Geplantes Zweitveröffentlichungsrecht diskriminiert Forscherinnen und Forscher an Hochschulen
Anlässlich der Beratungen des Bundesrates am 3. Mai fordert die Allianz der Wissenschaftsorganisationen Nachbesserungen am vorliegenden Regierungsentwurf zum Zweitveröffentlichungsrecht.
Die Wissenschaftsorganisationen begrüßen grundsätzlich das Bestreben der Bundesregierung, den Urhebern wissenschaftlicher Texte eine der digitalen Arbeitswelt angemessene Möglichkeit zu verschaffen, ihre Werke weitestgehend öffentlich zugänglich zu machen und damit selbst über den Grad der Sichtbarkeit ihrer Forschungsergebnisse zu entscheiden.
Sie kritisieren jedoch die geplante Einschränkung auf „Forschungstätigkeiten, die im Rahmen der öffentlichen Projektförderung oder an einer institutionell geförderten außeruniversitären Forschungseinrichtung durchgeführt werden“. Damit würde Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an Hochschulen das neue Zweitveröffentlichungsrecht verweigert, soweit deren Forschung nicht überwiegend mit öffentlichen Drittmitteln finanziert wird.
„Diese Benachteiligung ist unverständlich und widerspricht dem in den Hochschulgesetzen verankerten Auftrag zur Forschung an Hochschulen unter Nutzung der Grundmittel und zur Verbreitung von Wissen", kritisiert Professor Dr. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz und derzeitiger Sprecher der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen. "Es entsteht der Eindruck, die Bundesregierung halte Forschung an den deutschen Hochschulen für zweitklassig."
Darüber hinaus würde die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung große Rechtsunsicherheit schaffen: In allen Fällen, in denen Forschung an Hochschulen mischfinanziert wird, bei Kooperationen zwischen Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen oder wenn Wissenschaftler an einer Hochschule und einer außeruniversitären Forschungseinrichtung beschäftigt sind, ist die erforderliche Zuordnung einer Publikation schlicht nicht durchführbar.
Das Zweitveröffentlichungsrecht sollte aus Sicht der Allianz dazu dienen, möglichst alle wissenschaftlichen Erkenntnisse, die mit Steuermitteln gefördert werden, frei zugänglich zu machen, um eine erhöhte Zirkulation von Wissen zu erzielen und den Nutzen der eingesetzten Steuermittel zu maximieren. Der Gesetzentwurf ist insofern inkonsequent und sollte im Bundestag entsprechend nachgebessert werden.
Bereits in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 8. März 2013 haben die Wissenschaftsorganisationen gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz außerdem darauf hingewiesen, dass insbesondere in den sogenannten MINT-Fächern eine Embargofrist (also der Zeitraum zwischen Publikation und freier Zugänglichkeit) von sechs Monaten – statt der jetzt im Entwurf vorgeschlagenen zwölf Monate – angemessen wäre. Diese kürzere Frist ermöglicht eine freie und öffentliche Zugänglichmachung neuer, aus Steuermitteln finanzierter wissenschaftlicher Erkenntnisse und trägt den berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Verleger ausreichend Rechnung. Die von der Allianz gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz geforderten Fristen entsprechen im Übrigen den Vorstellungen der EU-Kommission, wonach die Ergebnisse EU-geförderter Forschung spätestens sechs Monate nach der Veröffentlichung (in den Geistes- und Sozialwissenschaften nach 12 Monaten) frei zugänglich sein sollen.
Schon seit 2006 liegt der Bundesrat, was die Regelung eines unabdingbaren Zweitveröffentlichungsrechts angeht, mit der Allianz auf der gleichen Linie. Zuletzt unterstrich er dies in seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2012. Vor diesem Hintergrund begrüßt die Allianz ausdrücklich die vorliegenden Empfehlungen des Ausschusses für Kulturfragen an den Bundesrat, die zugleich die Änderungsvorschläge von Allianz und Kultusministerkonferenz aufgreifen.
Die Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen ist ein Zusammenschluss der bedeutendsten Wissenschafts- und Forschungsorganisationen in Deutschland. Sie nimmt regelmäßig zu Fragen der Wissenschaftspolitik, Forschungsförderung und strukturellen Weiterentwicklung des deutschen Wissenschaftssystems Stellung.
Mitglieder der Allianz sind
- die Alexander von Humboldt-Stiftung
- die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina - Nationale Akademie der Wissenschaften
- der Deutsche Akademische Austausch Dienst (DAAD)
- die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
- die Fraunhofer-Gesellschaft
- die Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren (HGF)
- die Hochschulrektorenkonferenz (HRK)
- die Leibniz-Gemeinschaft
- die Max-Planck-Gesellschaft und
- der Wissenschaftsrat