Forschung intelligent verknüpfen

Positionen der MPG in der Debatte zur Zukunft des Wissenschaftssystems

28. November 2012

Das deutsche Wissenschaftssystem ist infolge gezielter Innovationspolitik leistungsfähiger geworden. Jetzt läuft die Diskussion, wie sich der Schwung erhalten lässt. Präsident Peter Gruss benennt zentrale Positionen, die für die MPG wichtig sind und das ganze System voranbringen: Es geht um die Wahrung der Autonomie der Akteure, die Schärfung der Forschungsmissionen, die weitere Stärkung der Universitäten sowie der nötigen Etablierung von Profil- und Exzellenzstandorten.

Die Exzellenzinitiative hat die Forschung an Universitäten deutlich vorangebracht. Während die zweite Programmphase im Sommer begonnen hat, läuft aber bereits die Debatte, wie es nach 2017 weitergeht. Schließlich soll es keinen Dauerwettbewerb geben, sondern die Verstetigung und den Ausbau etablierter Stärken. Da den passenden Weg zu finden, ist im deutschen Föderalismus nicht so einfach: Zwar können die Universitäten über Bund-Länder-Programme wie der Exzellenzinitiative unterstützt werden, eine dauerhafte Förderung durch den Bund ist vom Grundgesetz derzeit aber ausgeschlossen. Gleichzeitig ist nicht entschieden, wie Bund und Länder den Pakt für Forschung und Innovation als Impulsgeber für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen nach Auslaufen der jetzigen Linie 2015 gestalten. Zudem legt der Wissenschaftsrat im Frühjahr 2013 Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems vor. Als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft bringe ich in dieser Diskussion immer wieder Positionen ein, die für die MPG wichtig sind und das ganze System stärken:

Vielfalt und Autonomie wahren, Forschungsmissionen schärfen

Die Stärke des deutschen Wissenschaftssystems liegt in seiner Vielfalt an autonomen, handlungsfähigen und profilstarken Akteuren. Diese müssen eine sichtbare Identität und eine klare Mission besitzen. So organisiert die MPG konsequent wissenschaftsgetriebene Grundlagenforschung mit den weltweit besten Forschern ihres Fachs, macht Durchbruchsinnovationen möglich, die mittelfristig ganz neue Technologien befördern. Während dies der Beginn der Innovationskette ist, übernehmen andere Akteure komplementäre Aufgaben – beispielsweise die Fraunhofer-Gesellschaft, die am anderen Ende der Innovationskette und im Schulterschluss mit der Wirtschaft anwendungsorientierte Forschung betreibt. Klare Missionen stärken auch die Marken – das ist entscheidend, wenn es um internationale Konkurrenzfähigkeit geht. Wissenschaft ist auch Wettbewerb um die besten Kooperationen. Wer da beteiligt ist, liefert entscheidenden Mehrwert für Deutschland. Indem Spitzen-Knowhow ins Land geholt wird, profitieren nationale Akteure des Wissenschaftssystems. Entscheidend bei Kooperationen ist dabei: Sie müssen von der Wissenschaft ausgehen. Ein Mastermind für die deutsche Wissenschaft, der die Zusammenarbeit nach festen Zukunftszielen steuert, ist kein Erfolgsrezept.

Universitäten als Herzstück des Systems weiter stärken

Die Exzellenzinitiative trägt nicht nur zur universitären Profilbildung bei, sondern hat in einem historisch einmaligen Prozess eine Selbstvergewisserung der Hochschulen initiiert. Erstmals wurde mit dem Dogma gebrochen, alle müssten gleich sein und gleich bleiben. Die Identifikation von Stärken und das Stellen strategischer Weichen hat eine wohltuende Dynamik entfacht. Ein Weg, den gewonnenen Schwung nach 2017 zu erhalten, ist die von der Bundesregierung angestrebte Änderung des Grundgesetzartikels 91b. Sie würde es dem Bund erlauben, sich dauerhaft an der Förderung von universitären Einrichtungen der Spitzenforschung zu beteiligen. Unabhängig davon bedarf es einer ausreichenden Grundfinanzierung. Hier bleiben die Länder trotz knapper Kassen in der Pflicht. Ein wichtiges Signal ist, dass Bund und Länder den Hochschulpakt bis 2020 fortschreiben. So werden die Universitäten in der Breite gefördert. Das stärkt das ganze System, weil bessere Studienbedingungen die Grundlage sind.

Starke Verbünde zu Profil-und Exzellenzstandorten ausbauen

Für die Spitzen der Universitäten sind andere Perspektiven nötig. Sie kooperieren, das zeigt die Exzellenzinitiative, häufig mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Ob bei Graduiertenschulen oder Exzellenzclustern – allein die MPG ist an beinahe zwei Dritteln der geförderten Projekte beteiligt. Der Status quo ist aber nicht entscheidend. Zentral ist, dass sich aus den Kooperationen Verbünde bilden, bei denen die Forschung zwischen an sich autonomen Institutionen verzahnt wird und Synergien in der Lehre oder bei der Infrastruktur genutzt werden. So entwickeln sich Zukunftszentren des Wissenschaftssystems. Das geschieht zum einen, wenn Profilstandorte entstehen, die in einem Fach exzellent sind. Kommen mehrere Cluster und neben der Universität eine Vielzahl außeruniversitärer Akteure zusammen, kristallisieren sich Exzellenzstandorte heraus. Die MPG bringt sich bei der Entwicklung beider Standorttypen ein. So stiften die MPI etwa Exzellenz, indem sie Spitzenforscher anziehen, die sonst kaum für die Region zu gewinnen wären. Gleichzeitig profitieren die Institute, weil die Standorte für Spitzenpersonal auf allen Ebenen attraktiv sind. In Dresden, der einzigen Exzellenzuni in den neuen Ländern, wo ein solches Modell der Synergien zum Zukunftskonzept gehört, kann sich bei intelligenter Kooperation aller Akteure dauerhaft ein Exzellenzstandort etablieren. Solche Prozesse laufen auch außerhalb der Exzellenzinitiative – wie in Rostock: Das MPI für demografische Forschung hat Anteil daran, dass die Universität dieses Feld als Schwerpunkt etabliert und so ein Profilstandort entsteht. Spitze zieht Spitze an. Die MPG wirkt als Verstärker.

Investitionen in Wissenschaft sind Bedingung für Wohlstand

Durch die bisherige Innovationspolitik hat Deutschland die Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa gut gemeistert. Aber der neue Innovationsindikator zeigt, dass Deutschland zurückfällt – nicht, weil wir schwächer geworden wären, sondern weil andere aufholen. Das heißt: Es muss nicht nur weiter, sondern mehr investiert werden. Es ist entscheidend, den Pakt für Forschung und Innovation – und damit die verlässliche, mehrjährige Mittelsteigerung für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen – nach 2015 auszubauen. Und zwar damit jene Akteure, die mit ihren klaren Missionen Mehrwert schaffen, die Kraft haben, ihre Profile weiter zu schärfen. Das ist für Deutschland zentral, um im globalen Innovationswettbewerb vorn dabei zu bleiben.

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