einfach alles, die Entwürfe für die Kachelöfen ebenso wie für die unförmigen Möbel bis hin zum Nymphenburger Porzellan.
Vor allem aber hat Attenhuber der Nachwelt eine große Anzahl von Gemälden, Vorzeichnungen und Aquarellen hinterlassen. Auf beklemmende Weise zeigen sie, den sich systematisch verengenden Weg des Künstlers vom Aufbruch der Münchner Secession hin zum völkisch dominierten Heimatstil der 30er- und 40er-Jahre, der mit dem Suizid Attenhubers 1947 endete.
Als Gesamtkunstwerk – wenngleich nicht der Hochkunst – ist Schloss Ringberg in der europäischen Baugeschichte des 20. Jahrhunderts ein Unikat. Die Kunsthistorikerin Helga Himen, die ihre Dissertation über das Schloss verfasste, spricht von „einem ungewohnten Objekt einer späten Fürstenromantik“, die noch heute „Verblüffung, Irritation, Verunsicherung und Ablehnung“ hervorrufe.
Multimediale Schlosstour
Eine multimediale Ausstellung, die sich Gäste und Besucher im Hauptschloss auf ihren Tablet-PCs herunterladen können, wird künftig diese gemischten Gefühle aufgreifen und in Deutsch und Englisch Mehrinformationen zur Anlage bieten. Im Tagungsturm entsteht zudem eine Videoinstallation, auf der Nachwuchswissenschaftler, Zeitzeugen und Forscher „ihre“ Schloss-Geschichte erzählen. So wird Schloss Ringberg als moderne, in die Zukunft gewandte Tagungsstätte lebendig. Als ein Ort mit besonderem Charme, an dem sich jeder, gleich ob Postdoc oder Nobelpreisträger, inspirieren lassen kann.
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